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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 18.1900

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Nr. 8
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Detzel, Heinrich: Ein Gang durch restaurirte Kirchen, [16]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15905#0078

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selben aber findet sich eine sehr figuren-
reiche und lebhafte Komposition: Christus
treibt Käufer mtb Verkäufer ans dem
Tempel. Es ist weniger die Würdigkeit
der Darstellung, welche diese Bildtafel
interessant macht, als die gewandte Archi-
tektnrmalerei int Hintergründe und die
ausgezeichnete Perspektive, welche uns hier
entgegentritt.

Die Kirche hat drei Altäre, die alle
der deutschen Renaissance entstauunen unb
wohl sämmtlich ans anderen Kirchen hie-
her versetzt worden sind. Der Hoch-
altar, der die Jahreszahl MDCCVJI,
also die der Erbauung der Kirche trägt,
hatte ursprünglich als Hanptdarstellung
in einem großen Oelgemälde die heilige
Fan'ilie. Das Bild aber ist so verdorben,
daß eine Restauration nicht ulehr vorge-
nommen werden konnte, es untre aber
werth, ivie die Bilder der Decke, copirt
und an seinen alten Ort gebracht zu werden.
Es läßt sich noch gut erkennen, daß das
Bild einstens sehr wirkungsvoll gewesen
sein muß, beim die Figuren sind alle voll
lieblicher Anmnth und ganz iut Geiste
der Deckenbilder gehalten. Im Jahre
1743 ivnrde an Stelle dieses Leinwand-
gemäldes eine altdeutsche Pieta in Plastik,
die wohl an einer Wand angebracht war,
in den Hochaltar versetzt und mit Engeln
ans der Zopfzeit umgeben, die Leidens-
werkzenge tragen. Diese Pieta stammt
noch ans der Frühgothik und ist die Ma-
donna in Gesicht und Gewandung sehr
edel gehalten; sie diente als Wallsahrts-
bild und wurde wohl eben deshalb in
den Hochaltar versetzt. Der Altar selbst
hat sonst kräftige, fast derbe Ornamente
und in der Predella die eigenthümliche
Darstellung der beiden Schächer, ans Holz
gemalt, aber o h n e Christus. Es ist
nemlich das Altarkrnzifir dazwischen zu
stellen. Die Säulen, welche eigentlich nur
die breite und starke Umrahmung des
Hanptbildes ansmachen, tragen unten je
in einem Schilde das Wappen vom Kloster
Roth, einen Fisch mit einem Ringe im
Alant und drei Lilien.

Der rechte Seitenaltar ist dem
hl. Joseph geweiht und hat in seinem
Altarblatte das Bild dieses Heiligen mit
dem Christnskinde auf dem Arme. Er
schaut, thronend ans einer Wolke und um-

geben von Engeln ans das Kloster Roth
hernieder, das mit der St. Johanneskirche
auf dem Gottesacker unten gemalt ist.
In der Mitte unten sieht inan die Erd-
kugel, um die zwei Engelknaben mit
ZimmerhandwerkSzeng beschäftigt sind, ver-
schiedene andere Zimmergerüthe liegen zer-
streut auf dem Boden herum. Dieser
Altar ist der schönste und besterhaltene
von allen; seine architektonischen Verhält-
nisse sind besonders gut und die Orna-
mentik fügt sich harmonisch und reich, aber
nicht überladen, der Architektur ein. Oben
über dem Hauptbilde ist in die ornamen-
talen Zwickel die Jahreszahl 1688 ein-
geschnitzt. Die Predella trägt die In-
schrift: »3. Josephe Jesu nutritie orbis
patrone sponse Mariae jube filium tuum
benedicere«. Das Antependinm, das
älter als der Altar ist, hat aus Holz ge-
malt die nicht ungewandte Darstellung
der Krönung Mariens und die Inschrift:
„Gott vnd seiner Hail: Mutter Maria
zu lob vnd Ehr: Hab ich Elias Christa
vo Blninenegg dise tafel alher male lasen.
1657." Ter obere Abschluß des Altares
zeigt das Bild des hl. Antonius mit dem
Christuskind gemalt.

Der linke S eiten altar ist der hei-
ligen Mutter Anna geweiht und stammt
wohl ans der gleichen Zeit wie der rechte.
Das Hanptlnld gibt eine technisch ge-
wandte Darstellung der heiligen Mutter
Anna mit Maria und mit Joachim im
Hintergründe. Rach Auffassung und Fär-
bung dieses Bildes haben wir hier den
gleichen, nicht unbedeutenden Meister vor
uns, der das Bild des hl. Joseph im
rechten Altäre gemalt hat. Den Abschluß
nach oben bildet eine Rische mit der
Skulptur von Gott Vater mit der Erd-
kugel. In die Predella ist ein Kästchen
aus der Zopfzeit gestellt, das unter Glas-
verschlnß eine äußerst gewandt geschnitzte
Immaculata ans derselben Zeit enthält
mtb darüber gleichfalls in Zopfumrahmung
und unter Glas die »Manns Attacta
Sanctae Matris Annae«.

Die einfache Kanzel stammt ebenfalls
ans der Renaissancezeit und hat in den
vier Rischen die vier Evangelisten aus
Holz gemalt und zwar in flotter mtb
guter Art; in gleicher Weise ist auch die
Rückwand bemalt und zwar mit der Dar-
 
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