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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 16.1898

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Nr. 6
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Detzel, Heinrich: Die versteigerte ehemalige gräflich Douglas'sche Sammlung alter Glasgemälde, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15903#0057

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Blasien, oder dortselbst 51t Grunde ge-
gangen sei. Nach den: in Basel 1529
in's Werk gesetzten Bildersturm haben die
Stifter jener Glasgemälde in der Kar-
lhause dieselben ans beit Fenstern heraus-
nehmen und in den St. Blasianer Hof
(Kameral-Amt) und nach St. Blasien ver-
bringen lassen. Hier wurde ein Theil
derselben etwas gestutzt, um in eine Kirche
eingesetzt 31t werden. Ob dies wirklich
geschehen ist, Samt nicht mit Sicherheit
festgestellt werden. Thatsache ist aber,
daß die 11 Stucke Hoibein-Fenster und
die 14 Stücke Baidung Grien-Fenster von
1690—1774 bezw. bis 1820 ans dem
Speicher des Kloster-Gymnasiums oder an
einem, den Gymnasiasten zugänglichen Ort
in St. Blasien aufbewahrt wurden. Der
Beweis dafür finb die Namen von Gym-
nasiasten und Jahreszahlen, welche in die
schattirten Slellett der Glasgemälde ein-
gekritzelt sind. Um. das Jahr 1820 kaufte
aits Privatmitteln Großherzog Ludwig
diese Glasgemälde, im Ganzett 32 Stück,
dem Baron Eichthal, dem damaligen Be-
sitzer von St. Blasien, ab mib ließ sie 1826
in das Schloß Langenstein verbringen.

Wenn mir nun im Folgenden die ein-
zelnen gemalten Fenster anfzählen, geschieht
es in der Weise, wie sie nach beit Mei-
stern zusammengehören, welche die Kartone
gezeichnet haben, und wie sie wohl auch
in der Kirche der Karthäuser zusammen-
gestellt waren. Wir können so fünf Se-
rien unterscheiden.

1. Die erste Serie hat zur Darstellung
die Kreuzigung Christi, ein sogen. Miseri-
cordienbild und eine mater dolorosa.

Die Kreuzigungsgruppe ist in
drei Abtheilnngen gegeben, von der jede
eine Höhe von 145 und eine Breite von
54 Centimeter hat; das Mittelfenster ent-
hält Christus am Kreuz, dessen Fuß von
der hl. Magdalena umfaßt wird, die weh-
klagend zum sterbenden Heilande hinauf-
schaut. Als weitere Persönlichkeit in dieser
unmittelbaren Nähe des Kreuzes sehen
wir die zwei Kriegsknechte, von denen der
eine, Longinus, die rechte Seite des Herrn
öffnet, der andere, Stepheton, ihm den
mit Essig gefüllten Schwamm reicht. Ober-
halb des Kreuzes lesen wir die Inschrift:
Ilodie mecum eris in paradiso, während
hinter dem Körper des Heilandes eine

Inschrift sich hinzieht, bei der einige Buch-
staben und Worte fehlen, die aber aus
dem Introitus der hl. Messe an fer. V.
in coena Domini genommen ist und voll-
ständig so lautet: Nos autem gloriari
oportet (in) crnce domini nostri (Jesu
Christi), in quo est salus, vita et resur-
rectio nostra : per quem salvati et li-
perati sumus, Gal. 6, 14. Cs sollen
also diese Worte nicht eine Devise sein,
welche sich etwa auf das unter dem Kreu-
zesstamm befindliche Wappen der Botz-
heim — ein strahlendes, goldenes Kreuz
in Schwarz — beziehen, sondern sie lind
ein allgemeiner Hinweis ans die Gnade,
welche uns durch die Passion Chrilti zu
Dheil wurde. Die beiden Seitentheile
zeigen die zwei Schächer, deren Kreuze
etwas niedriger und D-förmig gestaltet
sind; sie sind nicht wie Christus an das
Kreuz angenagelt, sondern ihre gewaltsam
verrenkten Glieder sind mit Stricken an-
gebunden und zwar in der Weise, daß
die Querbalken Zwischen dem Rücken und
den Händen durchgehen. Der rechte
Schächer wendet flehentlich sein Angelicht
dem Heilande zu und ruft, wie die große,
von seinem Haupte ausgehende Bandrolle
besagt, die Worte aus: memento mei
Domine si veneris in Regnum Tuum.
Unten steht, aufblickend zu ihrem sterben-
den Sohne, die hl. Jungfrau mit Jo-
hannes, der selbst in tiefster Betrübniß,
doch in zartester Weise für ihre aufrechte
Stellung besorgt ist; hinter dem hl. Jo-
hannes steht ein römischer Soldat mit
der Lanze. Das Fenster links vom Kreuzi-
gungsbilde hat den verzweifelnden Schächer,
der seinen Blick vom Erlöser abwendet,
den Typus der verstockten Sünder; er
ruft eben höhnisch die Worte aus, die
wir im Spruchbande über ihm finden:
si tu es Christus salva nos et temet
ipsum. Unten sieht man den heidnischen
Hauptmann in ritterlicher Rüstung zu
Pferd, der betheuernd ausruft: Vere filius
dei erat iste, rechts eilten Krieger mit
Schild und rother Fahne, auf der ein
gelber Helm angebracht ist, während unten
auf dein Boden zwei Kriegsknechte um
den Rock des Herrn würfeln. In allen
drei Abtheilungen sieht man landschaft-
lichen Hintergrund, sogen, helle Alaun-
luft (mit Alaun präparirter blauer Farbe).
 
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