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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 19.1901

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Nr. 11
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Detzel, Heinrich: Ein Gang durch restaurirte Kirchen, [19]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15906#0093

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an ihren Attributen die Apostel Bartholo-
mäus, Simon lind Matthäus.

Fremdartig und nicht so leicht erkennbar
ist die au die Apostel sich anschließende
nächste Gruppe links; die mittlere Gestalt
scheint mir König David 31t sein, der eine
Krone uitb in der Linken ein Szepter
trägt, hu linken Arm hält er eine offene,
große Papierrolle, auf welcher man in
ganz kleiner Darstellung die heilige Jnng-
srau niit dem Kinde sieht; neben ihm eine
weibliche Figur, gleichfalls mit einer Krone,
die niit der Hand einen Mann begrüßt,
der wieder Krone und Hermelin trägt;
rechts hu Hintergründe sieht man einen
Greis mit einer Schäferschüppe uitb bei
ihm den jüdischen Hohenpriester, wohl
Joachim, andeutend, daß sein Opfer zn-
rückgewiesen nuirde. Auch das Gegenstück
voll dieser Gruppe ist nicht sicher erkennt-
lich ; ich sehe in diesen ehrwiirdigeu Greisen
niit ihren nlächtigen Büchern die Anacho-
reteu, voran Antonius und Paulus, die
Väter der Einsiedler in der Wüste Thebais
in Aegypten. In beit beiden letzten Ab-
teilungen sehen wir Ordensstifter und
-S t i s t e r i n n e n; auf der rechten Seite in
der Mitte die imponirende Gestalt des hl.
Benedikt, zu seinen Seiten die Heiligen
Bernhard, Antonius von Padua, Franzis-
kus, dann rechts von ihm Norbert und
Franziskus von Paula; aus der linken
Seite in der Mitte steht die hl. Scholastika
mit Stab und Taube; außerdem sind hier
noch an ihren Attributen erkenntlich die
Heiligen Walburga, Theresia und Katha-
rina von Siena. Alle diese vielen Ge-
stalten sind trefflich gruppirt uitb nehmen
so zu sagen den lebhaftesten Antheil an
dem über ihren Häuptern sich vollziehenden
Triumphe der Kirche.

Die beiden Seitenschiffe habeil je
sechs Darstellungen aus dem Leben der
hl. Jungfrau und des hl. Joseph. Aul
Plafond des linken Seitenschiffes sehen wir
zuerst den „Tempelgang Mariens", dann
folgen „Mariä Verkündigung", „Mariä
Heimsuchung", Christus erscheint nach seiner
Auferstehung seiner heiligeil Mutter, „Tod
Mariens", eine vorzügliche Komposition,
zuletzt „Mariä Himmelfahrt". Das rechte
Seiteuschisf beginnt vlit der „Veriuähluug
des hl. Joseph mit Maria", dann folgt
die Erscheinung des Engels beim hl. Joseph

(Matth. 1, 20). Prächtig naiv ist die Dar-
stellung des hl. Joseph bei der Arbeit,
wie ihn hier der Jesuskuabe ziun „Vespern"
eiuladet. Das folgende Bild zeigt, wie
der Engel wieder dem hl. Joseph erscheint
uitb ihn zur Flucht nach Aegypten mahnt;
dann folgt der „Tod des hl. Joseph"
und zuletzt seine Anfnahine in den Himmel.

Es erübrigt uns jetzt nur noch eine
Frage, nämlich die nach dem M ei st er
dieser Fresken. Wer war wohl dieser
Meister? Ein Monogramnt war nicht
zil finden und konnte auch bisher nichts
der Pfarrchronik oder sonstigen Akten ent-
nommen werden, was auf Zeit und Maler
dieser Fresken führen könnte. Eine mtiud-
liche Tradition berichtet, wie Hr. Maler
Roth uns sagt, daß die Fresken der
Pfarrkirche zu W 0 l f e g g von dem italie-
nischen Ataler Ami c 0 ni herstanlinen und
daß dieser Künstler auch in Kißlegg ge-
inalt haben soll. Allerdings hat in Kiß-
legg derselbe Künstler gemalt, ivie in
Wolfegg, allein das war nicht Amiconi.

Jacopo Amiconi, auch Ainigoni
geschrieben, wäre nach Müllers Künstler-
lexikon 1675. zu Venedig geboren, er-
lernte die Malerei in Venedig, bildete
sich aber erst in Flandern weiter ails und
trat dann einige Jahre in die Dienste
des Churfürsteu Mar Entanuel von Bayern,
um das ueuerbaute Schloß zu Schleiß-
hehn mit Fresken zu schmücken, begab sich
daraus nach London, von da nach Paris.
Im Jahre 1747 als Hofmaler nach
Madrid berufen, starb er daselbst 1752.
Lassen es schon diese Lebensumstände und
Angaben über Zeit und Ort seines Schaffens
als ungewiß erscheinen, daß dieser italie-
nische Meister in Kißlegg gearbeitet habe,
so führt ein Vergleich seiner Fresken mit
denen in Kißlegg zur Gewißheit, daß er
nicht der Schöpfer der dortigen Bilder
ist. Amiconi malte nemlich auch in
Ottobeuren.') Er kaut dahin ails
München im September 1725, woselbst
Abt Rupert II. einen Accord abschloß,
betreffend die Ausmalilng der Abteikapelle
in Fresko, den Vorplatz mit 4 Feldern
in Oelsarben und die Benediktnskapelle
in Fresko. Am 26. Mai >729 sei er

h P. Magnus Bernhard O. S. B., Be-
schreibung des Klosters und der Kirche zu Otto-
beuren. 2. 2tuft. Ottobeuren 1883. S. 93 f.
 
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