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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 25.1907

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Nr. 3
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Brinzinger, Adolf: Historienmaler Bernhard v. Neher, [2]
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drei göttlichen Tilgenden, Glaube, Liebe,
Hoffnung dargestellt als weibliche Ge-
stalten ; der Glaube mit Bibel und Kreuz,
die Hoffnung mit Anker und Schriftrolle,
die Liebe als Mutter mit ihrem Kind und
2 Lilien. Darüber sitzen 4 Apostel:
Paulus mit der Briefrolle und dem
Schwert, Jakobns und Johannes mit
dem Buch, Petrus mit den Schlüsseln und
dem Buch. Ober ihnen ist der sieben-
strahlige Brunnen des Lebens mit dem
Palmbanm. Ihm nahen sich rechts ein
Japhetite mit der Harfe und seinem
Sohne, das Lob Gottes singend, links
ein Chainite mit Triangel, sein sitzender
Knabe hält eine Muschel und streckt seine
linke Hand ans nach dem Brunnen des
Lebens. Darüber ist das Hanptbild: Zug
der Verklärten znm Throne des blutenden
Lammes, das sein Blut vergießt in einen
Kelch, dem 2 Engel das Nauchopfer der
Gebete der Heiligen darbringen und als
Vertreter der 24 Aeltesten, David, Josna,
Moses, Jesaias, Jeremias und Zacharias
ihre Kronen darbieten. Zur Anbetung
des Lammes schreiten heran: S. Bern-
hard vorne, der Namenspatron des
Künstlers, dann die Fürsten: Karl der
Große im Krönnngsornat, Gottfried von
Bouillon mit der Dornenkrone um den
Helm, Kurfürst Friedrich der Weise von
Sachsen; dann der arme Lazarus und
eine Mutter mit ihrem Kind. Im Vorder-
grund sehen wir den Kämmerer aus dem
Mohrenland, Kaiser Konstantin, Elisabeth
von Thüringen mit der Palme und den
Rosen, S. Agnes mit dem Lamm, zuletzt
einen Prediger mit den Zügen Luthers.
Letzterer Kopf ist, ebenso wie das Bildnis
von Johannes Brenz und von Sixt Karl
Kapff in den unteren Nischen, erst nach
Nehers Tod von seinem Schüler Pro-
fessor Grünenwald beigefügt worden, da
Neher hierauf nicht eingehen wollte, lieber
der Gruppe des Lammes schwebt der
hl. Geist als Taube, umgeben von de»
4 Evangelistensymbolen. Oben ist Gott
Vater segnend, von 4 Engeln getragen.
In zwei geöffneten Büchern zweier Engel
stehen die Worte der Offenbarung, das
Thema dieses sechsten Fensters anzeigend.
Die Erfindung dieses Bildes ist geistvoll,
die Anordnung der einzelnen Teile fein-
sinnig, die Schönheit der Figuren über-

raschend. Zn diesen 6 Chorfenstern kommt
noch auf der Orgel im Westen das 1852
schon von Neher vollendete Bild der
hl. Musik: König David mit der Harfe,
rechts Cäcilia die Orgel, Engel Geige,
Pfeife spielend, links am Notenpult zwei
singende Engel, einer mit der Laute be-
gleitend.

Diese herrlichen Glasgemälde sind eine
Zierde der Stiftskirche, leider sind sie, da
die Kirche meistens geschlossen, viel zu
wenig bekannt! — Weitere Kartons zu
Glasgemälden schuf Neher in der Leon-
hardskirche : einen segnenden Christus und
vier Evangelisten, 1863 von Hofebenist
Wirth bestellt — dann in der von Leins
erbauten Johanneskirche am Feuersee:
die Kreuzigung und das Abendmahl in
der Predella, bestellt von Geh. Hofrat
Dr. I. v. Jobst, ausgeführt 1876. Die
Kartons zu oen Glasgemälden der Stifts-
und Johanneskirche sind in der Kgl. Staats-
galerie in Stuttgart im ersten Parterre-
zimmer links. Sie gehören nach Empfin-
dung und Stil zu den besten Werken
moderner religiöser Kunst. 1866 entwarf
Neher die Zeichnungen zu den drei Chor-
fenstern der Schloßkapelle: Anbetung der
3 Könige mit dem Grafen Georg und
Herzog Christoph knieend im Gebet mit
ihren zwei Schutzheiligen. In der
griechischen Kapelle im Nesidenzschloß ließ
Königin Olga 1865—66 von Neher drei
Deckenbilder in Oel malen: Christus mit
Maria und S. Nikolaus und zwei Engel
auf einem Diptychon hinter dem Altar
mit Anschluß an den russisch-byzantinischen
Stil.

Wir nennen zuletzt noch seine Kreuzigung,
Chorbild in R'avensburg mit Petrus und
Paulus aus den Flügeln, 1850 int
strengeren aszetischen Stil gemalt, ferner
seine Kreuzabnahme mit lebensgroßen
prächtigen Figuren von 1855, jetzt in der
Staatsgalerie zu Stuttgart, einen Früh-
ling von 1858, im Nesidenzschloß, Noahs
Dankopfer von 1861 und der göttliche
Kinderfreund 1863 sPrivatbesitz), und
1887 Abrahams Fürbitte für Sodoma.
Auch verschiedene schöne Porträts malte
Neher: von Bildhauer Th. Wagner, von
dem Historiker Friedrich Christoph Stälin,
Kaufmann Adolf Stälin in Calw, Kom-
merzieurat Georg Dörtenbach, Professor
 
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