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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 8.1890

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Nr. 9
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Die Generalversammlung des Kunstvereins der Diocefe Rottenburg am 31. Juli in Ravensburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.15907#0099

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nicht umsonst gewesen. lieber den ganzen
farbenreichen Raum hin hatte die Kunst-
stickereianstalt der G e s ch w i st er O s i a nd e r
in Ravensburg ihre schönen und gediegenen
Arbeiten vertheilt: Traghimmel, Plnvalien,
Meßgewänder, Alben, bis herah zu den
kleinsten paramentalischen Requisiten, die
theuren und kostbaren Stücke wahre Muster-
leistnngen der Nadelmalerei und feinfühliger
Accuratesse, die wohlfeileren und einfachen,
immer noch geadelt durch Sauberkeit unb
Genauigkeit der Ausführung; den Glanzpunkt
bildete ein Ornat im Stile des 14. Jahr-
hunderts nach dem Entwurf von Alexander
Kleinerz tu Köln, von welchem wir später
eine Abbildung bringen werden, namentlich
auch, um die vortreffliche Behandlung des
figürlichen und ornamentalen Theiles durch
den Zeichner zu zeigen, sieben diesen Arbeiten
aus dem Gebiet der Paramentik zogen die
Aufmerksamkeit auf sich die Leistungen der
Bildhauer Schnell und Schlachter, von
ersterem besonders ein hübsches frühgotisches
Altärchen mit alten Statuen für die Filial-
kirche in Eschach, sodann ein Portaltympanon
für die alte Klosterkirche zu Baindt, die
Taufe Jesu darstellend, recht tüchtig aus dem
harten, unverwüstlichen Kehlheimer Kalkstein
gehauen; von letzterem ein vorzügliches
lebensgroßes Kruzifix, ferner reliefierte Sta-
tionen und die Photographien der guten
Brustbilder an den Ehorstühlen von St.
Christiua. Einen sehr erfreulichen Anblick
boten auch die Werke der Feinschmiedekunst,
Eisengitter (Zeichnung voir Zeichenlehrer
Bosch in Ravensburg), Grabkreuz, Leuchter,
Blumen, ausgeführt von den Schlossermeistern
S ch a u s l e r, Bra u n, D en g l er mit vollstem
Verständniß dieser so lang verloren und ver-
lernt gewesenen Technik. Auch die zartere
Knust der Malerei war rühmlich vertreten
durch einige Skizzen von Kaltenbach er,
die auf eiueu ideenreichen und formgewandten,
nach religiöser Stimmung strebenden Meister
weisen. Endlich sind zu erwähnen die guten
Büchereinbände, welche Schwander aus-
stellte, darüber Zeichnungen und Entwürfe
von Bosch und Werner. Es sei hier beige-
fügt, daß außerdem noch in der Werkstätte des
Bildhauers Schlachter ein Glasgemälde von
Franz Emil Gnant in München aus-
gestellt war, bestimmt für die Kreuzbergkapelle
in Uinmendorf, die Auferstehung darstellend,
in guter Renaissance stilistisch tüchtig unb
technisch vollendet ausgeführt; ferner hatte
im Vorzimmer des Speisesaalö im Gasthaus
„zum Waldhorn" Goldarbeiter Zieher
von Biberach eine Kollektion von Kelchen,
Leuchtern, Rauchfässern re. ausgestellt, Gold-
arbeiter B a l l m a n n von Berg ein eben

fertig gewordenes Prachtwerk, eine silberne
Monstranz für das Kloster Vierzehnheiligen
in Bayern, nach einem Entwurf von Stärk
und Lengenfelder in Nürnberg, tadellos aus-
geführt und mit reichem, echtem Edelgestein
geschmückt; endlich die Geschwister Burger
aus Munderkingen einige Parameute, dar-
unter eilte genau nach dem rothen Meßge-
wand in der Frauenkirche zu Reutlingen aus
dem 16. Jahrhundert gefertigte Casula.

11m 10 Uhr begannen die Verhandlungen,
der ungefähr 120 Mitglieder und Freunde des
Vereins anwohnten, darunter auch drei Herrn
aus Hohenzollern. Nachdem der geschäftliche
Theil erledigt und dem Kassier, Herrn Dekan
Jäggle in Herlazhofen, nach seiner Rech-
nungsablage Decharge ertheilt und für die
umsichtige Führung seines Amtes der Dank
ausgesprochen worden war, hielt Herr Stadt-
pfarrer Keppler von Frendenstadt einen
längeren Vortrag über den von Lauchert
jüngst neu edierten altchristlichen Physio-
logus, dann Herr Redakteur Kümmel
über den Heiligblutaltar' in Weingarten;
wir werden die beiden hochinteressanten Vor-
träge im „Archiv" zum Abdruck bringen. Der
dritte Vortrag über die Frage der Kirchen-
heizung mußte, weil die Zeit schon zu sehr vor-
geschritten war, ausfallen, soll aber ebenfalls
im „Archiv" uachgetragen werden. Für weitere
Kreise soll aus der Generalversammlung nur
noch ausgenommen werden die Mahnung des
Vorstandes, es möchten nicht ohne Noth die
eingesandten Pläne und Anfragen mit dem
Vermerk cito und citissime versehen werden,
sondern man möchte durch zeitige Jnangrisf-
uahme, durch Zügelung der Ungeduld es er-
möglichen, daß für Prüfung der Entwürfe
und für Beantwortung der Fragen dem
Vorstand und Ausschilß die nöthige Zeit
gewährt werden kann. Die Ankündigung
der nächsten Vereinsgabe wurde mit Zeichen
der freudigen Uebereiustimmung ausgenommen.

Gegen 12 Uhr wurde die Versammlung
geschlossen. Bei dem gemeinsamen Mittags-
mahl wurde der Ravensbltrger Ateliers in
anerkennender Weise gedacht unb namentlich
auch der Wrursch ausgesprochen, daß die
Stadt Ravensburg das große und uothwen-
dige Werk der Restaitration ihrer Stadt-
pfarrkirche glücklich anfangen, fortsetzen und
vollenden nröchte. Nachmittags besichtigte
ein Theil der Mitglieder die Klosterkirche
i>l Weingarten unter der Führung des
Herrn Pfarrer Busl und des Herrn Redak-
teur Kümmel, ein anderer die restaurierte
Kirche von St. Christina unter Führung
des Herrn Pfarrers Detzel.

Aunftbeilage: Madonna von Rösch.

Stuttgart, Buchdruckerei der Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt".
 
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