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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 26.1908

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Nr. 8
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Wunder, ...: Geschichte der kirchlichen Kunst im oberen Filstal, [4]
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Schön, Theodor von: Die Kapelle (jetzige Pfarrkirche) zur schönen Maria auf dem Hohenrechberg, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15941#0096

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84

wegen „muß im Langhaus noch so viel
Gemäuer von dem Chor an bis zu den
Türmen gemauert werden, bis es beni
Chorgemäuer gleich hoch (ca. 15—16 m).
WeiterS sollten im Langhaus Pfeiler von
den Seitenmauern hineingestoßen werden,
diese sollten bis unter das Dach hinauf-
geführt werden, damit sie den Dachstnhl
mit tragen helfen." Wäre dieser Plan
zur Ausführung gekommen, dann hätte die
Stiftskirche den damals beliebten Grund-
riß erhalten: Einschiffiges Langhaus mit
eingezogenen Pfeilern und Kapellen da-
zwischen, wie z. B. in Obermarchtal, Fried-
richshasen, Schönenberg. Der Jnnenraum
hätte natürlich dadurch bedeutend an Höhe
und lebhafter Raumgliedernng gewonnen.
Aber, wie gesagt, cs blieb beim Entwurf;
offenbar scheute das Stift die großen Kosten;
denn auch die Türme hätte man konsequen-
terweise höher hinaufführen müssen, da
das gewaltige Satteldach des Schiffes sie
beinahe an Höhe übertroffen hätte. Dem
Baiockbaumeister waren die alten gotischen
Fenster zu hoch und zu schmal, desivegen
tollten dieselben „um etwas Weiteres,
was es leiden mag, ausgehauen werde»,
auch von unten her noch etwas in die
Fenster eingemauert werden, damit sie in
bessere Formen kommen täten". Beim
folgenden Umbau wurden die Fenster in
ihrer Breite belassen, dagegen oben ab-
gerundet. Endlich hätte das Langhaus
um 2 Schuh aufgefüllt werden sollen,
„damit es etwas aus dem Boden komme
und der Antritt vor dem Chor um etliche
Tritte weniger würde".

1719 wird der Chor neu eingewölbt
und mit Stnccaluren versehen, auch ein
neuer Hochaltar aus Stuckmarmor auf-
gestellt. Sämtliche Stückarbeiten an Chor
und Hochaltar, die alle noch erhallen
sind, lieferte Al e l ch i o r P a u l u s, B i l d -
Hauer aus El l man gen, um 1030 fl.
„und seiner Hausfrauen ein Specie
Ducat Trinkgeld". Die Stnccaluren die-
les bedeitlenden Meisters, im französischen
Barock, sind überaus geschmackvoll, sowohl
was die Ornamentik als auch das Figür-
liche anbelangt. Der Hochaltar in der
Schönenbergkirche hat so viel Aehnlichkeit
mit dem Wiesensteiger, daß Melchior
Paulus mit Bestimmtheit auch als der
Meister des elfteren bezeichnet werden I

kann?) Als Marmorierer waren am
Hochaltar beschäftigt Meister Christian Mayr
und Meister Kaspar Buochmüller und be-
kamen 523 Gulden, als Vergolder und
Maler Hans Jerg Straub, Schreiner in
Wiesensteig, vielleicht der Vater des be-
kannten auch in Wiesensteig tätigen Johann
Straub, bayerischen Hofbildhauers. Nach-
dem schon ca. 1660 neue Chorstühle auf-
gestellt worden waren, sind hiemit die Ar-
beiten im Chor im ganzen abgeschlossen.

Auch das Schiff der Kirche wurde
bald nach deni Brande, wenigstens pro-
visorisch, in Stand gesetzt, denn schon am
11. Mai 1658 wurden von Georgius
Sigismundus, Episcopus Heliopoli-
tanus, Suffraganeus Constantiensis,
sechs Altäre in der Stiftskirche konsekriert.
Zn diesen sechs Altären aber fehlte allem
nach noch der Oberbau, der erst Im Lauf
der nächsten Jahrzehnte bei beu einzelnen
Altären hinzugefügt wurde. Seine jetzige
Gestalt erhielt das Langhaus in den
70er und 80er Jahren des 18. Jahr-
hunderts: Stnccaluren im Stil des Louis
XVI., ebensolche Altäre und Kanzel. Die
schönen Barockaltäre aus der zweiten
Hälfte deS 17. Jahrhunderts mußten
neuen, aber keineswegs schöneren weichen.
Der flache Plafond wurde von I. A.
Huber von Augsburg mit drei kolossalen
Deckenfresken ans der Legende des hl.
Cyriak geschniückt. In diesem Zustand
verblieb die Kirche bis auf unsere Tage;
vor zwei Jahren wurde sie einer durchgrei-
fenden Restauration unterworfen. Bei
der Bemalung wurde im allgemeinen, und
zwar mit Recht, von Farben abgesehen
und bloß eine reiche, fast zu reiche Ver-
goldung angewandt. (Schluß folgt.)

Die Rapelle (jetzige Pfarrkirche) zur
schönen Maria ans dem chohen-
rechberg.

Von Theodor Schön.

(Fortsetzung.)

6. Ju den ältesten Zeiten (das ist im
13. und 14. Jahrhundert) war schon ein
solcher großer Zulauf des Volkes auf der
Wallfahrt, daß an gewissen Tageil und
Hauplfesten ganze Jahrmärkte auf der

‘) Vgl. Kick und Pfeiffer, Text, fol. 6 zu
Tafel 32.
 
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