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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 10.1892

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Nr. 9
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Das Kloster Kirchheim im Ries und seine Kunstschätze, [3]
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gestalten eingefügt sind; sie haben alle nur
ein Attribut, einen Krenzesstab mit Drei-
paßenden, wie bei der Johannesfigur der
Beilage zu sehen ist; auch bei Petrus
fehlen die Schlüssel; der Name ist aber
jedesmal beigeschrieben. So war einst
sicher die ganze Reihe der zwölf Apostel
an den Wänden angemalt; jetzt ist sie
wegen Zerstörung der Malerei an der West-
wand nicht mehr vollzählig. Die Gemälde
nehmen ans der Nordwand nur einen nicht
sehr breiten Wandstreifen unterhalb der
Decke ein, ans der Ost- und Südwand
reichen sie weiter herab. Auf den unteren
Wandflächen waren die Konsekrationskreuze
angemalt, von welchen noch eine Anzahl
erhalten ist; ihre Formen sind verschieden,
zum Theil reich ansgebildet (siehe einige
Proben ans der Beilage). Die Apostel-
siguren und Apostelkreuze, sowie die An-
ordnung der Malerei ans der Ostwand
könnten die Vermnthung nahelegen, daß
die Bemalung des Frauenchors mit der
Konsekration derselben und wohl auch mit
Errichtung der drei Altäre in eine und
dieselbe Zeit fallen. Es ist ganz wohl
möglich, daß vorher der Chor gar nicht
konsekrirt war und in demselben auch
nicht celebrirt wurde; ja dies ist deßwegen
wahrscheinlich, weil der beschränkte Raum
kaum zugleich als Frauenchor und als
Kapelle dienen konnte, sondern als Kapelle
erst in Verwendung kam, als er nach Er-
bauung des großen Oberchores in der
Kirche anfhörte, Frauenchor zu sein.

Beginnen wir mit dem Bildercyklns
der Nordwand. In einem fortlaufenden
Bilderfries waren hier angemalt fünf
größere Scenen und drei Apostelgestalten,
je durch einen dunklen Bandstreisen mit
zart aufgemaltem Ornament (siehe ans der
Beilage das Bild der Verkündigung) von
einander getrennt. Die zwei ersten Scenen
gegen die Westwand hin sind nicht mehr
erkennbar und nach einer Apostelfignr
folgt die Verkündigung Mariä, deren Reste
ans der Beilage fixirt sind; die fnteenbe
Gestalt des Engels ist fast ganz zerstört,
dagegen die der hl. Jungfrau in dem
mit Baldachin versehenen Betstuhl ordent-
lich erhalten; links oben war wohl in
dem nimbusartigen Kreis die Taube ein-
gemalt; der Engel hält ein langes Spruch-
band. Unmittelbar an diese Darstellung >

stößt ein Krenzignngsbild mit Maria und
Johannes, stark verdorben. Es folgt eine
Apostelfigur, dann das Schiff der heiligen
Ursula; das Kreuz erhebt sich über ihm
als Mastbanm, die Segel sind vom Wind
geschwellt; die Soldaten am User schießen
Pfeile ans das Schiff; schon sind einige
der heiligen Jungfrauen getödtet, ihre
Körper hängen über Bord; inmitten der
noch lebenden gekrönten Jungfrauen steht
ein Bischof; links unten kniet der Stifter
oder die Stifterin des Bildes mit un-
leserlichem Spruchband.

Die erste Stelle ans der Ostwand
nimmt ein das Bild der Heimsuchung,
dessen Umrisse ebenfalls ans der Beilage zu
sehen sind, eine in ihrer schlichten Einfach-
heit und Innigkeit ergreifende Komposition;
hierauf eine Apostelfignr, dann ein Er-
bärmdebild: Jesus mit über der Brust
gekreuzten Armen, Geisel und Ruthe hal-
tend, steht vor dem Kreuz. Nun kommt
das spitzbogige Portal; in den Zwickeln
rechts und links Stifterinnen mit Wappen;
dann die Gestalt des hl. Petrus mit Kreuz.
Unter derselben ist abermals ein Erbärmde-
bild angemalt, das von dem obigen und
den sonst üblichen sich in merkwürdiger
Weise unterscheidet. Der Heiland steht
entblößt, tiefen Schmerz im Antlitz, im
Grabe (nicht ans einem Altar, Oberamts-
beschreibung von Neresheim S. 342),
weist mit der einen Hand auf die Seiten-
wnnde und stützt mit der andern das
leidensmüde Haupt; rechts nnb links vom
Grab Sonne und Mond; hinter dem
Heiland halten zwei Engel den rothen
Purpurmantel. Links vom Heiland kniet
ein betender Papst, rechts von ihm ein
Engel mit schönen Schwingen, der dem
Heiland etwas entgegenstreckt, was noch
niemand deuten konnte; eö ist aber un-
zweifelhaft der Mopstengel, einem metallenen
Aspergil mit kurzem Stab und gegittertem
Kolben nicht unähnlich. Damit ist aber
das Bild noch nicht abgeschlossen; unter-
halb dieser ganzen Scene ist eine reiche
Ausstellung von Leidenswerkzeugen an-
gemalt, -das Kreuz, an welchem ein rothes
Kleid anfgehängt ist, die Leiter, der Isop,
Schwamm, Nägel, Laterne, Geiselsäule,
Hammer, Beißzange, eine Hand, ein An-
dreaskreuz mit einem Messer; rechts und
links von all diesen Werkzeugen Maria
 
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