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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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Nr. 2
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Detzel, Heinrich: St. Georg, [4]: in Legende und bildender Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0023

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17

licke versinnbildet, es dachte sich in ihm mit
einem Worte den edelsten aller weltlichen
Ritter, das Ideal der Rittertugend, wie es
sich im Abendlande und unter den germa-
nischen Stämmen ansgebildet hat, als Ritter-
schaft, die da berufen ist, die Kirche zu be-
schirmen. Rach HackJ) ist deshalb seine
Darstellung mit den verschiedenen Attributen
als eine vorherrschend sinnbildliche auf-
zufassen : sein Panzer bedeutet den Glauben
und die Liebe, und sein Helm die Hoff-
nung des Heils (II. Thessal. 5, 8); überhaupt
bedeutet die Rüstung den Streiter Christi.
Der Schild ist ein Sinnbild der Gerechtig-
keit (Weish. 5, 20); die Lanze, womit der
Heilige den Drachen, das Sinnbild des
Bösen, erlegt, und die sehr oft durch eine
Kreuzesfahne vertreten wird, ist ein Symbol
der Entrüstung und deö Zornes gegen die
Abgötterei (Weish. 5, 21). Wird der Hei-
lige reitend dargestellt, so sitzt er ans einem
Schimmel (Osfenb. 14, 14), und da er für den
Herrn sein Blut vergoß, ist der Mantel roth.

Die älteste uns bekannte Darstellung dieser
Art ist das dem 12. Jahrhundert angehörige
Sandsteinrelief an der Pfarrkirche Maria
Heil bei Villachs), auf dem man auch die
betende Königstochter schon sieht. Dem
14. Jahrhundert erst gehört die berühmte
Bronzestatue mit dem hl. Georg zu Pferd
ans dem Domplatz in Prag an, welche auf
Veranlassung Kaiser Karl's IV. im Jahre
1373 durch zwei ihrer Herkunft und Schule
nach unbekannte Künstler, Martin und Georg
von Clusfenbach, gegossen, noch jetzt erhalten
ist. Ritter und Pferd sind sehr lebendig
dargestellt, jener mit jugendlichen Gesichts-
zügen, mit schlankem wohlgebildetem Körper,
in eleganter Haltung auf den am Boden
liegenden Drachen heransprengend, denseine
Lanze schon durchbohrt. Auf einem Holz-
schnitte des germanischen Museums, ebenfalls
dem 14. Jahrhundert angehörend, trägt der
Heilige ein mit dem Kreuze geziertes Diadem.
Aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts
stammt die interessante Darstellung des
Drachenkampfes, welche sich als Tympanon-
Skulptur am Westportale der Liebfrauen-
kirche zu Eßlingen befindet^); auf feurig
einhersprengendem Rosse erlegt St. Georg
beit Lindwurm, während ein Engel über ihn
den Helm mit einem Strahlenkränze darüber
hält; links eine Burg, rechts auf einem *)

*) Der christl. Bilderkreis, Schaffhausen 1856
S. 273.

2) Vgl. Mittheilung, der k. k. Comm. Xix.
P- 36 ff.

3) Abbild, in C. Haideloffs Kunst des
Mittelalters in Schwaben S. 48.

Felsen knieend die Königstochter. Aus einem
Metallschnitt von 1450 H reitet er im
Galopp und sticht denr Drachen, der aus
dem Rücken liegt, mit den Flügeln flattert
und den Kopf links hält, die Laitze in den
offenen Rachen. Links im Vordergründe
der felsige Fuß eines Berges, wie es scheint,
mit der Höhle deö Drachen. Auf der Höhe
des Berges ein Schloß mit zwei Thürmen
an der rechten Seite, die mit einer Brust-
wehr gekrönt sind. Vor deniselben knieet
die Königstochter in: Gebet und vor dieser
steht ein Schaf. So ähnlich die Kupferstiche
von 1500—1625 in T. O. Weigels
Sammlung S. 501—507; in einem
Teigdruck (Nr. 401), in den Schrot-
blätter» Nr. 335, 351 und 360, in dent-
schen Niellen Nr. 501—508 daselbst.
Auch der Meister E. S. vom Jahre 1466
hat dieselbe Darstellung (Bartsch 78), ferner
M. Schongauer (B. 50, 51 unb 52) und
Israel von Mecken (B. 98, 99), A.
Dürer (B. 53, 54) und L. Eranach in
zwei Holzschnitten (B. 66, 67). Eine etwas
veränderte Darstellung des Drachenkampfes
kommt seit dem 15 Jahrhundert häufig
in der Weise vor, daß der hl. Ritter mit dem
Schwerte zu gewaltigem Hiebe gegen den
Lindwurm ausholt. Tie Lanzenspitze steckt
dann demselben bereits im Halse, während
die Trümmer des Lanzenschafts im Vorder-
gründe umherliegen2). So malte ihn auch
Raphael im Jahre 1504 für den Herzog
von Urbino bei Gelegenheit seiner Rückkehr
in sein Herzogthnm nach Vertreibung deS
Cäfare Borgia: er stellt ihn nächst einem
est. Michael als Schutzheiligen des Herzog-
thnms Urbino in eiserner Rüstung dar, wie
er reitend ans weißem Rosse, nachdem er
bereits an dem Drachen seine Lanze zer-
splittert hatte, mit dem Schwerte ausholt,
dem giftigen Wurm den tödtlichen Streich
zu versetzen. Dieses Gemälde befindet sich
gegenwärtig in der Gallerte deS Louvre zu
Paris. Einen zweiten St. Georg malte
Raphael im Jahre 1706, der bestimmt
war für den König Heinrich VII. von Eng-
land als Gegengeschenk für Verleihung des
Hosenbandordens, dessen Schutzheiliger St.
Georg ist, an den Herzog von Urbino.
Der Ritter sprengt hier gegen den
Drachen an, ihm die Lanze in den Rachen
bohrend. Im Hintergründe die Königs-
tochter betend. An dein Hosenband, daS
der Ritter über der Rüstung trägt, ist die

st T. O. Weigels Sammlung S. 37.

2) Nach der Erzählung des Petrus äe Nata-
libus in seinem großen Latalo§u8 Zauctorum
von 1493.
 
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