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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 8.1890

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Nr. 4
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Keppler, Eugen: Der Hirsauer Bilderfries, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15907#0038

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28

auch später, auch uoch vom elften Jahr-
hundert au als die Institution der „be-
kehrten Brüder" allgemein Eingang ge-
funden: der krakrcs conversi, illitterati,
barbati, welche im Unterschied von den
zum Chordienst, Klerikal, zu den Studien
und höheren Aemtern bestimmten Chor-
brüdern — monachi litterati — größten-
theils die mehr äußerlichen, körperlichen
Dienstleistungen besorgten. Größtentheils
heißt aber nicht: ausschließlich — und
die Laienbrüder ersetzten die Mönche nie
vollständig. Besonders waren es die
Mönche erlauchter Herkunft, die sich durch
ihren Eifer in den Handarbeiten auszeich-
neten. So lesen wir z. B. von dem ge-
lehrten und beredten Hezelon, dem einstigen
Kanonikus in dem vornehmsten aller deut-
schen Stifte, in Lüttich, und nachherigen
bescheidenen Mönch in Cluny, daß er da-
selbst den Bau der großen vom hl. Hugo
gegründeten Kirche leitete, wobei er den
von seiner gewöhnlichen Beschäftigung her-
rührenden Namen Caementarius seinen
Titeln, Präbenden und seinem Nus in der
Welt vorzog. (Vgl. Mabillon Annal. v.
I. 1109.) — Ich würde nicht so steif
und fest behaupten, daß die „bekehrten
Brüder" die Mithilfe der Mönche bei Er-
stellung der bedeutenderen Bauten nicht
entbehrlich machten, wenn nicht die That-
sachen für mich sprächen. Ich eile also,
deren so viele anzuführen und zwar ge-
rade ans der Zeit des Hirsauer Kloster-
baus, als zur Induktion hinreichend sind.
Im Jahre 1033 trug bei dem Bau des
Klosters Bec dessen Gründer und erster
Abt Herlnin, ein vornehmer normännischer
Herr, die Last und Hitze des Tags wie
ein gemeiner Maurer, indem er Kalk,
Sand und Steine aus seinem Rücken
schleppte. Dasselbe that ein anderer Nor-
manne, Hugo, Abt von Selby in Dork-
shire, als er im Jahre 1096 alle vorher
in Holz ausgeführten Gebäulichkeiten seines
Klosters in Stein aufbante. Mit einem
Arbeitergewand bekleidet und sich unter
die anderen Maurer stellend, betheiligte er
sich an allen ihren Arbeiten. Ipse cu-
cullo indutus operario lapides, calcem
et alia necessaria propriis humeris cum
caeteris operariis ad murum evehere
solebat. Sind Ihnen vielleicht diese Bei-

spiele zu weit hergeholt, so hören Sie
noch eines aus der Nähe, hören Sie,
wie Trithemius unterschiedslos alle
Klosterleute, die eigentlichen Mönche in
erster Linie, an den Hirsauer Bauten
wetteifern läßt. Hu jus structurae —
nempe monasterii , ecclesiae , turrium

— artifices pro magna parte monachi
fuerunt, barbati sive conversi et oblati,
quos hodie donatos appellamus . . .
inter quos erant latomi, fabri lignarii,
ferrarii et magistri procul dubio in
omni scientia architecturae peritissimi,
qui totum opus consilio et manibus
pulchro tabulatu lapideo perfecerunt,
sicut in ipsius ecclesiae fabrica usque
in praesens cernitur. (Trithem. ehren.
Hirs. anno 1083 p. 255. Vgl. Moutal.
6. B. S. 244—246 und 2. B. S. 49.)

Werden Sie nun bald zugeben, daß es
reinste Willkür von Ihnen ist, in den
Mönchbildern am Hirsauer Thurm, die
Sie doch von vornherein selbst als Träger
des Mönchthnms (nur in anderem Sinn
als ich) verstanden haben, jetzt aus ein-
mal nur die Barbati erkennen zu wollen?

— Aber sie haben doch einen Bart! —
Die Benediktiner -Mönche waren bart-
los! Wohl! und deshalb können sie
keine Porträte sein! Sie können nicht
wie jene Köpfe aus dem Alpirsbacher
Kapital den bauenden Abt und seine Bau-
meister vorstellen, denn sonst müßten sie,
wie die letzteren, ohne Bart sein; aber sie
können sehr wohl das Mönchthum als
solches vorstellen, denn das Mönchthnm
als solches ist nicht unbebartet. St. Be-
nedikt und seine Genossen Maurus und
Placidus trugen doch selbst einen Bart!

Man kann auch zu scharfsinnig sein,
Herr Kollege! Allzu scharf macht schar-
tig. Nicht wer zu unterscheiden weiß, ist
ein guter Lehrer, sondern wer gut zu
unterscheiden weiß! Ihre gelehrte Unter-
scheidung zwischen Mönchen und „Bärt-
lingen" ist gut und nothwendig, da wo es
gilt, die seit dem 11. Jahrhundert ver-
änderte Stellung des Laienelements im
Klosterleben zu erforschen. Hier aber,
wo das Alterthnm selbst sie zurückweist,
ist diese Unterscheidung weder nothwendig
noch nützlich. Sie kann meine Erklärung
von den tragenden Mönchen als Trägern
 
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