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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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Nr. 3
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Detzel, Heinrich: Eine Kreuzigungsgruppe als Grabmonument
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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0032

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26

aus, seines gleichen suchen wird. Es ist
eine Kreuzigungsgrnppe mit vier Figuren
aus reinstem kararischem Marmor (sog. Sta-
tnario), von unserem rühmlichst bekannten
Landsmann, dem Bildhaller Joseph Dressel
in Mittersendling-München ansgeführt. Herr
Forstmeister Knhnle in Weingarten ließ das
Denkmal ans seine Familiengrabstätte setzen,
n. er hat durch
dieses wahr-
haft monu-
mentale Werk
einerseits auf
Jahrhunderte
Hinalls sich li.
seiner Fanlilie
ein herrliches
Andenken ge-
schaffen, ailde-
rerseits aber
allch der wah-
ren llild echten
christlicheil
Kunst einen
Dienst erwie-
sen, lvie erfor-
dernder für
dieselbe llicht
gedacht wer-
den kann. Es
ist dem Ein-
sender dieses
die Freude zu
teil geworden,
als Berater
bei Errichtung
dieses Kunst-
werkes mit-
wirken zu dür-
fen uild es
rührt auch die
erste Kon-
zeption, nach
der das Werk
dailn ansgeführt wurde, voll ihm her, darum
erachtet er ailch eine Art Rechenschaft über
den Entwurf schuldig zll sein. Diese Kon-
zeptioil stellt sich dar als ein Vermittlungs-
versuch zwischen dem früheren idealeil und deiil
späteren griechischen, mehr realen Typus des
Krenzignngsbildes, als Versuch, den sterbenden
Christus so darzustellen, daß selbst auch in
der Fülle von Leiden der Schmerz gleichsam
überlvllilden erscheint nild in der tiefsten Er-
lliederung noch die gottmeilschliche Gestalt
des Erlösers hervorstrahlt. Diesen Gedailken
in den kalten Marnlorstein übersetzt zu habeil,
scheint lilir Dressel vollkommen gelungen zll
sein. In allen Figureil ist ein tiefinnerlicher

Schmerz ausgedrückt, aber ein Schmerz nicht
der Verzweiflung, sondern der Ergebung in
den göttlichen Willen; es läßt sich gut eine
gewisse Skala dieser inneren Bewegung ver-
folgen , wie sie ällßerlich zlnn Ausdrucke
kommt. Dell bewegtesten äußerlichen Allsdrnck
für dieses innere Gefühl sehen wir bei.der
Magdalena, die linter allen den-
jenigeil, wel-
chen viel ver-
geben worden,
die erste war,
dereil Thrä-
nen von allen,
welche je anl
Filß e d.Kren-
zes reumüthig
v erg offen wor-
den, die ersten
waren. Sie
ist unter dem
Kreuzeaufdas
Kilie nieder-
gesnnken, ilm-
faßt es mit
ihren Häilden
lind richtet ei-
nen wehiilü-
thigen Blick
zum sterben-
den Heilailde
empor. Wieso
oft die Hinter-
bliebenen ei-
nes versterbe-
ilenAllgeh ori-
gen frageild a.
osfeneil Grabe
steheil llnd die
Wirklichkeit
des Geschehe-
nen nicht zu
fassen vermö-
gen, so erhebt
die heilige Büßeriil ihre Augen znm todten
Heilande empor, frageild gleichsam ob der-
jenige wirklich gestorben sei, von deiil sie als
die erste Sünderin unter deni Kreuze die Hofs-
nllng zilm ewigeil Lebeil erhalten. Aenßerlich
schon gefaßter finden wir beit Lieblingsjünger
des Herrn, der zur liilkei: Seite des Kreuzes
steht; auch er ist innerlich tief bewegt und er
preßt die Hände vor der Brust zllsamnlen, wie
einer, der voil tiefinnerem Schmerz ergriffen
ist, dieses Gefühl aber äußerlich nicht allzustark
hervortreten lassen will. Er ist zugleich eine
erhabene Gestalt, die in überaus edlem, männ-
lich schönenl Profile vor uns steht, erhöht noch
durch deil herrlichen Fluß der Gewänder.

j heiligeil
 
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