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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 25.1907

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Nr. 9
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Schröder, Alfred: Beiträge zur Kunsttopographie und Künstlergeschichte des bayerischen Kreises Schwaben, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15940#0099

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das Jahr danach wurde auch die Fresko-
zier zu Ende gebracht. Eine gut durch-
geführte Restauration 1897 stellte den
ursprüngliche» Glanz wieder her.

Das Kirchlein steht jetzt, nachdem daS
gleichzeitig erbaute Jagdschloß daneben im
Jahre 1840 abgebrochen worden ist, etwas
unvermittelt ans dem Berge. Die Form
der Turmbedachnng, die Fensteranordnung
und der Liniettzug des Fensterausschnittcs,
die Eingliederung der Sakristei und gleich
auch einer ganzen, freilich beschränkten
Beuefiziatenwohnung in den Kirchenbau
— diese Räume sind hier in die Chor-
apsis eingebaut — lassen ebenso bestimmt
auf Zimmermauu als den Baumeister
schließen, wie gewisse Eigenheiten der
Stuckverzieruug des Innern auf ihn Hin-
weisen. Eine Pilasterarchitektur belebt
den Außenbau.

Treten wir durch den Haupteiugang,
der inl Erdgeschoß des in die Westfassade
eingebauten Turmes angebracht ist, ins
Innere, so überrascht die herrliche Licht-
fülle; je drei zu einer Gruppe zusammen-
gevrdnete Fenster durchbrechen beiderseits
die Langhauswand; dem Chor spenden
zwei große Fenster reichliches Licht. Zim-
mermauu zeigt sich hier wieder als Meister
brillanter Lichtführung und sichert damit
von vornherein seinem Werke die volle
Wirkung. Das Schiff der Kirche ist
zentral auSgestaltet; schräge, leicht konkav
geschwungene Uebergänge von der Em-
porenschmalseite zum Langhaus, von da
wiederum zum eiugezogeuen Chor geben die
Vorstellung eines elliptischen Zentralrau-
mes, die durch das Verhältnis von Länge
undBreite (M’AxiE'A m) verstärkt wird.
Der Chor, nahezu quadratisch, ermangelt
des Altarhauses und schließt wegen der
erwähnten Einbauten geradlinig. Korin-
thisierende Pilaster gliedern die Flächen
und tragen die Spiegeldecke. Die konkaven
Einziehnugswäude sind durchbrochen: öst-
lich durch die Zugänge zu den Kanzeln, die
hier au gleicher Stelle ivie in Wies und
ebenfalls in Doppelzahl angebracht sind;
westlich in drei Geschossen übereinander,
unten durch bogenförmige Durchgänge,
darüber durch zwei Geschosse von Ora-
torien, die sich als seitliche Fortsetzungen
der zwei flott geschwungenen Westeniporen
darstellen.

Die Deckenflächeu der beiden Haupt-
räume nimmt je ein Fresko ein, umgeben
von einer breiten stuckierjen Hohlkehle.
Die Stuckatur, gefällig im leichten Mu-
schelgeschmack gehalten, weist neben Kar-
tuschenwerk, Girlanden und gut durchge-
bildeteu Eugelfigürcheu auch die charakteristi-
schen, bandartig behandelten Volutenpilaster
auf, die Zimmermauu schon zwanzig Jahre
früher in der Frauenkirche zu Günzburg
au derselben Stelle angewendet hat. Die
freundlich-frohe Wirkung des Raumes
wird noch erhöht durch die geschickt ver-
teilten kleinen, farbenfreudigen Fresken
an den Brüstungen und Decken der Ora-
torien und Emporen. Das Fresko im
zweiten Oratorium der Südwestecke ist
bezeichnet mit j. Enderle 1759; die tüch-
tigen Bilder rühren also von dem aus
Söflingen gebürtigen, in Donauwörth an-
sässigen Maler Joh. Euderle her, der
auch, um das gleich hier beizufügeu, die
Oelgemälde zu den drei vorderen Altären
geschaffen hat, wie stilistische Merkmale
darlun.

Eigenartig, wie der Ban, ist auch die
Einrichtung. Sämtliche fünf Altäre —
sie sind geradeso wie in der Frauen-
kirche zu Günzburg über den Raum ver-
teilt, einer im Chor, zwei an der Ein-
ziehung zum Chor, zwei in der Mitte des
Langhauses unter der Fenstergrnppe —
entbehren des architektonischen Hochbaues.
Auf der Mensa der drei vorderen steht
lediglich ein Tabernakel; darüber ist ein
Oelgemälde in einfacher Umrahmung
in die Wand eingelassen; um dieses herunr
baut sich eine sehr geschickt perspektivisch
gemalte, kühne Rokoko-Säulenarchitektur
in Fresko auf. lieber den beiden Seiten-
altären in der Mitte des Langhauses
aber haben große, vollplastische Gruppen
Platz gefunden, die Widmung der Stif-
tung durch den. Grafen an die heiligste
Dreifaltigkeit und Tod und Unsterblichkeit
in allegorischen Figuren darstellend.

Das ganze Innere präsentiert sich als
ein hervorragend leichter, gefälliger und
äußerst schmucker Raum von echter Rokoko-
wirkuug, dazu völlig unversehrt int ur-
sprünglichen Charakter erhalten. —

*

Als Schüler des Dominikus Zimmer-
manu dürfen wir wohl den Baumeister
 
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