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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 15.1897

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Nr. 3
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Detzel, Heinrich: Ein Gang durch restaurirte Kirchen, [7]
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18

Figur nicht ausgeschlossen. Am besten hat
uns das Deckengemälde im Chor der
Kirche gefallen, das darstellt, wie die hl.
Walburga, die Hanptpatronin der Kirche,
kleinen Mädchen Unterricht erteilt.

Die Hanptzierde des Chores und über-
haupt der ganzen Kirche ist der neue
Ho chaltar, ans Eichenholz im Renais-
sancestile ausgesührt. Wenn bei Kirchen-
restaurationen unkünstlerische, schlechte und
der Renovirnng nicht mehr werthe Ein-
richtnngsgegenstände entfernt werden sollen,
ist es gewöhnlich der zopfige Hochaltar,
dessen Entfernung den meisten Widerspruch
findet, und zwar ist es nicht so fast die
Pietät, die sich gegen seine Entfernung
strätlbt, oder der Umstand, daß die Gemeinde
ihn für ein Kunstwerk ansieht, als viel-
mehr einzig und allein seine Größe, die
den Leuten imponirt, das stolze Bewußt-
sein, den „höchsten" Altar zu haben. Diese
fürchterlichen Zopfkolosse, selbst in ver-
hältnißmäßig kleinen Kirchen, machen dann
immer zur Bedingung ihres Abganges
einen möglichst „hohen" Nachfolger. Diesem
Wunsche mußte auch in Gornhofen Rechnung
getragen werden, und war es die Aufgabe
des Altarbaners, ein Werk zu liefern,
das einerseits dem Willen der Stifter in
dieser Hinsicht nachkam, anderseits aber
auch den Anforderungen der christlichen
Kunst entsprach, namentlich dahin, daß
bei aller Höhe und Größe des Baues doch
der Tabernakel zur gebührenden Geltung
komme. Es wurde vom Stiftnngsrathe
Bildhauer Moriz Schlachter in
Ravensburg mit der Anfertigung einer
Skizze und auch deren Ausführung betraut.
Der Altar zeigt in seinem Anfbane einen
doppelten Tabernakel, wovon der untere
von zwei kleinen Nischen mit Reliefs
slaukirt ist. Diese Reliefs enthalten vier
Engel mit Harfe, Kreuz, Aehren und Rauch-
faß, sie sinnbilden das heilige Meßopfer,
als Lob-, Sühn-, Dank- und Bittopser.
Der Hanplban hat eine größere, tiefe
Rische, welche eine plastische Gruppe von
bedeutender künstlerischer Leistung ausge-
nommen hat. In der Mitte steht in würde-
voller, erhabener Auffassung der göttliche
Heiland als Herz-Jesn-Bilo und breitet
seine Hände ans, zur Verehrung einladend;
zu beiden Seiten sehen wir die Heiligen
Norbertns mit der Monstranz und Kon-

J radns mit Kelch und Spinne, ersteren zur
Erinnerung an den einstigen Zusammen-
hang der Kirche von Gornhofen mit bem
Kloster Weissenan, letzteren als Patron
der einstigen Diözese Konstanz; im Vorder-
gründe kniet die Kirchenpatronin hl. Wal-
burga mit den Oelfläsobchen und ihr gegen-
über, das göttliche Herz-Jesn anbetend,
Papst Leo ixtIT. Sämmtliche Gestalten
sind tüchtig dnrchmodellirt und zeigen eine
eigene selbständige Auffassung; man sieht ans
den ersten Blick, daß man hier keine bloße
Schablonenheilige vor sich hat, wie sie zu
Dutzenden ans den Fabrikateliers — man
könnte sagen Heiligensabriken — hervor-
gehen. Die Fassung ist dnrchgehends eine
seine und reiche, nur scheint uns in der An-
wendung der Vergoldung des Guten etwas
zu viel geschehen zu sein, indem die breiten,
glanzvergoldeten Säume in Verbindung
mit den vergoldeten Ornamenten oberhalb
der Rische eine zu lebhafte, fast unruhige
Wirkung verursachen. Doch wird sich das
mit der Zeit von selbst mildern und thnt der
herrlichen Gruppe als solcher, als einem
hervorragenden, plastischen Kunstwerke,
keinen Eintrag. Wir stehen nicht an, dieses
Werk der Plastik als eines der bedeutendsten
Kunstwerke dieses Genres in unserer Gegend
hervorznhebe». An den beiden Außenseiten
von der Hanptnische stehen die ebenfalls
gut dnrchgearbeiteten Statuen der heiligen
Apostelsürsten Petrus und Paulus und
oben schließt ein kleiner Aufbau mit dem
Brustbild von Gott Vater daö Ganze ab.
Die Kanzel mit den vier Evangelisten,
sowie die Kommnnionbank, beide in Har-
monie mit dem Hochaltar ebenfalls ans
Eichenholz, stammen vom gleichen Meister.
Nachdem noch eine neue Orgel (4000 Mark)
mit zwei Manualen und vierzehn Registern
von den Gebr. Späth in En net ach
ansgestellt ist, fehlen nur noch die beiden
Seitenaltäre. Möge es dem neuen Pfarr-
herrn Rigger gelingen, durch An-
schaffung derselben das Ganze bald 311
einem schönen, harmonischen Abschluß zu
bringen.

7. Alts h a n s e n, Dekanats Sanlgan.

„Württembergs kirchliche Knnstalter-
thümer" von Pros. Or. Keppler haben
über die Kirche vom ehemaligen Sitze des
Landkomthnrs der Dentschordensballei El-
 
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