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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 18.1900

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Nr. 8
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Oidtmann, Heinrich: Die Ausstattung einer Taufkapelle mit figürlicher Glasmalerei, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15905#0081

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74

int Dom zu Hildesheim, eilt wahres
Meisterwerk mittelalterlicher Erzgießknuft.
Knieende Figuren uoit lebendiger Bewegung,
die vier Ströme des Paradieses vorstellend,
stützen das Becken; über den Häuptern
derselben als Medailloits die vier Tugen-
den Prudentia, Justitia, Temperantia tutb
Fortitndo. Die Wand des Kessels, durch
dreigetheilte Bogeustellnugen in vier Felder
getrennt, ist durch sigureureiche Gruppen
belebt. Die Reliefs enthalten die heilige
Gottesmutter mit dem Kinde, verehrt von
den HH. Godehard und Epiphanins mit
dem Donator, den Durchgang der Israe-
liten dttrchs rothe Aceer, den Zug der
Inden durch den Jordan und die Danse
des Heilandes. Ans dem Deckel sind an-
gebracht die Bestätigung von Aarons
Priesterthnm, der bethlehemitische Kinder-
mord, Magdalena, die Füße des Herrn
mit ihren Haaren abtrocknend mtb die
Misericordia, während der Rand lateinische
Verse anfweist, welche ans die vierfache
Danse anspielen, Baptismus klurninis seu
aquae, Baptismus sanguinis, Baptismus
flatninis, Baptismus laboriosus. ')

Bei der heute wieder mehr in Auf-
nahme gelangten Anlage besonderer Danf-
kapellen mußte gleichzeitig der Gedanke
wach werden, in beit Fenstern dieser abge-
theilten Räume diesbezügliche Bilder an-
znbritlgen. Leider sind meiner gegenwär-
tigen Erinnerung nach zusammenhängende
Vorbilder ans dem Mittelalter nicht er-
halten geblieben. Und doch hätte gerade
hier der kühne Gedankenflng des christ-
lichen Künstlers befriedigende Entfaltung
finden können. Handelt es sich um die
Ausfüllung eines oder weniger Fenster,
so konnten außer der Danse des Heilandes
oder des hl. Ehristophorns, die göttlichen
Tugenden, die Gaben des hl. Geistes oder
die hl. Sakramente als passender Vor-
wurf dienen.

Schwieriger wurde die Lösung der Frage,
als der Linnicher Werkstätte die umfang-
reiche Ausgabe gestellt wurde, sechs zwei-
theilige Maßwerksenster der Danfkapelle
an der herrlichen Mariä-Empfängnißkirche
zu Düsseldorf, einem anerkannten stReister-

*) "Berqt. „Organ für christliche Kunst" 1862.
S. 2LO—284 und „Zeitschrift für christl. Kunst"
1900, Nr. 4.

werke des bewährten Baumeisters Ludwig
Becker in Mainz, A mit passenden Glas-
gemälden ztt versehen.

Der Gedanke, außer der Dause Christi
tut Jordan die Dausen oder Danfhand-
lnngen hervorragender Persönlichkeiten vor-
zntragen, wurde bald wieder fallen ge-
lassen; es wären in Betracht gekommen
die Danse des Kämmerers, Kaiser Kon-
stantins, des hl. Angustinns, König Ehlod-
wigs und vielleicht die Ertheilnng der
Danse durch den hl. Bonifatins, den
Apostel der Deutschen.

Ein zweiter Bilderkreis war folgender:
Vertreibung ans dem Paradiese, im Maß-
werk Immaculata, der Kindermord als
Bluttanfe, Johannes am Jordan: Ich
taufe mit Wasser n. s. in., die Danse
Christi, als Vegierdetanfe Nikodemus
oder Valentinianns II., endlich die Ans-
sendung der Apostel: Gehet hin, lehret
alle Völker und taufet sie im Namen des
Vaters, des Sohnes und des hl. Geistes.
Diese Ansstellnng theilte das Schicksal der
vorhergehenden.

Zur endgültigen Annahme gelangte ein
Vorschlag des hochw. P. St. Beißel, S. J.,
welcher sechs Hanptdarstellnngen bestimmte,
im übrigen dagegen es der Linnicher Werk-
ftätte überließ, neben der Erfindung dieser
Gruppen für das Maßwerk, für die Archi-
tektur und für die Gesammtanlage ent-
sprechende Ausstattung zu besorgen. Nun-
mehr entwickelte sich der Plan, der dann
auch zur Ausführung gelangte, zu einem
zufriedenstellenden Abschluß.

Zunächst bot, nebenbei bemerkt, eine
freie Wandnische Raum für Wandmalerei:
zwei Hirsche, einer ans der Duelle trinkend,
der andere eine Schlange im Munde hal-
tend, cervus aquas sumit frigidas vires-
que resumit.

Für die Fenster war der spätgothische
Stil gewählt. Dieser Umstand bot will-
kommene Gelegenheit, in den einsassenden
Architekturen reiche Abwechslung anzn-
bringen. Die architektonischen Umrahm-
ungen, untermischt mit pflanzlichem Ranken-
nnd Blattwerk, zeichnen sich trotz einheit-
licher Gesammtanordnnng sämmtlich durch
ihre Verschiedenheit in den einzelnen Dheilen * i

') Vergl. Beschreibung und Abbildungen in

i der „Zeitschrift für christliche Kunst" 1895. Nr. 8.
 
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