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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 9
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Osterritter, Theodor: Alte Brunnen mit kirchlichen Beziehungen, [3]
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Schön, Theodor: Meister Peter von Breisach, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0102

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91

hat, besitzt in dem Hofe von Santa Maria
ein herrliches Brnnncnwerk, wahrscheinlich
von Vignola, dem auch die Urheberschaft
an dem Brnnnen ans der Piazza della
Rocca in Biterbo zugeschrieben wird. Ueber
de»l schön profilierten Becken erhebt sich
ein reicher Säulenüberbau, den ein schönes,
klassisch reines Gebälk abschließt. Die
korinthischen Kapitale der Säulen sind
ganz hervorragende Skulpturwerke. Auch
der schöne Bruuueu im Hofe der Badia
beiin Vargello iu Florenz ist ein Brunnen
mit Säulenüberbau und von reinster, tos-
kanischer Renaissance.

Diese Brnnnen mit Säulenliberbau
finden sich vielfach in der Renaissance und
im Barock in Italien in Kirchen und
Klöstern. Einige besonders schöne dieser
Art sind in den Klöstern Monte Cassino
und Monte Olivetü.

Auch Brunnen mit schmiedeisernem Auf-
bau kommen vor. So der hübsche Ziehbrunnen
der Madonna di San Biagio bei Monte-
pnlciano und der Brunnen im Kreuzgarten
der Certosa di Bal d'Ema. Der letztere
ist wieder ein Brunnen mit Sänlenüber-
bau, nur ist statt des Gebälks als Ab-
schluß ein kunstvoll gearbeiteter schmiede-
eiserner Aufsatz, welcher monstranzartig
abschließt, vorhanden. Bei beiden Brnnnen
zeigt das Becken eine vornehme und bei
dem Brunnen der Certosa di Bal d'Ema
auch reiche ornamentale Behandlung.

Fr a n k r e i ch besitzt ein hervorragendes
Brnnncnwerk der Renaissance in dem
Kartäuserkloster Bal de Benediction zu
Billenenve-les-Avignon im Departement
Gard. Der Klosterbrunnen befindet sich
hier in einem ziemlich geräumigen Brunnen-
haus, das in Gestalt eines Rundtempels
mit jonischen Pilastern gegliedert ist. Der
Brnnnen ist unter dem Namen der Fon-
taine de St. Jean bekannt. Der andere
noch bekanntere Renaissancebrunnen Frank-
reichs, die Fontaine St. Lazare in Autnn,
steht in keiner irgendwie kirchlichen Be-
ziehung, höchstens daß dieser Brunnen den
Namen des hl. Lazarus trägt.

In Deutschland gehört der inter-
essante Ziehbrunnen im Hofe des Dom-
krenzgangs in Würzburg der Uebergangs-
periode von Gotik zu Renaissance an.
Ans rundem Sockel erhebt sich der runde
Unterbau, über dem sich auf drei Pfeiler-

stützen der steinerne Galgen mit dem
Schöpfrad aufbnut. Das Ganze ist mit
einem hübschen Schieferdache ans dem
Anfang des 17. Jahrhunderts eingedeckt.
— Im allgemeinen hat die Renaissance
und das Barock in Klöstern in Deutsch-
land nichts besonders Hervorragendes
hinterlassen. Die schönen Zeiten der
gotischen Brunnenwerke in ihren Brunnen-
kapellen waren vorbei. — Aus der Mitte
des 18. Jahrhunderts sei noch der Sakristei-
brunnen im Stephansdom zu Wien ge-
nannt, welcher 1741 von Raffael Donner
geschaffen wurde.

nieiftcr peter von Breisach.

Von Theodor Schön.

Unter den Baumeistern der Reichsstadt
Reutlingen nimmt Meister Peter v. Brei-
sach die erste Stelle ein. Die neue Ober-
amtsbeschreibnng Reutlingen iveiß von
ihm viel zu melden. Nr. I S. 501: Die
Apostel in den Baldachinen der Strebe-
pfeiler der Seitenschiffe gehören der Er-
neuerung dieser Bauteile durch Peter v.
Breisach, um das Jahr 1500, an; 1I.S.23:
Eine teilweise Erneuerung der Strebe-
pfeilerbaldachine an der Marienkirche mit
ihren Apostelstatuen fand um 1500 durch
den Nentlinger Meister Peter (von Brei-
sach) statt und I. S. 502: Bon spät-
gotischer Bildhauerei sind nur noch zwei,
aber hervorragende Werke erhalten: das
„Heilige Grab" und der Taufstein (1499)
in der Marienkirche. Vielleicht ist der in
Reutlingen um diese Zeit als Steinmetz,
Bürger und „Statt-Werckmann" erschei-
nende Peter v. Brysach (Breisach) der
Verfertiger beider Werke — Peter von
Breisach hat ohne Zweifel die oberen
Kreuzblumen der Marienkirche gemacht;
dieselben verraten den Stil dieser Zeit.
Ihm ist auch wohl die Wiederherstellung
der Strebepfeiler der Seitenschiffe mit
den Aposteln unter den Baldachinen zn-
znschreiben. Seine Art ist ähnlich der-
jenigen der Uracher Meister, Peter von
Coblenz und Martin v. Urach. Hat
er wirklich das Heilige Grab und den
Taufstein in der Marienkirche verfertigt,
so hat Reutlingen an ihm einen Meister
gehabt, dessen Name leuchtend einzuschrei-
ben ist in die Geschichte der alten Reichs-
 
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