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zwei großen quer durchgehenden Szenen
vorzuziehen: die Trennung der Menschen
durch die Sprachenverwirrnug beim Turm-
bau von Babel und das Opfer Roes
nach der Sündflut. Vom theologischen
Gesichtspunkt aus ist auf letzterer Szene
nur der Gestus Gottes zu beanstanden,
der über sich hinaus verweist auf — ja,
auf was denn? — Für Gott kann nur
die Gebärde des Segenspendens, der
Unterweisung und der verurteilenden Ver-
werfung in Betracht kommen. Die tech-
nisch und künstlerisch tadellose Ausführung
dieser Glasgemälde im Münster gaben
Veranlassung, die Firma Zeltler auch mit
dem Auftrag, die Glasfenster im Chor
der neuen von Meckel erbauten katholi-
fchen Garnisonskirche zu liefern, zu be-
trauen. Bei Feitigstellung der Kirche war
nur das Miltelfenster über dem Altar
mit einem GlaSgemälde, die heiligste
Dreifaltigkeit darstellend (darunter ein
dunkel gehaltenes Teppichmuster), von
Linuemann (Frankfurt), ausgestattet. Die
beiden Fenster links und rechts umreit
nur durch das Wappen des Deutschen
Reiches und das württembergifche Wappen
geschmückt. — Da aber dadurch vie Be-
leuchtung des Chores eine viel zu starke
war und die blendende Morgensonne den
Gläubigen direkt ins Gesicht schien, so
daß der Ausblick auf den Altar sehr er-
schwert war, so mußte man an eine
Aendernng denken. Alan beschloß, zwei
gemalte und entsprechend dunkel gehaltene
Glasfenstcr in der Weise anzubringen,
daß je im unteren Teil die bereits vor-
handenen Wappen, im oberen eine bib-
lische Szene: die Geburt des Herrn und
der Gang der Jünger nach Emans, an-
gebracht wurden. Das Kgl. Kommando
gab hiezu in dankenswerter Weise seine
Einwilligung.
Referent ist zwar der Meinung, daß
damit noch nicht die definitive und glück-
lichste Lösung erzielt ist. Denn die außer-
ordentlich großen und etwas unruhig
wirkenden Wappen lassen sich mit den
ganz ruhig gehaltenen Szenen weder in
der Linienführung noch in der Farben-
wirkung in einen völlig befriedigenden
harmonischen Ausgleich bringen. M. E.
wäre es das beste gewesen, die Wappen
je in die nächstfolgenden zwei Fenster, und
zwar hier in die Mitte, zu setzen. An
der Stelle der Wappen aber wären aber-
mals zwei Szenen anzubringen gewesen'.
So wären sie zwar vom Schiff der Kirche
aus nicht gesehen worden, wären aber in
glücklicherer Weise verwendet gewesen und
wenigstens im Chor selbst ästhetisch wirk-
samer zur Geltung gekommen.
Die Aufgabe, die Zeltler ans diese Weise
auszuftthren hatte, war demgemäß eine
komplizierte. Er hat sie so geschickt ge-
löst, als es überhaupt möglich war. Be-
trachten wir zunächst das linke Fenster:
Der architektonische Aufbau des drei-
teiligen Fensters ist entsprechend der
Architektur der Kirche in spätgotischen
Formen zugleich mit reichem Land- und
Rankenwerk durchgeführt. Auch hier
treffen wir wieder den voin Bessererschen
Fenster im Münsterchor her bekannten
Wechsel von Gelb und Weiß.
Der Hintere Teil bildet eine Art Kapelle
oder Wölbung, in welcher das gtoße
Wappen des Deutschen Reiches (gelb und
schwarz) untergebracht ist, während zwei
Engelfiguren eS links und rechts umgeben.
In den Zwickeln sind zur Ausfüllung
zwilchen dem unteren Teil rtnd der bild-
lichen Darstellung passend Jsaias und
Michaeas als die prophetischen Verkün-
diger der Geburt unseres Herrn ange-
bracht. Sie muten. in der besonderen
hinweisenden Haltung fast wie Reminis-
zenzen an die herrlichen Figuren des
Nlmer Chorgestühls an.
