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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 19.1901

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Osterritter, Theodor: Der Fußbodenschmuck in der christlichen Kirche, [1]
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ab. Andere bedeutende uub größtentheils
im römischen Stil gehaltene altchristliche
Alosaikfußböden wurden in Cremona, Pe-
saro, Grado, Constantine, Orleansville und
Ancona gesunden.

War Nom bisher die Residenz und die
Zentrale der Kunst, so wurde dies nun
im 5. und Ü. Jahrhundert Ravenna, die
Residenz der Ostgothenkönige. Hier in Ra-
venna erlebte die altchristliche Kunst wie-
der eine neue Bllithe, speziell durch den
knnsiliebendeu k großen Theodorich, den
Dietrich von Bern der Sage. Auch hier
wurden' die Kirchen im Innern ans's
prächtigste geschmückt und der Fußboden
mit den edelsten Steinen und prächtigsten
Mosaiken geziert. Später, etwa mit die
Mittendes 6. Jahrhunderts, wird der Ein-
fluß des Byzantinismus in Ravenna un-
verkennbar sMosaikboden in S. Vitale).

In den nachfolgenden Jahrhunderten
verfiel die Kunst in Italien immer mehr
und mit ihr der künstlerische Fußboden-
schmnck, der nun im Allgemeinen plump
und barbarisch wird. Roch zu den besten
Mosaikfußböden des späteren byzantinischen
Stils gehört der ans dein IO. Jahrhun-
dert stammende Dheil des Mosaikfnschodens
in St. Marco zu Venedig, wo sich eine
eigene byzantinische Mosaistenschule gebildet
hatte, welche für die künstlerische Wieder-
belebung des Mosaiks thätig war.

II.

Mit Beginn des 7. Jahrhunderts kam
das Christenthum durch irische und später
durch angelsächsische Mönche in das Innere
Germaniens und an Stelle der alten
Heiligthümer und der gefällten heiligen
Bäume entstanden christliche Kirchen, zu-
nächst nur schmucklose, meist hölzerne
Bauten, einfache Bedürfnißbanten ohne
künstlerischen Werth. Reben der Kirche
wurde dann das Kloster errichtet, in wel-
chem die Ri buche deS hl. Benedikt, neben
ihrem Predigerberuf, sich auch, soweit es
ihre freie Zeit erlaubte, wissenschaftlichen
und künstlerischen Studien widmeten.

Anfänglich fehlten in der Ziegel die
Mittel und die Zeit zu künstlerischer Aus-
schmückung des Gotteshauses und erst
später, als die Verhältnisse geordnete und
die Mittel vorhanden waren, konnte man
daran gehen, das Aenßere und Innere des

Gotteshauses würdiger zu gestalten. Diese
ganze Kunst trug aber noch ein stark bar-
barisches Gepräge und erst als durch Karl
den Großen die römische Kunst Eingang
in deutschen Landen gefunden hatte, erstand
eine neue Kunstblüthe und zugleich eine
späte Rachblüthe der antiken Kunst in
Deutschland.

Von Fußbodenschmuck in Kirchen des
rechtsrheinischen Deutschlands in der Zeit
vor Karl dem Großen ist nichts bekannt
und wird man wohl annehmen dürfen,
daß in den Holzkirchen, welche die große
Mehrzahl der Kirchen der damaligen Zeit
bildeten, der Fußboden nur den noth-
wendigsten Bedürfnissen entsprechend aus-
gestattet war.

Durch Karl den Großen nahm die
Kirchenbaukunst in Deutschland einen
großen Aufschwung. Der bedeutendste
kirchliche Ban, den er errichten ließ, ist
die Palastkapelle zu Aachen, zu der San
Vitale in Ravenna das Vorbild gab. Zur
Ausschmückung dieser Kapelle ließ Karl
die Künstler und die verschiedenen Mar-
morsorten zu den Wand- und Bodenmo-
saiken aus Italien, jedenfalls aus Ravenna,
kommen. Der Fußboden der Palastkapelle
bestand wahrscheinlich aus Mosaikpflaster
byzantinischen Stils.

Aus der Vermischung der römischen mit
der germanischen Kunst ging eine neue
Kunst hervor, die romanische, welche sich
auf deutschem Boden am freiesten und
kräftigsten entwickelte. Der byzantinische
oder römische Mosaikbelag blieb jedoch in
den romanischen Kirchen noch lange als
Fußbodenschmuck in Anwendung, bis er
durch die einheimischen Thonfliesen all-
mählig ganz verdrängt wurde. In den
romanischen Kirchen sehen wir vielfach heute
noch, besonders am Rhein, Mosaiksuß-
böden oder wenigstens noch Spuren der-
selben. Meistens waren diese Mosaikböden
recht primitiver Natur, doch finden sich
auch, speziell wo römische Vorbilder, wie
z. B. am Rhein, zu derartigen Werken
anregten, bedeutendere Bodenmosaiken.
So haben sich auch die bedeutendsten Reste
von Bodenmosaiken in den Rheinlanden
erhalten, wie z. B. der große Mosaikfuß-
boden in der Krypta der Kirche St. Gereon
zu Köln mit Darstellung von Scenen ans
dem alten Testament und dem Thierkreise.
 
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