Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 15.1897

DOI Heft:
Nr.2
DOI Artikel:
Probst, Josef: Ueber die Sterzinger Skulpturwerke des Meisters Hans Mueltscher in Ulm
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15902#0016

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
10

ist; die Skulptur vou Roggeubeuren aber
muß iu die gleiche Zeit gestellt werden,
da auch bei ihr dieses charakteristische
Kennzeichen des Uebergaugsstadiumö vou
der Behandlungsweise der ersten Hälfte
des 15. Jahrhunderts in die der zweiten
deutlich sich darstellt. Es ist auch ganz
begreiflich, daß die von der Stein-
plastik noch stark abhängige Behand-
lungsweise der Holzschnitzerei im Anfang
des 15. Jahrhunderts nicht n r p l ö tz l i ch
in die fertige Manier der H olzpla st i k
überspringen konnte, wie sie gegen Ende
des Jahrhunderts bestand. Jedenfalls ist
erfreulich, daß wir noch Werke besitzen,
die man in diesen chronologischen Nahmen
mit Grund einstigen kann.

Weniger großen Werth möchten wir
ans die Gesichtsbildnngen legen. Es ist
zwar unter beiderlei Bildwerken eine gute
Uebereiustinnnnng auch iu dieser Hinsicht
gar nicht zu verkennen; allein gerade hier
treten mit dem Wechsel der Situationen
die mannigfaltigsten und tiefgreifendsten
Abänderungen ein. Mehr Bedeutung möch-
ten wir der Kopfbedeckung zuerkennen.
Die Krone bei den Sterzinger Figuren
ist freilich sichtlich spätere Zuthat; aber
die Behändl j der Schleier bei dem Re-
liefwerk cmv Roggeubeuren, -vorauf wir
jedoch knrz unten zurückkommeu werden,
verdient Beachtung.

Vorerst ist nur noch zu bemerken, daß
auch iu Zell bei Oberstaufeu im baye-
rischen Allgäu sich ein kleiner Flügelaltar
befindet, der die Jahreszahl 1442 trägt
und als den Urheber den Meister Hans
S t r i e g l von M e m m in gen inschristlich
bezeichnet.*) Auch bei den drei Holz-
statuen dieses kleinen Monuments ist wie-
derum die eigenthümliche Verbindung der
Fältelung des Saumes der Mäntel und
des beginnenden eckigen Faltenwurfs wahr-
zunehmen. Daß diese Memminger Werk-
stätte von der Mueltscher'schen in Ulm
abhängig war, ist nicht zu bezweifeln.
Sehr ähnlich und in der eigenartigen Be-
handlung der Holzschnitzereien noch deut-
licher ist ein kleiner Altar in der Kapelle
von Berghosen bei Sonthofen von
1438 (nach Mittheilnng von A. Bertle

*) Allgäuer Geschichtsfreuud 1892, S. 49;
Mittheilnng von I. E. Lederte.

im Allgäuer Geschichtsfreund 1891, Seite
101); doch fehlt hier die Angabe des Ur-
hebers deck Werkes.

II.

lieber die Dauer der Mneltscher'schen
Werkstätte in Ulm bestehen ganz aus-
reichende Anhaltspunkte. Im Jahr 1427
wurde Hans Mneltscher unentgeltlich als
Bürger ausgenommen; in die Jahre 1467
und 1468 fällt die Stiftung eines Jahr-
tags für ihn und seine Ehefrau. Das
Sterzinger Altarwerk (1458) fällt somit
in die Spätzeit dieser Werkstätte. Nun
drängt sich aber die Frage auf: ob nicht
auch noch Werke vorhanden seien, die nicht
ohne Grund der Früh zeit derselben zu-
geeignet werden dürfen. Nach unserer
Ansicht ist man nun berechtigt und auf-
gefordert, wiederholt auf eine Anzahl vor-
handener Statuen hinzuweisen, die sichtlich
im Anfang des 15. Jahrhunderts entstan-
den sind.

Es sind vier Statuen von Jungfrauen
iu der Sammlung Dnrsch in Rottweil
(Lorenzkapelle), die aber aus E r i s k i r ch
am Bodensee stammen, wozu. noch zwei
weitere Madonuabilder kommen, die auch
in der Kirche daselbst sich befinden. Von
den vier iu Rottweil befindlichen Skulp-
tureil wurden photographische Abbildungen
im Archiv schon 1889 S. 39 und 1890
S. 90 gegeben. Nachdem es sich aber
herausgestellt hat, daß diese Figuren mit
einem Bildhauer vou Ravensburg, Kelteu-
ofer, der nach irriger Angabe daselbst um
1437 gelebt haben sollte, nicht iu Zu-
sammeuhaug gebracht werden können, stehen
dieselben vollständig iu der Lust. Eine
Nachricht bei Kraus (Die Knustdenkmäler
des Großherzogthums Baden B. I S. 595)
ist jedoch geeignet, einigen Ausschluß dar-
über anzubahuen. Im Ueberlinger Mün-
ster wurde 1430 eine Chortasel gestiftet,
die von „einem Meister aus Ulm" gefertigt
wurde.

Damit ist wenigstens soviel gewonnen,
daß iu Ulm um jene Zeit eine Werkstätte
bestand, die mit der Boden seegend iu
geschäftlicher Verbindung stand. Eriskirch
ist zwar nicht genannt; darauf ist jedoch
kein Werth zu legen, weil die Statuen
leichtlich dorthin später erst verbracht wor-
den sein können, vielleicht aus irgend einer
 
Annotationen