Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 19.1901

DOI Heft:
Nr. 4
DOI Artikel:
Dr. Albert Jele und die Tyroler Glasmalerei, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15906#0037

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
29

in Aachen, mehrere Kirchen in Prag, die
St. StanislauSkirche in Buffalo, die St.
Jakobskirche in Philadelphia, San Fran-
cesco in Bologna, den Vatikan in Rom,
die Pfarrkirche in Meran, die St. Petrus-
Kathedrale in London (Canada) und end-
lich 195 Fenster, wühl der größte Auf-
trag, der jemals irgend einem Institute
zu Theil wurde, für die Kathedrale iu
Hartford.

Die größten mtb schönsten Fenster lie-
ferte 5u Beginn der neunziger Jahre das
Institut für den Dom in Brünn, die
Paulskirche in Aachen, die Allhelgona-
lirche und den Dom. iu Lund, und die
große gothische Pfarrkirche zuVurgwaldnil,
während uoit amerikanischen Kirchen nur
die Ortsnamen Trenton, Henderson, Jer-
sey-City, New-Orleans, Natchez, Paterson,
Sacramento, Washington, Brooklyn, Lan-
caster, Rochestor, INanchester, Newport
anfgezählt sein mögen.

Ein schwerer Schlag traf das Institut
und feinen Leiter in Gestalt der Mac
Kinley-Bill, die einen Zoll von 45 Pro-
zent des Werthes der in die Vereinigten
Staaten eingeführten Glasnialereien ver-
fügte. Da war es natürlich nothwendig,
alle jene Vorkehrungen 511 treffen, um den
Export nach Amerika nicht ganz 51t ver-
lieren. Rasch entschlossen reiste Direktor
Jele 1892 nach New-Iork, machte auch
eine Rundschau durch die Vereinigten
Staaten und suchte sich über alle ein-
schlägigen Verhältnisse gn orientieren. Der
Erfolg war die Gründung einer eigenen
Filiale der Tyroler Glasmalerei in New-
Pork unter bem Titel: „Tirolese Art
Class Co.", wodurch der Verkehr mit
Amerika bis anf den heutigen Tag in
lebhaftester Weise ausrecht erhalten werden
konnte.

Kaum war Dr. Jele znrückgekehrt,
harrten seiner wieder große Aufgaben,
non denen ich nennen will 26 Fenster
byzantinischen Charakters für die rnthenische
Kathedrale in Lernberg, eine Kolossal-
rose für Trelleborg in Schweden, für ben
Dom in Prag und drei andere Kirchen
dortselbst, für die Marienkirche irr Rostock,
30 Fenster für die Ursulinenkirche in Lai-
bach, für die N ik 0 lanskirchein Stutt-
gart, das Rathhaus iu Hamburg, für
Remscheid, Krakau ri. s. w.

Or. Jele war eine unermüdliche Ar-
beitskraft, der keine Ruhe, keine Rast *
kannte. Stetes Arbeiten, stetes Studium
war seine Freude. In ben ErholnngS-
ftnnden widmete er sich seiner bedeutenden
Kunstsammlung, die besonders, was Ge-
rnälde, japanische Skulpturen, Miniaturen
anbetrifft, ganz hervorragende Stücke aufzu-
weisen hat. Bei seinen häufigen Reisen
in Oesterreich, nach dein Deutschen Reiche
und Italien brachte er die Abende, wenn
alle Sammlungen nnb Kirchen geschlossen,
noch bei den Antiquaren zu. Daß er als
feiner Kinistkenner galt, ist bekannt. Aber
ebenso kunstfreuudlich bewies er sich gegen
die Museen des Landes durch zahlreiche
Widmungen; das Jlmsbrucker Museum
ehrte ihn durch Ernennung 511111 Ehren-
mitglieds.

Es ist bereits oben erwähnt, daß
Or. Jele das Ritterkreuz des Franz
Joseph-Ordens besaß; anläßlich des
25jährigen- Jubiläums der Anstalt erhielt
er vom Kaiser die höchste Auszeichnung:
die große Medaille für Kunst und Wissen-
schaft nnb 1892 den Titel eines kaiserl.
Rathes. Der Papst verlieh ihm das
Ritterkreuz des Gregor-Ordens, wofür
ihm Or. Jele, der am 17. April 1890
in Privataudienz empfangen wurde, seinen
ehrfurchtsvollen Dank aussprach.

Im Jahre 1898 zog sich Or. Jele
von der Leitung der Anstalt zurück, um
wieder ganz seinen Lieblingsstildien zu
leben. Zahlreiche Aussätze bekundeten
wieder seinen eisernen Fleiß. Außerdem
arbeitete er an der Neuherausgabe des
Tyroler Künstlerlexikons.

Doch ein langes otium cum digni-
tate sollte ihm nicht beschieden sein; seine
Nerven waren stark abgespannt und er
besaß nicht mehr die Kraft, eine Lungen-
und Rippenfellentzündung, die ihn für
mehrere Wochen auf das Krankenlager
warf, zu überwinden. Am Morgen des

13. Oktober 1900 hauchte er seine Seele
aus. Have pia anima!

Or. Jele hat einem seiner Freunde
einmal ein Nachwort geschrieben, das mit
folgenden Worten schloß:

„Man soll naH Gute werben, als
gälte es nie zu sterben,

Um es milde hinzugeben, als bliebe
man nicht Wochen leben."
 
Annotationen