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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 17.1899

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Nr. 1
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Detzel, Heinrich: Das Chorgestühl in der Kirche zu Weissenau
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https://doi.org/10.11588/diglit.15904#0007

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Bezüglich der figürlichen War-
st e l l u n g e u in beut Weissenauer CH ar-
ge stähle beginnen wir mit der südlichen
Seite und zwar gleich mit dem Abtstuhle
und seiner Statuette; diese zeigt Christus
mit der Weltkugel in der Linken, die
Rechte lehrend erhoben; er wird von
zwei Engelskaryatiden flankirt. In der
Fortsetzung nach links sind folgende Figu-
ren in den Feldern angebracht:

1. Der heilige Bii ch a e l hält in
der Rechten das Schwert, in der linken
die Waage; er steht auf beut sich krüm-
menden Satan.

2. Der h eilige N ordert, der Stifter
des Prämonstratenserordens, geboren zu
Bauten um 1080, hält in der Rechten
eine Monstranz mit einem Glascylinder,
worin die Hostie, in der Linken das
doppelte Kreuz; er hat zwei Engel zur
Seite, von denen der eine eine Palme,
der andere einen Kelch mit einer Spinne
trägt. Dieses Attribut hat er, weil auch
von ihm wie vom heiligen Konrad er-
zählt wird, daß er einst das heilige Opfer
feierte intb eine giftige Spinne ihm in
den Kelch gefallen fei; er habe aber das
heilige Blut getrunken, ohne Schaden git
nehmen. Er steht auf der Gestalt des
Ketzers Tankelin, die aus zwei Köpfen,
einem männlichen und einem weiblichen,
und aus einen: Oberleib besteht, der in
einen Drachenfchwanz ausläuft.

3. Die folgende Figur ist bisher un-
bekannt; es ist wohl ein Prämonstratenser,
der als Heiliger oder Seliger verehrt wird
mtb der ähnlich dem heiligen Antonius
auf den: linken Arme ein Kind (Christns-
kind?), in der Rechten aber eure nun
wnndene Lilie trägt. Links unten sieht
man zwei kleine Gestalten, eine stehende
weibliche, welche die Rechte gegen eine
scheinbar auf allen Vieren kriechende Kinder-
gestalt ausstreckt. Krankenheilung?

4. Der heilige Karl Borromäus
betet stehend vor einen: Cruzifir, das von
einem Engel auf den: Kopfe getragen wird;
ein Gegenstück des Engels trägt in der-
selben Weife eine brennende Kerze. Das
Birett des Heiligen zu feinen Füßen.

5. Die heilige Christina hat in
der Rechten die Märtyrerpalme, in der
Linken zwei Pfeile, während unten ein
Engel ein ganzes Bündel von solchen Oie-

schossen trägt und ein zweiter einen Lor-
beerkranz (Martyrerkrone) hält. Das Bild
wurde wohl angebracht wegen der nahen
Beziehung des Klosters zu der Pfarrkirche
in St. Christina, wo einstens das Haupt
dieser Heiligen nebst anderen Reliquien
von ihr anfbewahrt wurde. Als aber in:
Jahre 1613 der Herzog Wilheln: von
Bayern den Abt Jakobus III. (Mayer
von Hof bei Ebersberg 1599—1616) um
Reliquien bat, schickte letzterer neben an-
dern besonders das Haupt der heiligen
Christina, das bisher in der Pfarrkirche
zu St. Cbristina anfbewahrt wurde, und
zwar durch den Prior Bernhard. Znn:
Danke dafür erhielt das Kloster Weissenan
von dem Bayernherzog Ferdinand Maria
in: Jahre 1659 einen kostbaren violetten
Ornat (unter Abt Bartholomäus Eberlin,
1654—1681).')

6. Die heilige Katharina von
Alexandrien trägt in der Rechten das
Schwert, in der Linken die Palme und
hat zu ihren Füßen das zerbrochene Rad.

7. Der heilige Paulus der Ein-
siedler, der eigentliche Vater und Stifter
des Einsiedlerlebens, Eremit in der The-
bais, hält einen mächtigen Rosenkranz in
Händen und ist bloß allein mit einen:
kurzen Binsengewand angethan. Oben
bringt ein Rabe ihn: Brot. Er wurde
bekanntlich 115 Jahre alt und lebte bis
zu seinem 55. Jahre nur voi: der Frucht
einer Palme, später brachte ein Rabe ihn:
täglich ein halbes Brot. Als er gestorben
war, bestattete ihn der heilige Antonius,
der ihn kurz zuvor nach längerem Suchen
getroffen, und es gruben zwei Löwen das
Grab. Deshalb sieht man unten zur
Rechten des Heiligen einen Löwen in Bei-
sein des heiligen Antonius ein Grab
graben. Links unten ist die Hütte des
Heiligen aus Binsengeflecht, wobei inan
eine Kroi:e und ein Scepter sowie ein
Grabkrenz findet.

8. Der heilige Saturnin, Kriegs-
mann und Märtyrer, hält in der Rechten
eine Paln:e, in der Linken einen Speer; er
ist vollständig mit allerlei Kriegstrophäen
umgeben, welche je von einzelnen Engeln
getragen werden.

9. Der heilige 0) rego r der Große

9 John, hist 1. c. 114.
 
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