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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 11.1893

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Nr. 11
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Rueß, Bernhard: Die Gebrüder Forschner, ein Künstlerpaar aus Dietenheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.15910#0112

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101

Kirche ist mit dem „fürtrefflichen Künstler"
3c. F. v. D. ein Vertrag abgeschlossen worden.
Nach vollendeter Arbeit sowohl im Chor als
im Langhaus sind ihm 130 fl. und seiner
Frau als Diskretion! 4 fl. 15 kr. bezahlt worden.
Leider hat dieser so „kunstreiche, fromme und
gute Mann" nicht lange nach Vollendung seiner
Muttensweiler Kirchengemälde wegen „einge-
kehrter Hektik und hitzigen Fiebers" der Natur
den Tribut bezahlen müssen. Im Juli 1751
hatte er den ersten Theil der Klosterschussenriedi-
schen Aufträge in Muttensiveiler und ebendamit
die letzten Kunstarbeiten seines Lebens zu Ende
geführt und schon am 19. September 1751 ver-
starb er laut eines von Herrn Kamerer Braun
in Dietenheim uns giitigst übermittelten dortigen
Kirchenbuchseintrages. Das Todtenbnch von
Dietenheim setzt dem Künstler ein ehrendes Denk-
mal mit den Worten: „Perhonestns st artibei-
osu3 vir Franciscus Xaverius Forchner civis
et insignis Pictor Dietenheimii sacr. omnbs.
accpt. quievit in Domino.“ Seine Eltern waren
Laurentius Forchner und M. Theresia, geborene
Hueberin. Unser klösterlicher Gewährsmann
rühmt von 3c. Forchner: Er wurde wegen seiner
„besonders artigen" Malereien von jedermann
und zwar auch von Kunstverständigen über alle
Maßen gelobt. Ferner fand seine Rechtlichkeit
allgemeine Anerkennung. Ganz besonders wurde
er sodann deßwegen gerühmt, weil er so „wohl-
feil gemalt und für all seine Arbeit mit wenigem
verlieb genommen hat". Deßhalb erhielt er
allerorts eine große Kundschaft. U. a, hat er
das Gotteshaus Ochsenhausen großentheils, so-
dann das dentselben gehörige Schloß zu Unnnen-
dorf, deßgleichen das vom Kloster Schussenried
gebaute Pfarrhaus in Eberhardszell vollständig
ausgemalt. Von den im oberen Gang des Eber-
hardszeller Pfarrhvfes befindlichen Fresken hat
ineinandergerechnet das Stück nicht mehr als
drei Gulden gekostet, was der Chronist für eine
Bagatelle erklärt. Von deniselben Maler stammt
auch das obere Blatt des Hochaltars der Wall-
fahrtskirche in Steinhaufen, die Auferstehung
Christi darstellend: das große Altargemülde,
Scene auf Golgatha nach Abnahme des heiligen
Leichnams, ist ein Werk des Franz Martin Kuen
von Weißenhorn und wurde mit 200 sl. bezahlt.
Das Plafondgemälde des Chores zu Muttens-
weiler hat zum Gegenstände die Krönung Mariä.
Die Decke des dortigen Kirchenschiffes ist
mit fünf Gemälden ai fresco geschmückt: Das

Mittel- (Haupt-) Bild des Langhaus-Plafonds
besteht ans zlvei Scenen. Obere Gruppe: lieber-
gäbe des Skapuliers durch Diaria an den hl.
Norbert und Hmiveis ans die Ordensregel durch
den hl. Augustin, während Engel das Pektorale
und Pallium bringen. Untere Gruppe: Zwei
Genien mit Erzbischvfsstab und Monstranz, von
welchen ein Blitzstrahl auf den unten stürzenden
Tanchelin und einen anderen niedersinkenden
Jrrlehrer herabfährt, welcher im Fallen einen
Kelch mit Hostien umstürzt; ein dritter Ketzer,
welcher einen Pfeil abgeschvsseu hat, tvird ge-
blendet. Also St. Norberts Triumph und Be-
lohnung, Tanchelins und seiner Genossen Be-
strafung ist kurz der Bildiuhalt. Die vier an-

