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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 22.1904

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Nr. 1
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Reiter, Joseph: Das Kirchlein zu Kentheim im Oberamt Calw, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15937#0018

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6

Figur, welche ebenfalls ein Buch trägt.
Legende oben: daz ist .... Was — fragen
wir, und die Antwort heißt: Ignoramus.

In der Mitte des mit sechsstrahligen
Sternen (sechsstrahlig — das Ganze der
geschaffenen Welt) geschmückten Tonnen-
gewölbes gewahren wir Christus als Wel-
tenrichter, thronend auf 2 Regenbogen
(Ezechiel l, 28; Geh. Offenbarung 4, 3).
Hinter seinem Nacken 2 Schwerter, von
welchen das Schwert gegen die Rechte
etwas kürzer ist als gegen die Linke. „Es
wäre möglich, daß ursprünglich ein Lilien-
stengel nach der Rechten des Herrn ans-
ging, wie sonst bei bem thronenden Christus,
so z. B. auf einem Wandgemälde, das
früher in der Kapelle zu Würzbach un-
weit Kentheim war und in einer Photo-
graphie erhalten ist. Ans dem Lilienstengel
könnte bei der Uebermalung ein Schwert
geworden sein." Das ganze Bild wird
von einem großen Medaillon umrahmt.
Auf den 4 Ecken des Gewölbes befinden
sich in kleinen Medaillons die Symbole
der 4 Evangelisten, je mit Spruchband,
aber ohne Schrift.

So viel über die Malerei in dem Kirch-
lein! Anzufügen haben nur noch, daß
dasselbe früher auch außen bemalt war
und zwar mit Gemälden, welche gleich
den Bildern im Chorquadrat aus späterer
Zeit stammen sollen. (Die vielfach über-
malten Bilder im Tonnengewölbe gelten
als älter.) An der Nordseite in der Nähe
der Sakristei schiminert noch das Bild des
Gekreuzigten mit 4 Heiligenbildern durch,
ans der Südseite vermeint man beim west-
lichen Rnndbogenfensterchen noch eine Hand
zu sehen, welche etwas von einem Teppich
zu halten scheint.

Die tonnengewölbte Sakristei, an deren
Enden außen 2 romanische Fratzentopfe
hervorragen, hat kleine rechteckige Fenster
und birgt einen kleinen steinernen Altar-
tisch. Den viereckigen Wandtabernakel, von
welchem in den Büchern die Rede ist,
haben wir nicht entdecken können, es
müßte denn nur sein, daß die tiefe Nische
daselbst, welche nach unserem Dafürhalten
zur Aufbewahrung gewöhnlicher Utensilien
dienen sollte (auch die Kapelle in Londorf
hat eine solche Nische), als Wandtaber-
uakel angesehen worden ist oder anzusehen
wäre.

Wir sind es gewohnt, bei Kirchen, welche
ein hohes Alter aufweisen, namentlich auch
auf die Fenster zu schauen und uns dar-
über zu vergewissern, wie die Nordseite
mit Fenstern versehen sei. Schon oft haben
wir beobachten können, wie auf der Nord-
seite auch da, wo sie Platz hätten, nur
wenige Fenster sich finden, und wie sie
öfters kleiner sind, als die ihnen ent-
sprechenden Fenster ans der Südseite. Diese
eigentümliche Erscheinung dürfte in man-
chen Fällen ans symbolische Gründe zu-
rückzuführen sein und den Norden als die
Seite bezeichnen, ivo Lichtmangel ist, wo
Finsternis herrscht. Vielleicht haben aber
auch noch — da und dort wenigstens —
praktische Gründe dazu geführt, an der
nördlichen Seite weniger Fenster anzu-
bringen, indem man z. B.von der Erwägung
ausging, daß eS für die Beleuchtung der
Bilder vorteilhafter sei, wenn daS Licht
ntehr nur von einer Seite in die heiligen
Räume flute. — Bei unserem Kirchlein
sehen wir auf der Nordseite zivei recht-
winkelige Fenster, dagegen auf der Süd-
seite ganz nahe am Dach fünf rundbogige
(innen erscheinen zwei als geradlinig),
was mit unseren Beobachtungen überein-
stimmen würde. Doch muß der Vollstän-
digkeit halber noch hervorgehoben werden,
daß früher auf der Nordseite auch zwei
romanische Fenster angebracht waren, welche
von Maler Haag anfgedeckt wurden. Die
romanische Malerei paßte sich den Fenstern
an; als aber die gotische (Ulmer Schule?)
ansgeführt werden sollte, mauerte man
die Fensteröffnungen zu und benützte die
also gewonnene Fläche als Malgrund.

Erwähnung verdienen noch einige Steine
außerhalb des Kirchleins, so der in die
Kirchhofmauer eingelassene Altarstein und
zivei Weihwassersteine am südlichen Ein-
gang, von welchen einer früher an einem
Nebenaltar befestigt gewesen zu sein scheint.
Besonders interessant sind die an der Süd-
wand lehnenden sechs alten Grabsteine, ans
welchen teilweise Kreuz und Pflugschar
oder Spaten angebracht sind. Wir haben
die Pflugschar schon öfters auf alten
Grabsteinen gesehen, so auch auf solchen
im Chor der Londorfer Kapelle, ivo man
auf einem Stein noch ein Rad (Rad sonst
Wappen der Ritter von Erolzheim) finden
. kann. Was Kreuz und Pflugschar auf Grab-
 
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