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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 7.1889

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Nr. 6
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Busl, Karl Anton: Der Bildhauer Friedrich Schramm
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https://doi.org/10.11588/diglit.15865#0063

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59

lichen Steuerliste, in welcher der Meister Friedrich
erstmals erscheint, ist als am Biehmarkt woh-
nend und steuerfrei aufgcführt: „Christofs
Kelten Hofer maler"?) Drei Jahre später
wird er unter den gewöhnlichen Bedingungen ins
Ravensburger Bürgerrecht ausgenommen: „tri-
st offel keltenofeu, der maler von augspurg
ist burger worden. V jar zu halten, mit 5 Pfund
Pfennig verburgert. Burgen: Andreas von Nidcgg
und Ulrich Krötlin. actum montags vor Pfingsten
a. 1509."* 2 3 4)

Cs gab also im späteren Mittelalter in
Ravensburg einen Bildhauer Friedrich, der
höchst warscheinlich den Familiennamen
Schramm führte und gleichzeitig sicher einen
Christof Keltenofen. Daß die Altarinschrift
bezüglich des letzteren doppelt durch städtisches
Steuerbuch und Bürgerliste beglaubigt wird,
deckt auch die vollständige Namensangabe
des ersteren auf der Altarinschrift, wozu noch
Nennung von Vorname und Stand in den
genannten öffentlichen Büchern in verstärken-
der Weise tritt. Auch die weitere Frage:
Ist die von Dursch uns überlieferte Inschrift
des Altarschreines echt? dürfen wir bejahen.
Die Ausdrücke „Tafel" für einen Altarschrein
mit seinem skulptirten oder gemalten Inhalts
mib „geschnitten" entsprechen dem Sprach-
gebrauch des Mittelalters, ebenso der termi-
NU8 terfmicus „gemalt und gefaßt" für die
Polychromirung. Sodann spricht für die
Ursprünglichkeit der Inschrift die Angabe
zweier Künstler. Hätte Herrich oder ein
anderer Händler fälschen wollen, würde er
wohl nur einen einzigen genannt haben;
denn daß der Bildhauer auch seine Figuren
faßte, war der entschieden häufigere Fall.
Hier aber, wie beim Hochaltar des Jakob
Ruß in Chur/) wird die Arbeit zwischen
Schnitzer und Faßmaler getheilt. Ein Bild-
hauer Friedrich Schramm war zu Herrichs
Zeit im Anfang der vierziger Jahre ander-
weitig gar nicht bekannt, den Bildhauer
„Meister Friedrich" der Steuerbücher kannte
man noch nicht. Keltenofen dagegen konnte
Herrich bei Eben5) finden, der ihn aber ohne
Beleg als geschickten Bildhauer bezeichnet,
nicht als Maler. Für Fälschungszwecke

1) Steuerliste 1505/6, S. 64. Durch ein Ver-
sehen des Rechners ist der Querstrich durch das
t so breit geworden, daß man eigentlich Kettcn-
hofer lesen müßte. Steuerliste 1515/16 S. 71
hat: Cristoff keltofcn, maler.

2) Bürgeraufnahmebuch II v. I. 1436—1549,
S. 180.

3) So z. B. im Schiedsspruch des Bischof
Ortlieb von Chur 1491, Arch. f. christl. Kunst
1888, Nr. 9, S. 86.

4) S. meine Abhandlung über diesen im Ar-
chiv f. chr. Kunst 1888, Nr. 9, S. 85 fl.

3) Geschichte der Stadt Navensbg. 1830, S.
524, Anm. 14 zur Bürgerliste.

mußte ihm die Benützung dieses einzigen,
ganz sicheren Namens näher liegen. Be-
gnügte der Fälscher sich mit Eben's An-
gabe, so durfte er ihn in der Inschrift
nicht als Maler bezeichnen; nahm er aber
je auf Ebens Angabe hin Einsicht vom
Bürgeraufnahmebuch, so fand er Keltenofen
als „Maler von Augsburg" mit der Jahrzahl
1509 eingetragen. Die Angabe der Herkunft
und die Jahreszahl hätte er diesfalls sicher
für seine Fälschung verwerthet und seine
Madonna dem Jahre 1509, nicht dem Jahre
1480 zugewiesen. Bekanntlich ist die Schreib-
weise der Wörter, besonders and) der Eigen-
namen im Mittelalter eine schwankende. Auch
dies finden wir vorliegenden Falles zutreffend
und spricht gegen eine Fälschung. Konrad
Humpis, der Fertiger des Steuerbuches 1505/6
schreibt: „Keltenhofer", das Steuerbuch von
1515 „keltofen", das Bürgeraufnahmebuch
„Keltenofen", die von Dursch überlieferte
Inschrift „Kellteuofer".

In Erwägung all dieser Momente und
der Bestätigung, welche die Inschrift durch
die städtischen Steuerbücher und Bürgerlisten
findet, wird man die Echtheit derselben gelten
lassen müssen. Daß sie samt der Madonna-
figur aus der Ravenburger Pfarrkirche, näher-
hin von dem Hochaltar derselben stammt, ist
gleichfalls ganz glaubhaft. Sie (und dem
zufolge nach meist eingehaltenem Gebrauch
der frühere Hochaltar) ist Maria geweiht und
hieß noch bis in den Anfang unseres Jahr-
hunderts „Frauenkirche", wie denn das da-
neben befindliche Stadtthor noch jetzt den
Namen „Frauenthor" führt. Im Bogenfeld
des unteren südlichen Seitenportals sieht
man noch ein älteres, in den letzten Jahren
wieder erneuertes Bild: Maria als Schützerin
der Christen (uuxilium elirmtiunorum) breitet
ihren Schutzmantel über die Vertreter der
verschiedenen christlichen Stände aus.

Da auch die Darstellung der Hirscher'schen
Madonna vom Hochaltar der Ravensburger
oberen Pfarrkirche ein ähnliches, nur etwas
eingeschränkteres Motiv zeigt und als ein
Bild von „Mariä Schutz" anzusprechen ist,
darf vermuthet werden, daß diese Marien-
kirche näherhin auch diesen! Titel geweiht
war. Doch ist das Nebensache und will
nicht weiter betont werden. Nun noch die
Jahrzahl 1480?) Sie beweist, daß beide

1) Grüneisen und Manch a. a. O. S. 64 haben
(wohl durch ein Versehen) 1487, der kurze, von
Amtsrichter Beck in das Diözesan-Archiv 1887,
Nr. 10, S. 77, jedoch ohne die Jahreszahl
herübergenommeue Bericht von 2. K. in der
Kunstchronik, Beiblatt zu v. Lützows Zeitschrift
f. bildende Kunst 1886/87 Nr. 24 n. 26 nennt
Seite 387 gleichfalls irrig 1498.
 
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