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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 3
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Drexler, ...: Katakombenmalerei und moderne Sepulkralkunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0041

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32

gang au bcr bargestellten Handlung ans-
gedrückt werden soll. Die von ihnen ge-
richtete (weibliche) Verstorbene ist an der
Nischenhinterwand nur in schwachen Um-
rissen weiß auf schwarzem Grunde in
Orantenhaltung entworfen. Rechts und
links von ihr stehen als himmlische Patrone
wiederum die Apostel Petrus und Paulus.

Das wichtigste und auch künstlerisch
interessanteste „Gerichtsbild" befindet sich
an der Decke einer Kammer der Kata-
kombe della Nunziatella aus der zweiten
Hälfte des dritten Jahrhunderts. Das
Gemälde ist konzentrisch angelegt und füllt
die ganze Decke ans. Die Mitte nimmt
Christus ein. Er sitzt ans der gewöhn-
lichen Kathedra. In der Linken hält er
eine mit unleserlichen Zeichen beschriebene
Rolle, die Rechte (jetzt zerstört) war zum
Redegestus erhoben. Das Mittelbild um-
geben zwei konzentrische Kreise, zwischen
denen ein Kranz von Olivenblättern ge-
malt ist. Dann folgt wiederum ein Kreis
von Bildern, und zwar stehen rechtwinklig
von den vier Wänden der Kammer vier
Heilige als Uatrorii, von rechteckigen
Borten umrahmt. Zwei von ihnen reden,
zwei hören aufmerksam zu. Je zwischen
zwei Heiligen, in der Diagonale der
Decke, befinden sich vier Verstorbene, zwei
Männer und zwei Frauen, in betender
Haltung, je zwischen zwei Schafen dar-
gestellt. Die vier Ecken der Decke ent-
halten fliegende Tauben, welche einen
Oelzweig in den Krallen tragen. So hat
es der Künstler verstanden, dem Decken-
bild nicht bloß eine ästhetisch schöne An-
ordnung zu geben, sondern auch zeitlich
aufeinanderfolgende Handlungen zu einer
einheitlichen Komposition zusammenzn-
fassen: „Christus verkündet als Richter
das Urteil; die Heiligen halten als Ad-
vokaten zu Gunsten der Verstorbenen,
ihrer Klienten, die Verteidigungsrede, aber
nicht alle, sondern nur zwei, denn die
beiden anderen hören ans die Einwen-
dungen des Richters; die Verstorbenen
sind bereits gerichtet und befinden sich
schon in der Seligkeit, wo sie für ihre
Hinterbliebenen beten" (Wilpert S. 405).
Die Schafe zu beiden Seiten der Oranten
erinnern nämlich an Matth. 25, 33.
Beim Gerichte unter den Schafen stehen
heißt unter den Auserwählten sein. Die-

selbe Bedeutung haben auch die Tauben
mit dem Oelzweig.

Inhaltlich verwandt mit der Gruppe
der Advocati beim Gerichte sind die Dar-
stellungen, welche die Bitte ansdrücken
oder vielmehr sie proleptisch schon als er-
füllt vergegenwärtigen, daß die Heiligen
die abgeschiedenen Seligen in Empfang
nehmeit nlib in das himmlische
R e i ch ein führen möchten. Bald
strecken die Schutzheiligen ihren „Alumnen"
die Hände zum Willkomm entgegen, bald
stützen sie ihnen die zum Gebet ansge-
breiteten Hände, wie einst Aaron und
Hur dem Moses die Arnie gehalten haben.
Von den zehn Gemälden, welche Wilpert
dieser Gattung beizählt, sei eines hervor-
gehoben, das sich in der Katakombe der
hl. Domitilla (ans der Mitte des vierten
Jahrhunderts) befindet. Die jugendliche
Verstorbene, nach der Inschrift neben
ihrem Haupte Veneranda genannt, ist als
Orans dargestellt. Neben ihr steht die
Märtyrin Petronilla und berührt sie an
der Schulter. Rechts von ihr steht am
Boden eine mit Schriftrollen gefüllte
Kapsel, darüber schwebt in der Höhe ein
aufgeschlagenes Buch. Beide bedeuten die
heiligen Schriften, in denen die christlichen
Glaubenswahrheiten, die Regeln für das
Leben, niedergelegt sind.

3. Die Fürbitte der Seligen für
die Hinterbliebenen.

Die Tatsache, daß die Seligen, be-
sonders die in der Gnade dahingeschiedenen
nächststehenden Angehörigen, schon in
ältester Zeit um ihre Fürsprache bei Gott
angernfen wurden, steht unangreifbar fest.
So viele und unzweideutige Inschriften
geben davon Zeugnis, daß diese Gepflogen-
heit als eine unter den römischen Christen
allgemein verbreitete angesehen werden
muß. Was diese Inschriften in bittender
Form, wie: „Bitte für uns, daß wir
selig werden" oder „Sei unser Für-
sprecher" ii. dergl. verlangen, das stellen
noch zahlreichere Wandbilder als eben ge-
schehend dar.

Solche Darstellungen von Se-
ligen, welche für die Hinter-
bliebenen beten, damit auch diese
das gleiche Ziel erreichen, haben wir nach
Wilpert in den mit verschwenderischer
 
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