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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 20.1902

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Nr. 11
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Damrich, Johannes: Die Augsburger Buchmalerei im Zeitalter der Hohenstaufen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15935#0133

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119

22. Mariä Tod.

23. M ariäBegräbniß; vier Apostel I
tragen die Bahre, andere Kreuz und Leuch-
ter K.

24. Miesse eines Priesters, der
eben die Wandlung feiert. Aus der Hostie
in den Händen des Priesters fliegt eine
Kindergestalt in die Hände eines Engels (?),
der sich von oben herabneigt. Hinter dem
Priester ein betendes Ehepaar; ein Sakri-
stail zieht die Wandlungsglocke. (Vielleicht
soll die Erlösung einer Seele aus dein
Reinigungsort durch die Kraft der heiligen
Messe geschildert werden.)

25. Christus, jugendlich, kurzbärtig,
mit Kreuznimbus hält sitzend ein großes
Tuch vor sich auf dein Schoß, worin sieben
gekrönte jugendliche Köpfe sich zeigen. Von
beiden Seiten neigt sich eine Blumenranke
herein — die Palme des Friedens; eines
der gerade in dieser Zeit so beliebten
Paradiesbilder.

26. S t. M i ch a e l, den Drachen tödtend.

27. Michael als Seelenwäger
hält eine große Waage. In der einen
Schaale sitzt eine Seele, bei ihr ein paar
kleine, runde Scheibchen <Hostien? Die
für den Verstorbenen dargebrachten Meß-
opfer?), in der anderen ist ein Etwas
(natürlich die Sünden), hoch aufgeschichtet.
Diese Schaale steigt in die Höhe, trotzdem
zwei komisch-häßliche Teufelchen, das Eine

. sich an diese Schaale hängt, das Andere
den Waagbalken hinabzudrücken sucht. ')

28. Enthauptung des hl. Zo-
ll mute s.

29. Zwei gekrönte Frau enge-
st alten, eine Palme in der einen, ein
Buch in der andern Hand, vielleicht Sankt
Afra und Hilaria.

30. Zwei Männer im Ordens-
gewand von der Form des Franziskaner-
ordenshabits (aber von grauer Farbe),
der Eine zeigt die fünf Wundmale —
Franziskus, der Andere ist vielleicht An-
tonius v. P.

Die Bilder sind durchaus nicht gleich-
werthig, aber doch wohl von Einer Hand.
Anr besten sind wohl die Deckelbilder,
unter den übrigen zeichnen sich Nr. 24 bis
28 aus.

') Siehe hiezu die Erzählung des Jacobus
a voragine in bev legencla St. Laürentii.

Die Technik ist überall dieselbe: eine
kräftige Deckmalerei auf Goldgrund, der
in den Nimben re. vielfach patronirt ist.
Die Zeichnung tritt in kräftigen schwarzen
Konturen sehr deutlich hervor — ein Cha-
rakteristikum, das nur bei allen Augs-
burger Arbeiten dieser Zeit finden werden.

Auch Weiß findet vielseitige Verwen-
dung zur Anbringung von Gewandmustern
(des so häufigen Dreipunktes), freilich ohne
jede Rücksichtnahme auf die Tuchfalten,
und besonders zur Aufhöhnng der Lichter,
zumal an den Gewändern. Die eigen-
artige Schraffirnng mit Deckweiß, die in
allen Miniaturen des Codex durchgeführt
ist, ist ein Anzeichen dafür, daß wir es
wohl bei Allen mit ein und demselben
Meister zu thun haben.

Auf die mehrfach hervortretenden ikono-
graphischen Eigenheiten haben wir bereits
aufmerksam gemacht. Die Zeichnung weift
im Allgemeinen keine groben Unrichtig-
keiten, wohl aber oft große Oberflächlichkeit
und Flauheit auf. Die Bewegungen sind
theils, namentlich in den ersten Bildern,
sehr steif, theils aber auch sehr gut beob-
achtet, s. z. B. den Drachentödter Sankt
Michael und denselben als Seelenwäger.
Ein Gesichtsausdrnck ist kaum irgendwo
angedeutet, so ist der Ausdruck Christi in
den Passionsscenen immer ein ganz gleich-
müthiger. Die geschlitzten Augen machen
einen unangenehmen archaistischen Ein-
druck. Ebenso wirkt es höchst seltsam,
daß die Gestalten keinen festen Boden unter
den Füßen haben, sondern, ohne irgendwo
auszutreten, in ihrem Goldgrund mehr
hängen.

Ganz unerquicklich ist, abgesehen von
dcn Deckelbildern, die Färbung. Die
entweder kraftlos-schinnneligen, oder bäue-
risch-grellen, ohne jeden koloristischen Sinn
nebeneinander gestellten Farben beleidigen
geradezu das Auge.

Der ganze Charakter dieser Miniaturen
läßt vermuthen, daß unser Bnchmaler
wahrscheinlich zwei ältere Vorlagen vor
Augen hatte, die er zwar nicht mit be-
sonderer Sorgfalt und Genauigkeit kopirte,
über deren archaische Mängel er aber doch,
weil persönlich künstlerisch zu unselbstän-
dig, nicht hinwegzukommen vermochte.

Die Initialen sind höchst unbedeutend.
 
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