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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 4
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Osterritter, Theodor: Alte Brunnen mit kirchlichen Beziehungen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0048

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38

Fußivaschung vollzogen. Die Brunnen-
tape llen der Klöster aus der gotischen
Periode waren meist verglast. Eine Ver-
glasung der gewöhnlich offenen Arkaden des
Kreuzgangs selbü war sehr selten und kam
nur im 15. Jahrhundert vor (Hirsau).
Mit dem Beginn des 16. Jahrhunderts
verzichtete man ganz auf die Anlage einer
Brunnenkapelle.

In Italien haben wir eine ganze
Reihe romanischer Kreuzgänge mit inter-
essanten Brunnen. S. Giovanni Laterano
in Rom besitzt einen schönen mit altchrist-
lichen Ornamenten geschmückten Brunnen
mit hohem, zylindrischem Becken in der
Mitte des Hofes des Krenzgangs, und das
schönste Beispiel in Italien für eine
Brunnenkapelle mit dem Klosterbrunnen
haben wir in dem herrlichen, märchen-
haften Kreuzgang des Klosters zu Mon-
reale in Sizilien. Dieser Brunnen stammt
aus dem Ende des 12. Jahrhunderts, ein
bewundernswertes Werk von Zartheit und
Feinheit, hervorgegangen auWiner Mischung
des normannischen mit dem byzantinischen
und sarazenischen Stil. Die Brunnen-
kapelle selbst wird durch gekuppelte Säulen-
paare von einer unvergleichlichen Zartheit
und Vornehmheit gebildet, die Säulen
geschmückt mit glänzenden Mosaiken, und
in der Mitte dieser Brunnenkapelle steigt
der herrliche Klosterbrunnen auf der durch
drei Stufen vertieften Mitte hervor. Auf
einem polygonalen Sockel ruht das poly-
gonale Marmorbecken, aus dessen Mitte
sich die gleichfalls polygonale, nach oben
sich verjüngende Brunnensänle, herrlich
mit Mosaiken geschmückt, erhebt. Den
oberen Abschluß der Brunnensänle bildet
ein mit Tierköpfcheu als Wasserspeier ver-
sehener runder, korbartiger Aufsatz.

Ganz in der Nähe von M o n r e a l e, dicht
bei der Stadt Palermo, liegt das Kloster
S. Giovanni d'Eremiti mit seinem male-
rischen, zauberhaften Kreuzgang. Inmitten
dieses halbverfallenen Kreuzgangs, in dem
die üppigste sizilianische Pflanzenwelt ihr
wechselvolles, farbenprächtiges, duftendes
Dasein ungehindert führen kann, befindet sich
der von tiefblauer Klematis umrankte Kloster-
brunnen, der in nichts an romanischen
Stil erinnert. In der Form eines läng-
lichen Würfels, durch eine Kuppel abge-
deckt und an den vier Seiten mit Nischen

versehen, macht er einen vollständig orienta-
lischen Eindruck und erinnert in seiner
Form ganz an die Kuba bei Palermo.

Der Brunnen im Hofe des Krenzgangs
des romanischen Klosters S. Sofia gu
Benevento ist als Ziehbrunnen ausge-
bildet. Das viereckige Brunnendeckel, ist
reich mit romanischem Pflanzen- und
Ornamentenschmuck verziert, mit teilweisen
Anklängen an lombardisch-byzantinische
Schmuckformen.

In Frankreich hat die romanische
Periode an Klosterbrunnen nichts Be-
sonderes hinterlassen, da der Brunnen
selten zu dekorativen Zwecken Verwendung
fand. Die durch ihren malerischen —
jetzt leider zu sehr restaurierten — Kreuz-
gang aus dem 12. Jahrhundert berühmte
Abtei Saint Bertrand de Comminges im
Departement Haute - Garonne besitzt noch
ihren alten Brunnen in der Mitte des
Hofes des Kreuzgangs. Die Form ist
hier noch dieselbe, wie die gewöhnliche im
Vorhofe der alten Basilika, ein schmales,
zylindrisches Becken ans einem durch zwei
Stufen erhöhten Sockel. In dem gleich-
falls berühmten Kreuzgang von Saint
Trophime zu Arles finden nur den Kloster-
brunnen, als Ziehbrunnen ausgebildet, an
einer Ecke innerhalb des Krenzgangs mit
einen, weiten, runden Becken versehen,
um das sich drei nach oben sich verjüngende
Wülste legen.

In der Bretagne begegnet man Brnn-
nenanlagen aus romanischer und gotischer
Zeit in oder an Friedhöfen, die meist an
der Heerstraße lagen. Rach den Brunnen
zu schließen, die sich bis auf unsere Zeit
erhalten haben, waren es meist längliche,
offene Becken, in die man einige Stufen
hinabsteigen mußte. Die überwölbten
Nischen ivaren mit Bänken zum Ausruhen
umgeben oder die Ränder des Beckens
waren selbst als Bänke ausgebildet, da-
neben befand sich dann manchmal ein
Kalvarienberg. Dem müden Wanderer
war so Gelegenheit gegeben, seinen Durst
mit erfrischendem Wasser zu stillen, sich
am Brunnenrand auszuruhen und am
Kalvarienberg im Gebet neue Kraft zur
Wanderung zu erbitten. Das schönste
i Beispiel eines derartigen Brunnens mit
Kalvarienberg hat sich in Saint Ave im
i Departement Morbihan erhalten. Dieser
 
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