Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 20.1902

DOI Heft:
Nr. 7
DOI Artikel:
Schermann, Theodor: Darstellungen und Symbole der Evangelisten in altchristlicher Zeit
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15935#0084

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
74 —

Frankreichs, I. V. de Rosst und Edm.
le Blank, verdanken. In dem von ihm
gegründeten. Bulletino !) veröffentlichte de
Rosst eine Sarkophagdarstellung von Spo-
leto, welche dem 4. Jahrhundert angehört
und den Charakter des Uebelgangs aus
der symbolischen zur historischen Darstel-
lung an sich trägt. Das Fragment stellt
die Kirche in dem bekannten Bilde einer
vom Sturme getriebenen Barke dar. Am
Steuer sitzt Christus. Die Ruder werden
von drei bartlosen Männern (einer ist ab-
gebrochen) bedient, welche ebenso wie der
Steuermann durch die Namen Jesus,
Markus, Lukas und Johannes kenntlich
gemacht sind. Die beiden andern späteren
Sarkophagdarstellungen berühren sich mit
dieser ersten in Komposition des Bildes.
Um den Erlöser gruppiren sich die Apostel
und Evangelisten, welch' letztere zum Theil
bartlos auf dem einen Bild ein aufge-
schlagenes Buch in der Hand, in welchem
die Namensunterschrift angebracht ist, oder
auf dem andern eine Nolle zu ihren Füßen
haben2).

Während noch ein Freskogemälde eines
an das Cömeteriunr der hl. Soteris an-
grenzenden Kubiknlums aus beut 4. Jahr-
hundert an diese einfache Darstellung, in
welcher die Evangelisten um den Herrn
sitzen oder stehen3), erinnert, treten mit
der Folgezeit, in welcher allmählig in den
Basiliken der Schönheit des Gottesdienstes
Rechnung getragen wurde, auch reichlichere
Darstellungen der Evangelisten in histo-
rischen oder symbolischen Auffassungen her-
vor. Unter den Dekorationsntitteln ivurden
Mosaikdarstellungen am häufigsten, welche
int 4. Jahrhundert ihre Ausbildung nicht
zum wenigsten dem kaiserlichen Mücen
Konstantin und seinen Töchtern verdankten,
während int 5. Jahrhundert die Geschichte
der Mosaiken mit dem Namen des Theo-
dosins, insbesondere aber dessen Tochter,
Galla Placidia, der. Reichsverweserin des
Abendlandes (425 bis 445), verwebt ist.

Die Mosaiken, welche in den herr-
lichen Kirchen Ronts und Ravennas

Bulletino di arclieol. 1871, 120 f. Gar-
rucci, Storia delP arte cristiana tav. 396.

2) Le Blant, sarcoph. d’Arles 7 f. * inscript.
ehret, de la Gaute n. G24; Garrucci tav. 343
U. 330.

s) Garrucci tav. 17, 2.

; durch die Kunstliebe ihrer Herrscher erhalten
sind, bieten uns zugleich die Symbole der
Evangelisten. Die eigentlichen symboli-
schen Darstellungen knüpfen sich an zwei
alttestamentliche Vorbilder und eine neu-
testamentliche Schriftstelle.

Der erste Typus ist in der christlichen
Syntbolik ntehreren vierzähligen Gedanken-
einheiten gemeinsam. Die vier Para-
diese s ströme sinnbilden in der christ-
lichen Ikonographie bald die vier großen
Propheten, bald die vier Evangelisten,
bald die vier großen abendländischen
Kirchenväter, bald die vier ersten Kon-
zilien. Nicht selten wird aber auch von
den Vätern Christus mit dem Felsen
verglichen, aus dem durch Moses Be-
rührtmg mit dem Stabe Wasser floß,
damit das ganze auserwählte Volk sich
erquicke. Dieser doppelte Gedanke ist
in dent Bilde vereinigt, in welchem sich
die Evangelistett als Lämnter einem
Felsen nähern, aus dent vier Quellen
entspringen. Das zeigt die Grabkirche
der Töchter Konstantins, Konstantia und
Helena, deren Kuppelmosaik, das erste
monumentale Mosaikwerk, von Garrucci
in einer Zeichnung im Escurial, der großen
berühmten spanischen Bibliothek, gefunden
wurde I. In der Zeichnnng, welche das
Muster für viele ähnliche Nischmosaikdar-
stellungen war, steht der Herr zwischen
den Apostelfürsten, den Städten Bethlehem
und Jerusalent als Repräsentanten der
Juden und Heidenwelt, zwischen zwei
Palmen ans einem Berge, dem vier Ströme
als die Symbole der Evangelisten ent-
quellen.

Das gleiche Schicksal, daß Mosaiken nur
durch Zeichnnng erhalten blieben, erlebten
die erst int 16.Jahrhundert unterMangenen
der Apsis der alten Peterskirche, deren
Entstehung ivohl auf das 4. Jahrhundert
in ihren Grundzügen zurückznführen sind,
vielleicht auf eine Anordnitng Konstantins.
In der Hauptdarstellung stand das Lanrm
Gottes auf dem mystischen Berge, woraus
wieder vier Flüsse entsprangen2). Daß
diese Darstellung hättfig war, zeigen zwei
attdere römische Apsidenntosaiken des
5. Jahrhunderts, die von S. Agatha und

*) Garrucci tav. 204.
-) Beissel 130.
 
Annotationen