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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 25.1907

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Nr. 5
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Baur, Ludwig: Gedanken über Beleuchtungsanlagen in Kirchen, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15940#0061

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54

erhoben. So protestiert Vigilnntins
gegen die zwecklose moles cereorum, muß
sich aber vom hl. Hieronymus sagen lassen,
daß für die Beleuchtung der Kirche neben
dem praktischen Gebrauch doch auch noch
ein anderer Gesichtspunkt sein Recht habe:
Sie dient, sagt der Kirchenvater, »non
utigue ad fugiendas tenebras, sed ad
signu-m lätitiae demonstrandum«.
(Vgl. Sauer a. a. O. S. 182.) Damit
tritt ein symbolischer Gesichtspunkt hinzu.

Dieben dieser Form von Hängelampen be-
nützte man auch eine andere, indem man
Lampen an die Arme des Kreuzes auf-
hing/) oder mittels Ketten an Votivtafeln
befestigte?) Die einfachen Broneelampen
zum Hängen (meist in Form eines Schiffes
[navicella]) seien nur kurz erwähnt. —
Außerdem kannte man auch größere
Staudleuchter, das Vorbild unserer
Altarleuchter. Solche kennen wir haupt-
sächlich aus Aegypten (5—8 Jahrhundert).
Al eist sind es dreifüßige Ständer, oben
mit einem Dorn zum Aufstecken der
Lampe, die nnu jede beliebige Form
der altchristlichen (Hand-)Lampe annahm?)
So wissen wir z. V., daß Kaiser Kon-

') Papst Hadria n schenkte der Peterskirche
einen Farns, der die Form eines Kreuzes hatte
und 1305 bezw. 1370 Kerzen faßte. Er hing
vor dein Presbyterium und wurde an Weihnachten,
Ostern, Peter und Paul und am Jahrestage der
Thronbesteigung des Papstes angezündet. S. D e
Waal, Koma sacra S. 199 und M i g n e, l
P.gr, 86, 2, 2201. Doch haben wir es hier bereits
mit außerordentlichen und künstlichenBeleuchtungs-
formen zu tun, die uns nicht weiter berühren.
Andere Lichter (lychnuchi) in Kreuzesform hangte I
Jnstinian in der Hagia Sophia auf. Vgl. oben
bei Paulus Silentiarius. Von Leo III. erzählt
Anastasius: »b'ecit crucem anaglypham j
•intersatilem ex auro inundissimo, penden- :
lern in p e r g u I a ante a 11 a r e cum c a n - !
delis duodecim.« — Eine Seltsamkeit ist
es, wenn in Armenien auch Straußeneier als
Lampen benützt wurden. Vgl. darüberI. Satter,
ä. a. O. S. 213.

-) S. Kratts, christliche Kunstgeschichte 1,
188. Eine gaitz seltene Form ist die Hängelampe
voti Orleansville fAfrika), jetzt in Petersburg: >
eine Basilika, von deren Langseiten je drei Leuchter- '
arme attsgehen.

3) Ein sehr schöner Kreuzständer mit Löwen- ,
süßen ist von S trz yg ow s ki, Koptische Kunst 11?
9124 ff. publiziert. Vgl. E. M. Kaufmann a. «. O.
S. 578 und Jenseitsdenkmäler Tafel UI. —
Forrer, Die frühchristlichen Altertümer von
Achntim-Panopolis Tafel VI, 3 a, b. i

stantin mt die Laterankirche einen frei-
stehenden Leuchter (farns cantbarcis)
30 Pfund schwer aus reinstem Golde mit
80 Lichtern (Lampen) schenkte.

Neben den verschiedenen Formen der Be-
leuchtnngskörper interessiert uns hier vor
allem die Frage, wie sie angebracht d. h. im
Raum verteilt waren. Da haben wir nun
alte Abbildungen z. B. auf einem Gemälde
in der Unterkirche von San Elemente
n. a., die uns zeigen, daß im Innern des
Alt arb ald a ch in s (Ciborium) ein Kron-
leuchter (farum, corona) hing. Daneben
hingen z w i s ch e n den Säulen von
der Decke herab noch zahlreiche ein-
fache Lampen?) Man hatte also das
Prinzip, vor allem den Altar- und Chor-
ranm mit überragender Lichtfülle anszn-
statten und zum Brennpunkt des ganzen
Gottesdienstes zu machen. — Wie man
mit der Beleuchtung der Schiffe verfuhr,
können wir wenigstens mutmaßen. Wir
wissen nämlich, daß in der Lateranbasilika
45 silberne Faricanthari (also freistehende
Leuchter) standen und eine entsprechende
Anzahl von Lampen (Hängelampen?) in
den Seitenschiffen angebracht war?) Für
die Aufstellung der Faricanthari werden
wir wohl zu allernächst an die cancelli zu
denken haben. Charakteristisch an der
Beleuchlungsmethode dieser ältesten Zeit
ist, daß ein Unterschied zwischen praktisch
notwendiger und liturgischer Beleuchtung
noch nicht bestand (abgesehen vom Oster-
lenchter, der eine Sache für sich ist).

Soviel läßt sich nun ans dem Gesagten
immerhin erkennen, daß in gewöhnlichen,
einfachen Verhältnissen in der Regel die
Anbringung der Lichter so getroffen war,
daß die architektonischen Linien und Formen
dadurch nicht beeinträchtigt wurden, lind
ferner war der Beleuchtungseffekt offen-
bar nach dem ästhetischen Prinzip ange-
strebt, daß eine Reihe kleinerer und weniger
lichtkräftiger Leuchtkörper auf einen an
zentraler Stelle angebrachten, im Licht-
wert möglichst gesteigerten Hauptlichtkörper
(Kronleuchter) bezogen war, so daß eine
Lichtsteigerung von den Schiffen znm
Chor- bezw. Altarraum hin stattfand.

') Abbildung bei I. Wilpert, Die Gewan-
düng der Christen in den ersten Jahrhunderteit.
Fig. 26 und De Waal, Koma sacra S. 199.

-) f. De Waal, a. a. O. S. 198.
 
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