deren um das erwähnte Hauptgemälde gruppir-
ten, Medaillonsorm aufweisenden Bilder stellen
lauter Heilige aus dem Prämonstratenserorden
vor, z. B. St. Siard (Brot austheilend) und
St Evermod (einen angeketteten Gefangenen mit
Weihwasser besprengend). Mit dem Meister-
Xaver Forchner war auch schon ein Akkord ab-
geschlossen worden über die Faßarbeit an den
drei Altären und an der Kanzel in Muttens-
meiler, ebenso auch über die Lieferung der drei
Altarblätter. Allein ehe er diese letzteren Auf-
träge ausführen konnte, ereilte den Künstler der
Tod. Die bereits angefangene Faßarbeit wurde
nach Xaver Forchners Erkranken und frühzeitigem
Sterben von seinen zwei Gesellen fortgesetzt und
akkordmäßig um 171 fl. 49 kr. 4 Hl. zu Ende
geführt. Wer hat nun aber die A ltarblätter
zu Multensweiler gemalt?

Wenn man sich in der gedruckten Literatnr
nach einer Antwort umsteht, so erhält man
(z. B. noch neuerdings im „Diözesan-Archiv"
1893 Nr. 1) den Bescheid, Esperlin von Deger-
nau, dessen Vorname übrigens nicht Johannes,
sondern Joseph ist, habe die Muttensiveiler
Altargemälde gefertigt. Diese Angabe ist aber
irrig. Der Jrrthum entstand unseres Wissens so,
daß ein Kunstverständiger aus der in Muttens-
weiler zu Tage tretenden Malweise die Hand
Esperlins zu erkennen glaubte und dann seine
Hypothese als kunstgeschichtliche Wahrheit in dein
„Anzeiger voni Oberland" niederlegte. In Wahr-
heit aber harmoniren die Muttensiveiler Altar-
blätter keineswegs weder im Kolorit, noch in
der Komposition z. B. mit den tvirklich von
Esperlin stammenden Gemälden auf den Seiten-
altären zu Steinhaufen, OA. Waldsee. Zudem
haben wir aber im Schussenrieder Stiftsarchiv-
repertorium folgende Stelle gefunden: „Die drei
Altarblätter (zu Muttensweiler) siiid von dem
Bruder des Verstorbenen, von Chrysostomns
Forchiier gemalt worden." Also ein Bruder des
Malers der Fresken, iiemlich Chrysostomns
Forchner vor: Dietenheim, ist der Schöpfer der
auf den Muttensweiler Altären befindlichen Tafel-
bilder. Das Hochaltarblatt stellt die Enthaup-
tung des hl. Apostels Jakobus major dar, welcher
Kirchenpatron von Muttensiveiler ist. (lieber
dem Hauptgemälde sind ans einem kleinen Bilde
noch die beiden Baurenpatrone St. Wendelin
und Isidor zu sehen) Das Altarblatt des
linken Seitenaltares weist die Geburt Christi,
dasjenige des rechteil Seitenaltares den Marter-
tod der hl. Agatha auf. Das Agathabild hat
neben der Hauptscene noch ein paar Miniatnr-
bilder (das Ausschneiden der Mammen, das
Leiden beim Glnthofen, die Glorie der Heiligen
und die Anrufung der Seligen durch mehrere
Beter). Dieses Altarblatt hat auch die lateinische
Inschrift: Mentem sanctam st Spontanaeam st
Honorem Deo st Et Patriae Liberationem.
S. Agatha ora pro nobis. Alle drei Altar-
blätter sind vor einigen Jahren durch Maler
Mairle aus Biberach restaurirt worden. Als
Chrysostomus Forchner die genannten Blätter
vollendet hat, war er noch ganz gesund und
rüstig. Er starb erst den 13. Novembee 1791
als eelebs in seiner Heimath. Wenn nun
 
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