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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 24.1906

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Nr. 8
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Naegele, Anton: Ein neuentdecktes Totentanzgemälde aus dem Mittelalter in der deutschen Reichshauptstadt, [2]
DOI Artikel:
Mayer, Franz Xaver: Die gotische Kirche in Eglosheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.15939#0093

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81

Indes noch im Jahre 1490 spricht ein
Ablaßbrief des Bischofs Joachim von
Brandenburg, dem einstigen kirchlichen
Mittelpunkt der Mark, mit seinem noch
erhaltenen herrlichen Dom, von einer
Nova turris in parte edificata (Fidi-
ciit II, 302) und fordert die Gläubigen
zur Beisteuer „ad turrm completam con-
structionen'. campaneque etnpcionein“
ans, zur Fertigstellung des Turmes und
zum Ankauf von Glocken (oder einer
Glocke?). Um den nur scheinbaren Wider-
spruch dieser beiden Nachrichten zu heben,
nimmt Lübke zu einer wohl ganz unnötigen
und unstatthaften Vermutung seine Zu-
flucht: man könne nicht annehmen, daß
der gegen 1418 erbaute Turm damit (mit
der Nova turris in parke aedificata von
1490) gemeint sei, sondern man müsse
vielmehr vermuten, daß eine Zerstörung
den damals errichteten betroffen habe, die
dann zu einem Umbau in der zweiten
Hälfte des 15. Jahrhunderts geführt zu
haben scheine; diesen zu vollenden habe
man 1490 Hand angelegt und darunter
werde wohl nichts anderes zu verstehen
sein als der Ban der Spitze, die 1661
durch den Blitz zerstört, im Renaissance-
siil wieder anfgeführt, heute noch in ihrem
abgeschlossenen Blechdach die Angen der
Fremden ans sich zieht. (Forts, folgt.)

Die gotische Kirche in Eglosheim.

Von Pfarrer F. X. Mayer in Ludwigsburg.

Wie eine Henne ihre zahlreiche Schar
Küchlein überragt, so> erhebt sich die Kir-
che in Eglosheim, der neneingemein-
deten Vorstadt von Lndwigsburg, über
die zahlreichen Häuser der Parochianen,
da dieselbe ans einem kleinen Hügel er-
baut ist, während in der Ebene die Ge-
bäude der Pfarrangehörigen sie umlagern.
Mit ihrem niedrigen Turme, ihrem über-
höhten Chore bietet sie von weitem dein
mit der Eisenbahn von Lndwigsburg nach
Asperg oder Marbach fahrenden Kunst-
verständigen einen eigentümlichen Anblick,
wie er allen jenen Kirchen mit höherem
Chore eigen ist und weckt zugleich das
Interesse und die Neugierde, die alle jene
Kirchen in dem Kunstkenner erregen.

Diese spätgotische Kirche mit ihrem früh-
gotischen Chore, der hl. Katharina ge-

weiht, wird von Keppler (Württ. kirchl.
Altertümer S. 204) eine „stattliche ein-
schiffige Dorfkirche" genannt und von E.
Paulus „zu den schönsten Dorfkirchen des
Landes" gerechnet („Staatsanzeiger" 1898
S. 181—82).

Das schönste an ihr ist allerdings nicht
ihr T u r m, an der Nordseite des Chors;
denn er war 1652, am 24. Febr. vom
Blitz entzündet, zum Teil abgebrannt,
wobei seine Glocken zerschmolzen. Für
den zerstörten Teil erhielt er nur mehr
ein viereckiges Stockwerk mit niederem
achteckigem Helmdach 1845, während er
vordem ans dem mit Schießscharten ver-
sehenen massiven quadratischen Unterbau
über das Dach der Kirche und des Chors
weiter emporragte durch ein Stockwerk im
Achteck, wozu die Schrägen mit 3 schönen
Wasserspeiern noch überleiten. An der
östlichen und nördlichen Seite hat der-
selbe im Unterstock (Sakristei) je ein schö-
nes rechtwinkliges, zweigeteiltes abgetrepp-
tes Fenster mit Ueberstabungen.

Der hohe Chor hat schlanke Streben
mit Maßwerkverziernngen (— Paneelwerk)
und gefällige musterhafte Maßwerkfenster
und schließt im Achteck. Derselbe ist nach
der bei einem Meisterzeichen außen ange-
brachten Zahl 1440 erbaut.

Das Langhaus hat ebenfalls Strebe-
pfeiler, aber ohne Paneelwerk und drei-
teilige Fenster mit spätgotischen Maßwerken
(Fischblasenmnster). Um die ganze Kirche
mit Chor und Strebepfeilern führt zur
Ableitung des Regen- und Schneewassers
ein Wasserschlag, der die Wandfläche unter-
bricht und belebt und beim Turm noch
die einzelnen Stockwerke anzeigt.

lieber dem südlichen Portale mit
Ueberstabung nahe beim Chor ist eine Bor-
halle (Vorzeichen, Paradies) angebracht
zwischen den beiden ersten Streben (vom
Chor aus), mit einem Netzgewölbe, in
dessen Schlußstein ein Christuskopf sknl-
piert ist. Die 3 weiteren Tore des Schiffes,
noch eines nach Süden, nach Westen lzn-
gemauert), und nach Norden zeigen den
Spitzbogen mit Ueberstabungen. An den
beiden Seitenwänden der Vorhalle ist je
eine Nische (für das Weihwassergefäß?),
lieber dem Portale zeigt die Zahl lN8/\
— 1487 das Jahr der Erbauung des
Schiffes an (die Zeit des Herzogs Eber-
 
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