Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 8.1890

DOI Heft:
Nr. 3
DOI Artikel:
Detzel, Heinrich: Die Kirchenrestauration in St. Christina bei Ravensburg, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15907#0032

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
22

geleistet haben, ist lobenswertst", seht die
Chronik hinzu. Was es aber den Pfarrer
gekostet, die Handwerksleute und die Frohner
bei gutem Willen zn erhalten, ist nicht zu
sagen.

Im Jahre 1839 wurde die Ausstattung
des Innern vollendet und zwar auf Kosten
der Pfarrgemeinde, nachdem die K. Finanz;
kammer bewilligte, daß im Jahre zuvor das
K. Kameralamt Weingarten die Ringmauer
um den Kirchhof sammt den nöthigen Ein;
gangsgittern Herstellen lasse. ,,Tie Altäre
wurden in weißen, dauerhaften Alabaster ge;
legt, mit angemessener Vergoldung; die Kanzel
und Statuten ebenso, Alle übrigen Faß-
arbeiten sind von Silberweiß" (Weissenau).
Ter ganze Kostenbetrag der inner« Nestau-
ration belief sich ans 937 fl ,,Es zeigte sich
ein reger Eifer zn ergiebigen Beiträgen.
Nicht nur Familenväter und -Mütter, auch
Kinder und Dienstboten legten ihre fromme
Gaben mit frohem Sinne in die Hände des
Seelsorgers, so daß es nicht nötig wurde,
eine Kollekte zn veranstalten. Nur zwei
junge Burschen, auf guten Plätzen hausend,
gaben nichts." Es läßt sich leicht denken,
daß eine solche ,,silberweiße" Renovation der
Kirche in die Länge der Zeit nicht Stand
halten werde und cS war denn auch schon
vor Verfluß von 50 Jahren das Kirchlein
in einen Zustand gekommen, der laut nach
einer abermaligen Restauration rief. Es ist
daö Verdienst des Pfarrers und Schnlin-
spektors Müller sel., daß schon im Jahre
1867 mit Anlegung eines Fonds zur Kirchen-
restauration hier begonnen wurde, der denn
auch mit der Zeit, unter der treuen Ver-
waltung unseres leider zu früh verstorbenen
Kirchenpflegers, des Stadtraths Bernhard
Hummel zu Schornreute, zn einer Höhe von
2753 Mark angewachsen ist. Und als der Ver-
fasser dieser Zeilen die Pfarrei antrat, war einer
der ersten Wünsche, welche ihm die Gemeinde
entgegenbrachte, daß er recht bald die Re-
stauration der Kirche in die Hand nehme,
und von Reich und Arm tvurden die größt-
möglichen Opfer dazu in Aussicht gestellt.
Doch woher so viele Mittel nehmen für eine
-durchgreifende Arbeit?

Die verschiedensten Vorschläge wurden ge-
macht, namentlich auch der, daß vorerst bloß
der Chor oder das Schiss allein in Angriff
genommen tverden soll. Eine theilweise Re-
novation einer Kirche hat aber immer, be-
sonders in unser« Tagen, etwas Bedenkliches.
Wie die Erfahrung lehrt, bleibt eine solche
partielle Verschönerung nur ;« gerne stecken;
man gewöhnt sich dann an einen halbfertigen
Zustand nnb der Eifer ist erlahmt Unsere
schnell lebende Zeit der Eisenbahnen und

Telegraphen baut auch nicht mehr Jahr-
hunderte an einer Kirche, und was ist na-
türlicher, daß sie auch die Renovation einer
solchen nur ungern sich Jahre hindurch hin-
ziehen sehen will. Also wurde das Losungs-
wort: entweder ganz oder gar nicht! Im
Monat März wurde in der Pfarrei eine
Kollekte vorgenommen nnb da zeigte sich der
versprochene Opfersinn wirklich gut. Aus-
schlaggebend aber wurde für die vollständige
Durchführung der Restauration, daß die Ko-
sten für Hochaltar und Kanzel je von einzel-
nen Wohlthätern übernommen wurden.

Was den Plan betrifft, nach dein restau-
rirt werden sollte, so war er in der Architektur
der Kirche selbst gegeben. Die Kirche zn
St. Ehristina ist unzweifelhaft eine der äl-
testen der ganzen Umgegend. Schon im
Jahr 1197, den 30. Juni, schenkte Herzog
Philipp von Schwaben und seine Gemahlin
Erina dem Kloster Weissenau (ceiiobio sancti
Petri priucipis apostolorum in Owe) die Kapelle
zur hl. Ehristina aus denr Berge bei Ravens-
burg. Tie in dieser Zeit so genannten Ka-
pellen, wenn sie, wie St. Ehristina, mit be-
deutenden Stiftungen und Revenuen ausge-
stattet waren, sind aber nichts anderes gewesen,
als was »vir heute Pfarreien nennen. Im
Jahre 1253 wurde die durch Brand und
Alter zerfallene Kircke wieder neu hergestellt
und vom Bischof Eberhard von Konstanz
am Feste Peter und Paul eingeweiht. Von
diesem Ban ist unzweifelhaft aber nur noch
der Thurm, der in seinen unteren Theilen
selbst bis ins 11. oder 12. Jahrhundert
hinaufragen mag, und vielleicht die Grund-
mauern des Polygonen Chorschlusses vor-
handen. Tie übrige Architektur, wie der
Ehorabschloß ohne Streben, das noch erhaltene
Maßwerk im Fenster hinter dem Hochaltar
und das Sterngewölbe zeigen die Spätgothik.

Darnach mußte sich denn auch die innere
Ausstattung richten und es mußte hier das
Hauptaugenmerk dahiir gehen eine durch-
gehende Harmonie in Architektur und Deko-
ration zn erzielen; erstere mußte natürlich
herrschendes Prinzip bleiben. Es war dar-
um das erste, daß das defekte Mauerwerk
an Wänden und Fensterleibungen wieder
hergestellt, das vermauerte Maßwerkfenster
tvieder geöffnet und sämtliche Bauteile im
Innern zur künftigen Bemalung präparirt
wurden. Diese Arbeiten wurden Herrn
Werkmeister Hutter in Ravensburg über-
tragen und von den Gebrüdern Bitschnan
daselbst in exaktester Weise ausgeführt.

Nun geht's zuerst an die Ausmalung
der Kirche. Es versteht sich von selbst,
daß auch in dieser verhältnißmäßig kleinen
Kirche der Grundsatz gelten mußte, wonach
 
Annotationen