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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 8.1890

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Nr. 12
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Detzel, Heinrich: St. Georg, [2]: in Legende und bildender Kunst
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114 —

vor dem Bösen und seiner zerstörenden Macht
erregen und so zum Lobe und zur Ehre
Gottes itnb zur sittlichen Hebung des
Menschengeschlechts beitragen. War ja in
den ersten christlichen Jahrhunderten das
Heidenthum, welches nach christlicher Auf-
fassung ein Werk des Teufels ist, noch die
herrschende Macht, und es bestand noch die
Verehrung der Götter, welche der Apostel
geradezu Dämonen nennt. Dann konnten
die Christen zur Zeit der schweren Ver-
folgung oft genug die Angriffe des bösen
Feindes erkennen, die das Werk Gottes auf
alle Weise zu zerstören suchten. Ferner
waren die Christen Zeugen der so tiefen
sittlichen Versunkenheit der heidnischen Welt,
von ihrer Verblendung und gänzlichen Gott-
losigkeit, auch von den vielen Fällen der Be-
sessenheit, in der am augenscheinlichsten sich
die dämonische Gewalt offenbarte. Waren
diese letzteren ja so zahlreich, daß sich die
Kirchenväter für die Wahrheit des Christen-
thnms sogar auf die durch den kirchlichen
Exorzismus ausgeübte Gewalt über die bösen
Geister berufen konnten. So lag - eb von
selbst nahe, daß die ältere christliche Kunst,
selbst tveit herab, so lange noch die Macht
des Heidenthums in ihrer Erinnerung fort
lebte, die Macht des Bösen in dieser ernsten,
Schrecken erregenden Gestalt darstellte. Für
diese Auffassung zeugende Werke finden sich
schon in den frühesten Zeiten. Als Symbol
des besiegten Heidenthums erscheint z. B.
die Schlange in dem Gemälde, worin Kon-
stantin d. Gr. sich in der Vorhalle seines
Palastes mit dem Kreuze auf dem Haupte
und mit der untern Spitze des Labarum die
Schlange durchbohrend darstellen ließ. *) In
derselben Bedeutung ist auf einem Medaillon
Konstantins und auf einem solchen seines
Sohnes Konstantins die Schlange von der
Stange des Labarum durchbohrt dargestellt;
ähnliche Darstellungen mit Schlangen itnb
Drachen sind auf Thon- und Broncelampeu
des 5. Jahrhunderts zu finden.2)

I n den nämlichen I d e e n k r e i s nun
gehört das D r a ch e n b i l d in der
Ikonographie vieler Heiligen, na-
mentlich solcher aus der ältesten christlichen
Zeit. Es sollen durch dieses Bild ihre
apostolischen Erfolge in der Ueberwindung
des Heidenthums oder der Irrlehre bezeichnet
werden, oder auch kann in dieser Weise ihre
siegreiche Bekämpfung heftiger Anfechtungen
des bösen Feindes symbolisirt werden. Das

x) Eusebii Vit. Const. III. 3. Vgl. Act. S. S. 105.

2) Vgl. Kraus, Real-Eucyklopädic der christ-
lichen Alterthümer. Freiburg. Herder. 1886.
II. 734.

Christentum macht dem Reiche des Teufels
ein Ende und seine Ausbreitung ist der Sieg
des Kreuzes. „Die zahlreichen Legenden,"
sagt Helmsdörfer *), „in denen berichtet wird,
daß ein fürchterlicher Drache oder Lindwurm
in einem Götzentempel gehaust und Menschen
(Seelen) verschlungen, haben wohl zunächst
in dieser Ansicht ihre Wurzel, denn fast
immer wird dieser Drache nach schwerem
Kampfe von einem Streiter Christi er-
legt , oder von einem Heiligen durch das
Kreuzeszeichen gebannt und gefesselt. Die
Kirchengeschichte des Ortes, an dem die
Drachensage erzählt wird, hebt gemeiniglich
mit diesent Drachenkampfe an. In der Le-
gende des hl. Julian wird berichtet, wie ein
schrecklicher Drache, der lange Zeit sein Lager
in einem Jupiterteinpel gehabt, nach Zer-
störung dieses Tempels im Lande herumge-
streift sei und die Menschen verschlungen habe,
übereinstimmend mit der geschichtlichen That-
sache, daß sich das Heidenthum noch lange
Zeit auf dem Laude erhalten hatte (Paga-
nismus), nachdem die Tempel in den großen
Städten schon zerstört waren. Aehnlich so
an anderen Orten. Schon ältere katho-
lische Schriftsteller haben die Meinung aus-
gesprochen, der Drache, den St. Romanus
von Rouen, Marcellus von Paris und Andere
getödtet, sei nur ein Symbol des Teufels,
dessen Macht jene Heiligen dttrch die Predigt
des Evangeliums zerstört hätten. In vielen
Fällen sind die ungemein zahlreichen Drachen-
legenden gewiß so zu fassen." Helmsdörfer
und andere Autoren erinnern auch an die
vielerlei Spuren einer zerstörten, fremdartigen
Welt, die in den Versteinerungen so oft ge-
funden wird; sie halten es für möglich, daß
einzelne solcher Rieseneidechsen (Saurer)
noch ttach der Verwüstung, die jenen Riesen-
gattungen von Geschöpfen den Untergang
gebracht, das zähe Leben auf der Erde ge-
fristet haben. Gerade an jenen Orten, au
denen Geologen die fossilen Rieseueidechsen
ausgefundeu, gehen häufig Volkssagen von
Riesensischen, Lindwürmern oder Drachen
um, namentlich in Frankreich, das so reich
an Drachensagen ist, sowie am Obermain,
wo die schönsten Exemplare von Saurern
aller Art gefunden wurden. Helmsdörfer
hält es darum für wahrscheinlich, „daß sich
der historische Drache mit dem symbolischen
vermengt habe" , da der Drachensagen so
viele nachzuweisen seien. „Daß aber über-
haupt die christlichen Drachensageu nicht aus
keltischen und germanischen Ueberlieferungen
entstanden und nur zu Legenden christianisirt

x) Christliche Kunstsymbolik und Ikonographie.
S. 42 f.
 
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