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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 16.1898

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Nr. 11
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Drexler, Eugen: Albrecht Dürers Stellung zur Reformation, [1]
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105

Eine Anrufung der schinerzhaften Mutter
lautet:

Mutter Gottes, Du reine Maid,

Ich litt Dich durch großes Leid,

Das Du hättest mit großer Klag,

Da Dein tot's Kind vor Dir lag,

Komin mir zu Hilf in meiner Noth
Durch Jesu, Deines Sohns, bittern Tod?)

In ähnlicher Weise wendet er sich an
3t. Barbara, Katharina, Martinas n. s. w.

- Ebenso bezeichnend ist der Wahlspruch,
den er unter sein jugendliches Selbstportrait
vonl Jahre 1493 schrieb:

„Mg Sach, die gal, als es oben stat."
womit er sein Schicksal Gott anheinlstellt.
Kindliche Dankbarkeit athmen die Anf-
zeichnnngen in feinem leider nur in einem
Bruchstücke erhaltenen „Gedenkbuch" ans
der Zeit von 1502—1514 über den Dod
seines Vaters lind mehr noch über die
tief religiöse Lebens- und Erziehnngsweise
seiner Mutter und deren erbauliches Hill-
scheiden, nachdenl sie „mit allen Sakra-
menten versehen und ans päpstlicher Ge-
walt von Pein lllid Schuld absolvirt"
worden war. ft

Obwohl Dürers mehr nach innen ge-
richtete Natur ihll von jedent öffentlichen
Austreten zurückhielt, so nahnt er doch an
den äußeren Ereignissen stets regelt Antheil.
Ausgestattet mit einer für daKinal un-
gewöhnlichen Bildung intb tut trauten
Verkehr mit den politisch und geistig her-
vorragendsten Männern seiner Zeit lebeltd,
mochte er beit brennenden Fragen der
damaligen Welt ein volles Verständniß
entgegenbringen. Befreundet vor allein
mit den humanistischen Kreiselt seiner
Vaterstadt Nürnberg, deren Haupt der
einflußreiche Rathsherr Willibald Pirk-
henuer war, hatte er deren Ideen ganz
in sich ausgenommen. Als daher Luther
im Oktober 1517 öffentlich auftrat, war
Dürer einer der erstell, die ihlit zujubelten,
ulid er konnte nicht umhin, beut rasch be-
rühmt gewordenen Augustinermönche durch
Zusendllitg von Kunstblättern persönlich
seilte Anerkennung auszudrücken, worauf
Luther bcnt Dreister durch Christoph
Scheurl danken ließ?) Auch in der daranf-

') Ebendaselbst S. 96.

2) Ebendaselbst S. 11 ff.
ft Vergl. Thausing, Dürer 2. A. 1881.
11. 238.

folgenden Zeit wird Dürer wiederholt
unter denjenigen genannt, die sich um
den Reformationsprediger W enget
Link zu versammeln pflegten ititb „alle
nach einem lutherischen Gruße schmachteten"
(omnessalutisMartinianaecupidissimi). ft
- Ein weiteres Zeugnis; seiner Begeiste-
rung für den „neuen Herold der Wahr-
heit", wie Luther von den Humanisten
genannt wurde, ist Dürers Brief an
S p a l a ti n ll s,ft beit Kaplan des Kur-
fürsten Friedrich von Sachsen, vom An-
fang des Jahres 1520, ans dem wir er-
sehen, daß der Kurfürst dem Künstler eine
Schrift Luthers zugeeignet hatte. „Deß-
halb bitte ich", schreibt Dürer, „Ew. Ehr-
würden wollen Seinen Knrfürstl. Gnaden
meine unterthänige Dankbarkeit nach dem
Höchsten anzeigen, und seine Kurfürstliche
Gnaden in aller Unterthänigkeit bitten,
daß er ihm den löblichen Doktor
Dt a r t i n L u t h e r b e f o h l e it t a ß s e i n,
von der christlichen Wahrheit wegen, daran
uns ntehr leit, denn an allen Reichthümern
und Gewalt dieser Welt; das denn alles
mit der Zeit vergeht, allein die Wahrheit
bleibt ewig. Und hilft mir Gott, daß ich
zu Doktor Martinus Luther komnt, so
will ich ihn mit Fleiß konterfeien
und in Kupfer stechen/) zu einer
langen Gedächtnis; des christlichen Manns,
der mir ans großen Aengsten geholfen
hat. Und ich bitt Euer Würden, wo
Doktor Martinus etwas Neues macht,
das deutsch ist, wollt nürs um mein Geld
zusenden." — Mit größtem Eifer also
sammelte er die Schriften Luthers und
zeigt sich in demselben Briefe an Spalatin
auch erbötig, diesem eine Neuauflage des
„Schutzbüchleins Martini" (gemeint ist
die 1519 von Laz. Spengler anonynt
herausgegebene „Schntzschrift und christ-
liche Antwort") znznsenden. „Aber wisset",
fügt er bei, „daß dies Büchlein, wiewohls
hie gemacht ist, auf den Kanzeln für ein
Kcherbüchlein, das man verbrennen soll,
verrufen ist worden, und schmählich wider
den geredet, ders unnnterschrieben (anonym)
aus hat lassen gehen. Es hats auch
Doktor Eck, wie man sagt, öffentlich zu

ft Ebendaselbst II. 238. Anm.

2) Nachlaß S. 6«; s.

3) Dürer ist jedoch nie dazu gekommen.
 
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