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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 11.1893

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Probst, Josef: Uebersicht über die Künstler und Kunstwerke Oberschwabens von 1550 bis zum 30 jährigen Kriege, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15910#0034

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27

Durch Finauzrath Eser wurde zuerst (Ul-
mer Verein 1844 S. 21) eine Tischplatte
(1568) im Besitz des H. Grafen Reut t-
u er iu Achstetten bekannt gemacht und
ausführlich beschrieben. Diese Platte trägt
keine Polychromie, läßt aber deutliche Spu-
ren erkennen, daß bei der Bearbeitung der-
selben Aetzmittel in Anwendung gebracht
wurden, was Eser mit Unrecht bezweifelte.
Es sind nämlich an mehreren Stellen der-
selben runde Vertiefungen sichtbar, die
offenbar durch verschüttete Tropfen der
Säure hervorgernfen wurden. Eine mit
Farben und Vergoldung geschmückte klei-
nere Wappentafel desselben Meisters (1569)
befindet sich im Rittersaale des Schlosses
zu Heiligenberg; in den Ecken oben
sind hier Joachim und Anna gemalt, weiter
unten in der Mitte das Fürstenbergische
Wappen angebracht. Sodann sind noch
Gebetstafeln, mit der gleichen Jahreszahl
bezeichnet, in den Rathhänsern von Ra-
ve n s b u r g und Wangen vorhanden,
die ungefähr auch die gleiche Größe haben,
wie die Tafel in Heiligenberg. Oben be-
findet sich das polychromirte Stadtwappen;
der andere Raum wird eingenommen durch
„ein scheu Gebet, so man zu Rath geht".
Nehmen wir hierzu noch eine große vier-
eckige Tafel im Schloß Wolfegg, so wer-
den die wichtigsten, weil mit Namens-
inschrift versehenen, Werke Kienings anf-
gezählt sein. Andere, aber ohne Namen,
finden sich nach gefälliger Mittheilung des
Herrn Archivraths vr. Banmann noch in
Bettenbronn bei Heiligenberg, in Kanf-
beuren rc. Anderwärts tauchen Künstler
auf, die mit dem gleichen Material itub
wahrscheinlich auf gleiche Manier arbeiteten,
in der Person des Schreibmeisters Hans
Kraft H und eines Kaspar von der Stifts)
Bürger zu Passau 1591. Es scheint je-
doch, daß Kiening der erste war, der den
Kalkschiefer mit Säuren zu behandeln ver-
stand und nach dieser Richtung hin die
Erfindung der Lithographie durch Senn-
felder in München vorbereitete.

In diesen fünf Männern tritt uns eine
namhafte künstlerische Kraft entgegen, aber
die ungünstigen Zeitverhältnisse gestatteten * 2

3) cf. „Allgäuer Geschichtsfremid" 1889 S. 69.

2) Veröffentl. des Ulm er Vereins 1844 S. 24.

nicht, daß sie für ihre Wirksamkeit auch
den erforderlichen Raum gewinnen konnten.
Es war meist nur die nähere und nächste
Nachbarschaft, für welche sie da und dort
Aufträge erhielten. Daran mußte der Be-
trieb und Aufschwung ihrer Werkstätten
kränkeln.

Das wird auch durch die Geschichte des
Schloßbanes in H eiligenbergH bestätigt.

Hier war es der Graf Joachim von
Fürstenberg, der in rühmlicher Weise den
Plan durchzuführen gedachte mit Hilfe der
vorhandenen und erreichbaren künstlerischen
Kräfte, sein Schloß mit Kapelle herznstellen.
Die Stadt Ueb erlin gen, ganz in der
Nachbarschaft gelegen, stellte hiezu das
namhafteste Kontingent: die beiden Bau-
meister B. und H. Oertlin; ferner den
Maler Othmar Pattvogel und den
Faßmaler Konrad Beckh, sowie den
Bildhauer Hans Ulrich Glöckler.
Heiligenbergselbststellte den Bildhauer
Christoph Eg er. Aber auch andere
oberschwäbische Städte und Namen tauchen
hier auf. Der Seidensticker E. Feder-
lin von Ravensburg lieferte gestickte
Wappenbilder und der Kupferschmied Hans
Her bürg er von dort fertigte den Altar,
der wohl in getriebener Arbeit ansgeführt
wurde. Ans Biberach lieferte Hans
D ü r e r Bildschnitzereien dorthin. K o n-
stanz ist vertreten durch einen Glasmaler
Sebastian Prinz; Ulm durch einen
Buchmaler Jakob Bur khamer; Buch-
horn durch einen ungenannten Bild-
schnitzer. Ob die beiden Schreiner I.
Groß von Hüsing eu und Martin
Bayer von Vi klingen nur ordinäre
Arbeiten für den Hausbedarf lieferten oder -
vielleicht als Kunsthandwerker beschäftigt
waren, läßt sich nicht entscheiden.

Die meisten dieser Arbeiten sind im
Laufe der Zeit wieder abgegangen, so daß
man über die Leistungsfähigkeit der einzelnen
Meister kein sicheres Urtheil sich bilden kann.

3) cf. Martin in den Schriften des Boden-
seevereins 1883 S. 70 und S. 121. Leider sind
die Rentamtsrechnungen sehr lückenhaft; besonders
fehlen dieselben über den Rittersaal daselbst, der
zn den schönsten Werken dieser Zeit gehört. Die
von Martin gewonnenen Anhaltspunkte beziehen
sich fast ausschließlich auf den Bau der Kapelle
des Schlosses von 1592 an, während der Ritter-
saal schon um das Jahr 1562 ausgeführt wurde.
 
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