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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 1
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Schermann, Theodor: Ein Katakombenbesuch zur Weihnachtszeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0011

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armen Katakombe von S. Sebastiauo
ans dem vierte» Jahrhundert hat uns
ein Krippenbild aufbewahrt, während das-
selbe in Skulptur und Plastik alsbald Ein-
gang fand, insbesondere auf Sarkophagen
beliebt war. Das Christkind liegt in einer
Krippe, welche Ochs und Esel umstehen.
Krippendarstellungen waren schon längst
ein Bestandteil christlicher Verehrung und
Ausschmückung zur Weihnachtszeit, bevor
der hl. Franziskus, welchem ja die Er-
findung dieses religiösen Gegenstandes zn-
geschrieben wird, zu ihrer Verbreitung
und Pflege beitrug. Ja wir dürfen deren
Aufkommen wohl schon in das zweite oder
dritte Jahrhundert versetzen. Die Gnostiker,
welche die christliche Religion und Liturgie
mit orientalisch - heidnischen Elementen
durchsetzten, hatten nach dem Zeugnis des
Epiphanias von Kypros eine ähnliche Ein-
richtung wie unfere Krippendarstellungen.
Schälen wir von ihrem Ritus das heid-
nische ab, so mag ungefähr folgende Be-
schreibung der Verehrung der Krippe im
Christentum des dritten Jahrhunderts zn-
treffen. Vor Epiphanie — denn damals
war das Weihnachtsfest noch nicht davon
getrennt — durchwachte man die ganze
Nacht; mit dem Hahnenschrei ging man
mit Fackeln in ein unterirdisches Heilig-
tum, wo man ein hölzernes geschnitztes
Christkind, welches nackt in einer Krippe
lag, heranftrug. Dasselbe trug ein gol-
denes Kreuzzeichen an der Stirne. Dann
ward das Christkind in Prozession hernm-
getragen und wieder an den unterirdischen
Ort zurück zum Zeichen, das; die Jung-
frau Christus heute geboren. Aus dem
Anfänge des fünften Jahrhunderts ist
noch eine Predigt unter dem Namen des
Gregorios Tanmaturgos in armenischer
Uebersetzung erhalte», in welcher der Ver-
fasser vor einer bühnenartig aufgebauten
Krippe mit den Personen der hl. Nacht
die Worte spricht: „Mein Auge ruht ja
auf dem Zimmermann und der Krippe,
den; Kuüblein und der jungfräulichen
Mutter". Von; sechsten Jahrhundert bis
in die Neuzeit feierte der Papst die nächt-
liche Messe in einer Kapelle der Kirche
Santa Maria Maggiore vor der Krippe
sack peaesepe), mag darunter eine Krippen-
darstellung oder die letzten Ueberreste der
Krippe des Christkindes selbst verstanden

werden. Dieser Umstand trug viel zur
Ausgestaltung der Krippen bei. Gregor I V.
(827—843) hat nach dem Vorbild dieser
Kapelle in der Marienkirche von Traste-
ve>e „eine Geschichte der Jungfrau", eine
Krippe mit allerlei Bildern und Scenen
darstellen lassen. Es mögen hier die
Worte des um die Geschichte des Weih-
nachtsfestes verdienten Bonner Philo-
logen Hermann Useners in seinem „Das
Weihnachtsfest(l889)" betitelten, abernicht
in alliveg unbeanstandeten Buches Erwäh-
nung finden: „Die Krippe des Evange-
liums ist die Wiege aller Poesie gewor-
den, womit Glaube, Kunst und Dichtung
im Wettstreit die hl. Nacht verklärt haben".

Mit dem Krippenbild ist heute untrenn-
bar verbunden die D a r st e l l u n g v o n
Ochs und Esel. Diese zwei Tiergestal-
ten verdanken ihre Einführung eine»;
fälschlicherweise bem Apostel Matthäus
(c. 14) zugeschriebenen, aber später ab-
gefaßten Evangelium. Das Alte Testa-
ment bot hiezu die Handhabe; denn der
Prophet Jsaias spricht (1, 3) von den;
Ochs, der seinen Besitzer kennt, und den;
Esel, welcher die Krippe seines Herrn
weiß, und Habakuk (3, 2) weissagte: „in-
mitten zweier Tiere wirst du erkannt
werden". Ueberhanpt hat die poetische
Ausgestaltung des Lebens, insbesondere
der Kindheit Jesu, in apokrpp Heu
Berichten an; Ansgange der altchrist-
lichen Zeit, inanche Winke und Ausbeute
dargeboten für die christliche Kunst und
Poesie. Die minnereichen religiösen
Dichter, eine Hrotsvitha, ein Werner von
Tegernsee, das alte Passional, Philipp
des Kartäusers Marienleben, Konrads
von Fussesbrnnn Gedicht von der Kind-
heit Jesu, die niederdeutschen Marien-
lieder gehen alle ans lateinische Neber-
arbeitnngen dieser Evangelien zurück.
Während das Evangelium Nikodemi die
Leidensgeschichte Jesu behandelt, schildern
in lebhaften Farben das Protoevangelinn;
Jakobi, das Psendo-Matthäi-Evangelium,
das Evangelinu; cke nativitatc Mariä,
das Evangelinu; Thomä das Leben der
hl. Jungfrau und die Kindheit Christi.
Auch die Künstler nützten diese Schilde-
rungen, wie sie die Apokryphen boten,
reichlich ans. Abgesehen von der soeben
erwähnten Darstellung von Ochs und Esel
 
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