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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 3
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Drexler, ...: Katakombenmalerei und moderne Sepulkralkunst, [2]
DOI Artikel:
Detzel, Heinrich: Maria im Aehrenkleide, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0043
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— 34 —

sie, damit sie das gleiche Ziel erreichen"
(Wilpert S. 409). — Fürwahr, die
Christen der Urkirche verstanden es, die
Stätten des Todes in Rüstkammern himm-
lischen Trostes nnd in Wohnungen stillen
Friedens zu verwandeln, deren Besuch
nicht lähmende Schwermut weckte, sondern
den Glauben und die Hoffnung belebte
und der Liebe immer neue Nahrung bot!
— Werfen wir nun

einen Blick ans unsere heutigen
christlichen Friedhöfe!

Welchen Gehalt an christlichen Trost-
gedanken haben unsere modernen Grab-
monumente aufzuweisen? Wenn das Neu-
heidentum unserer fashiouablen Welt auch
an ihren Gräbern und „Kolumbarien"
zum Ausdrucke kommt, so wird das nie-
mand wuudernehmeu. Aber daß selbst
christlich sein wollende Familien au dem
Standbild einer in Tränen aufgelösten
Witwe, an einer Kolossalbüste des Dahiu-
geschiedeuen, an einem Totengeuius mit
umgekehrter Fackel, an einer geflügelten
olympischen Gestalt, welche sich schmachtend
in ein Porträt vertieft (!), an einem auf
dein Eck balanzierendeu Würfel oder
anderen ebenso geivagten als geschmack-
losen „Originalitäten" Gefallen finden
können, beweist, wie arm unsere gegen-
wärtige Sepnlkralknust an echt christlichen,
packenden und nicht zugleich abgedroschenen
Ideen ist.

Maria im Aehrenkleide.

Von Pfarrer Detzel.

(Schluß.)

Seit längerer Zeit beschäftigt sich dieser
Herr, wie Graus angibt, mit kirchlichen
Kunstwerken, welche mit der Familie Vis-
conti, insbesondere mit dem Herzog Giau
Galeazzo und seiner zweiten. Gemahlin Ka-
tharina Visconti in Beziehung stehen. Er
kommt. zu dem Ergebnis, daß die H er-
zog i n K a t h a r i n a V i s c o u t i es war,
welche auf den von ihr erhaltenen Ab-
bildungen ohne Ausnahme im Aehren -
kleid erscheint.

„Diese Frau, fährt Graus fort, von
welcher in den Geschichtswerkeu nur Spär-
liches aufgezeichnet ist, kann als eine der
lichtvollsten Erscheinungen jener Herrscher-
familie Mailands gelten, deren Ruf leider
durch viele düstere Schatten bezeichnet ist.

Eine Tochter des argen Tyrannen Var-
nabü ward sie 1380 vermählt mit Ginn
Galeazzo Visconti, dem seine erste Gattin
kinderlos verstorben war. Ins.Jahr 1388
fiel die Geburt ihres ersten Sohnes Gio-
vau Maria. Als 1390 die Geburt des
zweiten, Filippo Maria, Herannahte, tat
sie in der Furcht eines etwaigen.unglück-
lichen Ausganges dieses Ereignisses am
8. Januar jenes Jahres das „Gelübde in
Form des Testaments" .und bestimmte,
daß in einer Villa - des Gebietes von
Pavia, wohin sie oftmlas kam, ein K l o-
ster der Kartäuser errichtet werde
n it zwölf Brüdern und daß im Falle
ihres Todes bei der Geburt, so bat sie
ihren Gemahl, er diese Anordnung erfülle,
wobei sie ihm ihre Familie, insbesondere
ihre Brüder und Schwestern, anempfahl.
Was sie ersonnen und gewollt, geschah.
Der Herzog griff, wie es scheint, mit
ganzer Seele ihren Gedanken ans, schrieb
1394 an die Stadtvertretung von Siena
seinen festen Entschluß, aus Verehrung
für den Kartäuser-Orden ein Kloster zu
.errichten »quam solemnius et magis
notabile poterimus«. Was er aber schon
1392 und 1393 durch Schenkungen vor-
bereitete, brachte er 1396 zur Ausführung,
denn am 27. August jenes Jahres ward
feierlichst der Grundstein z.nr weltberühm-
ten Certosa von Pavia gelegt. So
wurde als maßgebendste Anregerin ihres
Gemahls Katharina Visconti die eigent-
liche Urheb er in der Kartanse;
ihr Verdienst, ihr Andenken und ihre
! spezielle Andacht zur heiligsten Jungfrau,
i welche einen recht deutlichen Ausdruck
fand, ward fortan dankbar in dieser Cer-
tosa bewahrt und in monumentaler Weise
! zu Ehren gebracht. Von Katharina Vis-
! contis inniger Verehrung für die heiligste
Jungfrau spricht aber der Taufname
Maria, den neben einem anderen Heiligen-
namen ihre Kinder männlichen Geschlechts
erhielten. Doch auch die Stiftung der
Certosa selbst, welche ihrem Gelübde ent-
stammte, trägt in ihrem Namen den
Beweis hiefür. Ihr Titel war ja 6ra-
tiarum Cartusia, wie es abgekürzt über-
all bezeichnet steht: Cra. Car."

Aus der Errichtung des ursprünglichen
Hochaltares der Certosa-Kirche und seiner
Ausstattung mit Reliefs wird geschlossen,
 
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