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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 26.1908

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Nr. 3
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Groner, Anton: Der Plan von Michel Angelos Medicigräbern, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15941#0042

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für die Papstgrabmäler nnä. -Fattuccis
Brie' (1)), das diplomatisch und freund-
schaftlich gedämpfte Echo dessen, was man
im Vatikan gesprochen halte, verrät ein
kaum verhohlenes Mißvergnügen über des
Künstlers Unzugänglichkeit: dem Papst ist
alles recht; er will nichts dreinreden, denn
er hofft, ein Michel Angela werde etwas
machen, was eines Papstes würdig sei.
Aber in Wahrheit fürchtete man, die
Herzogsgräber möchten am schönsten und
die Papstgräber somit eines Papstes un-
würdig ausfallen. Zwar läßt man vor-
läufig schreiben, der Künstler solle die
Ausführung seines Projekts im Auge be-
halten, und antwortete am 9. Juli Z auf
leine Anfrage, er möge nur Marmor für
die Papstgräber bestellen, aber schon am
21. Juli H kommt eine neue Lesart: „Be-
züglich der Papstgrabmäler will der Papst,
daß Ihr ein wenig überleget, ob in der
Kirche im Chor oder sonstwo ein ehren-
voller und breiterer Platz sich finde, ob-
gleich auch jener der Lavamani ihm nicht
mißfällt. Er hat Bedenken, es sei ein
kleiner Platz für Päpste, wenngleich Ihr
darüber etwas besser denkt." Die Papst-
gräber in der Kirche S. Lorenzo, von
denen wieder im April 1525 und noch
im Dezember 1526 die Rede ist, wurden
niemals in Angriff genommen. Die für
die Sakristei geplanten waren seit Juli
1524 endgiltig aufgegeben. Das Pro-
jekt war eine kurze Episode,
die auf den Plan der übrigen
Medicigräber ohne jeden Ein-
fluß blieb.

Umso wichtiger sind die Verhandülngeu
für unsere Kenntnis von der Entwicklungs-
geschichte der übrigen Medicigräber. Sie
geben ein authentisches Zeugnis über den
im Mai 1524 feststehenden und bis in
den April 1521 zurückdatierbaren Plan,
den der Künstler trotz der Anstrengungen,
die von Rom aus im Jahr 1524 gemacht
wurden, nicht umstoßen ließ. Die Gründe
für die unerschütterliche Festigkeit, mit wel-
cher Michel Angela gegenüber dem Willen
des Papstes an dem früheren Projekt fest-
hielt, können wir nur mutmaßen. Als
einen Grund muß er geltend gemacht

haben, daß.die am 29. Mürz.begonnene
Ausmauerung - der ,Wuildarchitektur eines
Grabmals fast vollendet seistsperj afrerrie
quasi fatta di quadro una,-non ci e
ording« jagt C); aber der einzige oder
auch nur der ausschlaggebende . Grund
kann dies nicht gewesen sein. Denn der
Papst hätte es mit Freuden begrüßt,
wenn die Herzogsgräber, von denen er
ja befürchtete, sie würden am schönsten
ansfallen, einfach dadurch in Papstmonu-
mente umgewandelt worden wären, daß
die Mittelnischen an Stelle der noch gar
nicht begonnenen Capitani die segnenden
Papststatuen der Lavamani ausgenommen
hätten. Auch hat sich Michel Angelo
sicherlich darüber nicht getäuscht, daß Papst
Klemens den Neubau der einen Wand-
architektur bereitwilligst genehmigt hätte,
wenn nur für die Papstgrabmäler die
schönsten Plätze linder Kapelle frei gewor-
den wären. Der tiefere Grund, der den
Künstler hinderte, auf die päpstlichen
Wünsche einzugehen, ist zweifellos in dem
früheren Plane selbst zu suchen.

Wir versuchten schon früher !) darzutnn,
daß die „Tageszeiten" in einer erschüt-
ternden Sprache von .dem.Geheimnis des.
Todes, dem Leiden und Sterben als der.
Sünde.Sold, predigen, und so ihr. und
der Flußgötter Anwesenheit an den Grä-
bern aufs tiefsinnigste rechtfertigen; aber
auch der religiöse Drostgedanke fehlt keines-
wegs, da die..Madonna mit ihrem gött-
lichen Kind am dritten Grabmal die christ-
liche Lösung des,.großen Menschheitspro-
blems gibt. Es sind das die naheliegenden
Grabgedanken, welche die italienische Plastik
seit Jahrhunderten immer und immer wie-
der an Grabmälern variiert hatte, bald
in einfacher Form (der Schmerzensmann
oder die Madonna mit 'dem:Christusk'.nd
über dem Sarkophag), bald in reicherer
bildnerischer Ansschmückung (z, B.. von
Mino da.Fiesole am Grabmal Pauls II.).
Die im Lauf der - Zeit in einem festen
ikonographischen Kanon kiistallisierte» Ge-
danken wurden auch hier, wie überall,
für Michel Angelo zu einem inneren Er-
lebnis, das. in »ie.geschauten Formen seinen
Ansdruck suchte. Sünde und Zrechlser-

•'*)' Literarische Beilage der „Köln. Volksztch"'
190.7, Nr. 5. . . . , ' ' •

') Frey 232.

2) Ebenda 233.
 
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