Die Hauptszene stellt die Geburt
C h r i st i dar. Jkonographisch hält sich
der Entwurf an die mittelalletlichen Bei-
gaben : Ochs und Esel und St. Joseph
mit einer Kerze in der Hand. — Was
an dieser Szene schätzenswert ist, das sind
die milden Falbentöne und die ruhige
Gesaintwirkung. Das göttliche Kind liegt
vor Maria auf dem Boden auf Stroh
gebettet. Maria eben im Begriff, es mit
den Händen zu fassen, in weißem Kleide
und blauem Mantel; Joseph in rotem
Mantel und violettem Gewand daneben»
— Die Szene ist in eine halbverfallene
Hütte verlegt. Darüber her von den Ge-
wölben herab schweben weißgekleidete
Engel, den Hirten die Geburt des Herrn
verkündend. Die Wiedergabe der Land-
schaft ist flächenhaft, in breiten ruhigen
zwei großen quer durchgehenden Szenen
vorzuziehen: die Trennung der Menschen
durch die Sprachenverwirrnug beim Turm-
bau von Babel und das Opfer Roes
nach der Sündflut. Vom theologischen
Gesichtspunkt aus ist auf letzterer Szene
nur der Gestus Gottes zu beanstanden,
der über sich hinaus verweist auf — ja,
auf was denn? — Für Gott kann nur
die Gebärde des Segenspendens, der
Unterweisung und der verurteilenden Ver-
werfung in Betracht kommen. Die tech-
nisch und künstlerisch tadellose Ausführung
dieser Glasgemälde im Münster gaben
Veranlassung, die Firma Zeltler auch mit
dem Auftrag, die Glasfenster im Chor
der neuen von Meckel erbauten katholi-
fchen Garnisonskirche zu liefern, zu be-
trauen. Bei Feitigstellung der Kirche war
nur das Miltelfenster über dem Altar
mit einem GlaSgemälde, die heiligste
Dreifaltigkeit darstellend (darunter ein
dunkel gehaltenes Teppichmuster), von
Linuemann (Frankfurt), ausgestattet. Die
beiden Fenster links und rechts umreit
nur durch das Wappen des Deutschen
Reiches und das württembergifche Wappen
geschmückt. — Da aber dadurch vie Be-
leuchtung des Chores eine viel zu starke
war und die blendende Morgensonne den
Gläubigen direkt ins Gesicht schien, so
daß der Ausblick auf den Altar sehr er-
schwert war, so mußte man an eine
Aendernng denken. Alan beschloß, zwei
gemalte und entsprechend dunkel gehaltene
Glasfenstcr in der Weise anzubringen,
daß je im unteren Teil die bereits vor-
handenen Wappen, im oberen eine bib-
lische Szene: die Geburt des Herrn und
der Gang der Jünger nach Emans, an-
gebracht wurden. Das Kgl. Kommando
gab hiezu in dankenswerter Weise seine
Einwilligung.
Referent ist zwar der Meinung, daß
damit noch nicht die definitive und glück-
lichste Lösung erzielt ist. Denn die außer-
ordentlich großen und etwas unruhig
wirkenden Wappen lassen sich mit den
ganz ruhig gehaltenen Szenen weder in
der Linienführung noch in der Farben-
wirkung in einen völlig befriedigenden
harmonischen Ausgleich bringen. M. E.
wäre es das beste gewesen, die Wappen
je in die nächstfolgenden zwei Fenster, und
zwar hier in die Mitte, zu setzen. An
der Stelle der Wappen aber wären aber-
mals zwei Szenen anzubringen gewesen'.
So wären sie zwar vom Schiff der Kirche
aus nicht gesehen worden, wären aber in
glücklicherer Weise verwendet gewesen und
wenigstens im Chor selbst ästhetisch wirk-
samer zur Geltung gekommen.
Die Aufgabe, die Zeltler ans diese Weise
auszuftthren hatte, war demgemäß eine
komplizierte. Er hat sie so geschickt ge-
löst, als es überhaupt möglich war. Be-
trachten wir zunächst das linke Fenster:
Der architektonische Aufbau des drei-
teiligen Fensters ist entsprechend der
Architektur der Kirche in spätgotischen
Formen zugleich mit reichem Land- und
Rankenwerk durchgeführt. Auch hier
treffen wir wieder den voin Bessererschen
Fenster im Münsterchor her bekannten
Wechsel von Gelb und Weiß.
Der Hintere Teil bildet eine Art Kapelle
oder Wölbung, in welcher das gtoße
Wappen des Deutschen Reiches (gelb und
schwarz) untergebracht ist, während zwei
Engelfiguren eS links und rechts umgeben.
In den Zwickeln sind zur Ausfüllung
zwilchen dem unteren Teil rtnd der bild-
lichen Darstellung passend Jsaias und
Michaeas als die prophetischen Verkün-
diger der Geburt unseres Herrn ange-
bracht. Sie muten. in der besonderen
hinweisenden Haltung fast wie Reminis-
zenzen an die herrlichen Figuren des
Nlmer Chorgestühls an.
Die Hauptszene stellt die Geburt
C h r i st i dar. Jkonographisch hält sich
der Entwurf an die mittelalletlichen Bei-
gaben : Ochs und Esel und St. Joseph
mit einer Kerze in der Hand. — Was
an dieser Szene schätzenswert ist, das sind
die milden Falbentöne und die ruhige
Gesaintwirkung. Das göttliche Kind liegt
vor Maria auf dem Boden auf Stroh
gebettet. Maria eben im Begriff, es mit
den Händen zu fassen, in weißem Kleide
und blauem Mantel; Joseph in rotem
Mantel und violettem Gewand daneben»
— Die Szene ist in eine halbverfallene
Hütte verlegt. Darüber her von den Ge-
wölben herab schweben weißgekleidete
Engel, den Hirten die Geburt des Herrn
verkündend. Die Wiedergabe der Land-
schaft ist flächenhaft, in breiten ruhigen