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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 26.1908

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Nr. 6
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Baur, Ludwig: Die neuen Kirchenfenster der katholischen Garnisonskirche in Ulm a. D.
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https://doi.org/10.11588/diglit.15941#0068

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lüecausgegeben und redigiert von Universitäts-Professor Or. L. Baur in Tübingen.
Eigentum der Rottenburger Diözesan-Annstvereins;

Roinnussions-Verlcig und Druck der Aktien-Gcsellschast „Deutsches Volksblatt" in Stuttgart.

Or. 6.

Jährlich 12 Nummern. Preis durch die Post halbjährlich M. 2.25 ohne
Bestellgeld. Durch den Buchhandel sowie direkt von der Verlagshandlung
Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt" in Stuttgart pro Jahr M. 4.50.

1908.

Die neuen Kircfyenfenfter der katho-
lischen Garnisonskirche in Ulm a. D.

Von Professor Dr. L. Baur, Tübingen.

Wer heute das Ulmer Münster besucht,
hat eine vortreffliche Gelegenheit, sozu-
sagen einen Nundgang durch die Eutwick-
lntigsgeschichle der neuzeitlichen Glas-
malerei zu machen und den gewaltigen
technischen und ästhetisch-künstlerischen
Fortschritt zu beobachten, den die Glas-
malerei seit 60 Jahren gemacht hat.
Dort sind zum Teil noch jene Fenster
aus dem Anfang der Regenerationsperiode
zu sehen mit ihrem häßlichen Blau, den
großen, massigen Farbflächen, der ver-
fehlten Imitation von Tafelgemälden und
dem ungenügenden Glasmaterial, das zur
Verfügung stand. — Erst bei diesem
Vergleich wird es uns so recht ver-
wunderlich Vorkommen, wie man beim
Neuerwachen der neuzeitlichen Glasmalerei
zu der naiven Selbsttäuschung kommen
konnte, „über einen Schatz technischer
Mittel und Erfahrungen zu verfügen, der
in solcher Ausdehnung den Alten selbst
auf ihrem Höhepunkt unbekannt geblieben
sei". Daneben erheben sich neue Fenster,
bei welchen man sich alle Fortschritte zu-
nutze machen konnte, welche das Stu-
dium der Geschichte der Glasmalerei in
Deutschland (besonders auch durch die rühm-
lichen Publikationen von H. Oidtmann,
Linnich) und die verbesserten technischen
Kenntnisse gebracht hatten. Die große
Münchener Glasmalereianstalt von F. X.
Zeltler wurde berufen, zwei große
Fenster für das Münster zu liefern. Wenn
die Firma sich zum Grundsatz gemacht

hat, „die durch das Studium der alten
Vorbilder gewonnenen Erfahrungen nicht
bloß dazu zu benützen, um ängstlich
genaue Nachahmungen jener Muster her-
znstellen, sondern die in der Gegenwart
entstehenden Werke auch die Signatur
derselben tragen zu lassen", so ist dieser
Grundsatz gewiß nur als berechtigt an-
zuerkennen. — Hier aber im Münster
mußte natürlich die Anlehnung an die
im Chor aus der alten Zeit (15. Jahr-
hundert) vorhandenen und ebenfalls durch
Zeltler großenteils wiederhergestellten
Fenster wenigstens äußerlich eine stärkere
werden. In der Tat hat der aus-
führende Künstler den Vorlagen manch
feinen Zug abgelauscht. Ich denke hier
besonders an die Gestaltung der gotischen
Architektur mit ihrem charakteristischen
Wechsel von Goldgelb und Silberweiß.
Der oberste Teil des Fensters ist über-
haupt frei von Glasmalerei, so daß die Be-
lichtung eine vorzügliche und zugleich richtig
gemäßigte ist. — Selbständiger konnte dann
die Durchführung der Szenen werden: Dar-
stellungen ans dem Allen Testament: auf
dem fünfteiligen Fenster: Jakob vor der
Himmelsleiter,Jakob mit dem Engel ringend,
I Joseph von seinen Brüdern verkauft uno
den Traum des Königs deutend. —
Darunter das Opfer Abrahams und
Melchisedechs. — Dadurch, daß der mitt-
lere Teil selbständig behandelt und mit
drei großen Figuren unter gotischen Bal-
dachinen ansgestattet ist, kommt freilich
mehr Rhythmus inS Ganze, aber die Ge-
samtwirkung wird etwas unruhig.

Von diesem Gesichtspunkt aus ist n. E.
das vierteilige Fenster im Münster mit
 
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