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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 15.1897

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Nr. 11
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Probst, Joseph: Vergleichende Studien über den Johannescyklus des Hochaltars in Blaubeuren
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https://doi.org/10.11588/diglit.15902#0113

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101

Irische Gesichtszüge sind nicht wahrzll-
nehmen. Ans die Ausschmückung des Vor-
dergrundes ist bei 5 sichtlich Ansmerksam-
keit verwandt, wie ans den Kaninchen,
Schnecken re. hervorgeht; übereinstimmend
auch der Hintergrund. Die beiden Kom-
positionen sind reich an Figuren und die
Handlung belebt.

Wir fixieren diesen Typus, bezw. diesen
Meister mit dem Buchstaben A.

In dem Gemäldepaar 7 und 8 gewinnt
die Gestalt des Tänsers ein anderes An-
sehen. Leib und Gliedmaßen sind lang-
gestreckt, hager, auch das Gewand ist
anders behandelt, besonders auffallend ist
der lange Einschnitt unter den Achseln, durch
welchen hindurch die Brust seitlich sichtbar
wird. Ebenso der Gürtel, der hier bei 8
geradezu als eine langhinflatternde Binde
behandelt ist. Bei 7 fehlt diese Binde,
aber hier ist Johannes von der anderen
(rechten) Seite sichtbar. Die begleitenden
Figuren sind (besonders die Gesandtschaft
und der im Jordan stehende Täufling)
ebenfalls gestreckt und hager, nicht sehr
ästhetisch; der Vordergrund ist vernach-
lässigt, der Hintergrund auffallend nngefüg,
die gesammle Komposition ist jedoch wenig-
stens bei 8 sprechend lebendig und scharf
charakterisirt und mit Figuren keineswegs
überladen.

Wir bezeichnen diesen Typus, resp.
Meister mit B ; er steht zu A in einem
fast schroffen Kontrast.

In dem nächstfolgenden Gemäldepaar
9 und 10 (Hinweisung ans den Heiland und
Taufe) tritt wieder ein anderer Typus hervor.
In beiden ist die Figur des Täufers zwar
ascetisch aber wohl proportionirt und an-
ständig, wie auch die Figur des entblößt
im Jordan stehenden Heilandes. Bei
Johannes ist der hellfarbige Mantel über
dem Unlergewand zu beachten (in 9), der
auch bei tO nicht fehlt, jedoch hier bei
der Bewegung des Armes zur Tanfspen-
duug hinabgleitet. Auch hier ist die
Stirne des Johannes nicht frei von Haa-
ren, aber die Stirnlocken sind wie bei
den beiden assistierenden Engeln, umfang-
reicher und breit abgeschnitten. Die be-
gleiteten Figuren sind entsprechend wohl
proportionirt von guter Haltung; in seiner
Physiognomie trägt Johannes einen orienta-
lisch-semitischen Zug : die gebogene Nase, die

auch bei einem der Zuhörer vorkommt.
Der Hintergrund ist sehr sorgfältig ge-
halten, der Vordergrund spärlich belebt
nnb die ganze Komposition, nicht mit Fi-
guren überladen, macht einen angenehmen
Eindruck. Wir bezeichnen diesen Typus,
resp. Meister, der eilte glückliche Mitte
zwischen den vorhergehenden einnimmt
ntid ohne Zweifel der tüchtigste Meister
war, mit C.

Einen weiteren Typus noch 51t unter-
scheiden, fühlen wir nits nicht veranlaßt;
die noch übrigen Gemäldenummern lassen
sich nach unserer Auffassung ohne Schwie-
rigkeit bei den schon bezeichneten nnter-
bringen.

In den beiden nächstfolgenden Numiitern
11 (Johanties macht dem Herodes Vor-
halt) tind 12 (Abführuitg in das Gesäng-
niß) kehrt die Johaitnesgestalt in C wie-
der, nur mit der Aendernng, daß der
hellfarbige Mantel fehlt; aber das ein-
fache Ablegen eineö Gewandstücks vermag
für sich den Typus noch nicht zit
ändern: in allen anderen Kennzeichen hat
sich eine Aendernng nicht vollzogen, auch
die stnmpfliche Stirnlocke fehlt nicht. Da-
gegen tritt nun Johannes in die Hos-
gesellschaft des Herodes ein. Auch hier
besteht der angenehme Eindruck von wohl-
proportionirten Gestalten, mit mannig-
faltigen nach Alter und Stand abtvechselitden
Physiognomien, die in ihrer Mehrzahl
den germanischen Gesichtsattsdruck zeigen,
aber auch theilweise die gebogene semitische
Nase. Da bei' Vorhalt des Johannes
und seilte Gesangennehmnng zeitlich nnb
örtlich sehr nahe zusammenfallen, so hat
der Maler diesem Uustand dadurch Nech-
liung getragen, daß eine ansehnliche An-
zahl von Personen ans leiben Gemälden,
nur an etlvaö verändertem Platz austreten;
eilt schlagender Beweis, daß eine paarweise
Bert Heilung der eiuzeliten Gemälde statt-
gefunden hat. Man kennt dieselben als-
bald heraus an der Physiognomie nnb
besonders auch an der Kopfbedeckung.
Hier kommen nun auch Franeuge-
stalten in größerer Anzahl vor. Die
Herodias hat ent ganz harmloses läng-
liebeö Oval, daS keinerlei Anzeichen von
leidenschaftlicher Erregung zeigt. Auch
sollst zeigt dieKomposition eine fast allffallende
apathische Nnhe, trotz des offenbar ans-
 
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