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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 27.1909

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Nr. 3
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Kirchliche Wachszieherkunst im 13. Jahrhundert, [2]
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Effinger, Franz Xaver: Meister Konrad Witz von Rottweil, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15942#0040

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30

fasse r ist ein Mniorit van Padua, der
offenbar Angenzeuge der ganzen Szene
mar und so die Wahrheit berichten konnte.
Endlich bedenke man, daß mir auch andere
Berichte über Ausbildung der Wachs-
industrie in jener Zeit haben.

Als Danksagung für Rettung und
Heilung opferte man Schiffe aus Wachs,
natürlich in kleinem Maßstabe, wächserne
Häupter, Hälse, ganze Menschen ge bilde,
iconia, und anderes').

Mag auch zur Glorifizierung des Heiligen
einige Uebertreibung eingeflossen sein, ganz
ohne Unterlage kann eine Schilderung mie
die obige nicht sein.

Elmas Aehnliches lese ich in einer Zei-
tung vom Jahr 1905: „Am Mainzer

Karneval führte die Garde in ihrem Zug
an Proviant mit: Ein Brot, zu dessen
Transport sechs Bäckerburschen erforder-
lich waren, eine zehn Meter lange und
entsprechend umfangreiche Wurst, von
fünfzehns!) Metzgergehilfen getragen,
und eine hellerlenchtele Weinstube ans
einem Zweispänner."

HI eister Aonrad Witz von Rottweil.

Von Garnisonspsarrer Effing er, Uli».

(Schluß.)

Auf die Frage nach den Einflüssen
fremder Knnstströmnngen auf den Ent-
wicklungsgang unseres Meisters erhalten
mir aus dem dürftigen urkundlichen Mate-
rial keine Antwort. Von den schwäbi-
schen Meistern aus der Frühzeit des
15. Jahrhunderts ist außer Multscher
nur der Name Lukas Moser bekannt, mit
dessen Kunstwerken irr der Tiefenbronner
Kirche sicher die Basler Tafeln des Kon-
rad Witz keine Verwandtschaft zeigen;
letztere sind sehr wahrscheinlich die eigenste
Tat eines jugendlichen Ailtodidaklen, der
aber schon hohe Geschicklichkeit ^in der
plastischen Mooelliernug seiner Figuren
und großen Geschmack in oer Farben-
wahl zeigt. Dagegen ist der große Fort-
schritt in den Werken von Gens und
Straßburg kaum erklärlich ohne die An-
nahme, daß Witz niederländische Künstler
und Kunstwerke kennen lernte. Hiebei ist

i) S. Analecta Franciscana tom. 1LI, in
bet Chronik der 24 Generale passim, und in
dein mehrfach erwähnten Dialogus.

nicht notwendig an eine Reise nach den
Niederlanden zu denken. In Basel selbst
hatte während der Konzilszeit Witz sicher-
lich reichlich Gelegenheit, sich mit nieder-
ländischer Kunst bekannt zu rnachen; die
Stadt war rvohl der erste Kunstmarkt
Europas in jenen Jahren.

Daß in Basel auch Einflüsse burgun-
discher Kunst zu verspüren waren, bezeugt
ein Auftrag des Rats der Stadt Basel
an den Elsässer Maler Hans Tiefental,
demzufolge derselbe 1418 die Kapelle zum
„elenden Kreuz ausmalen sollte nach dem
Muster des Karthäuser-Klosters zu Dischun
in Burgnuden". In diesem Kloster hatte
Jehan Malwel 1402—07 im Auftrag
des Herzogs zil Burgund gemalt. Doch
dürfen wir sicherlich den Einfluß fremder
Strömungen nicht zu hoch ansetzen. Daß
auch im oberrheinischen Gebiet sich in der
Malerei realistische Richtungen vorfanden,
dafür ist der beste Zeuge Stephan Lochuer,
der in den dreißiger Jahren des 15. Jahr-
hunderts von Meersbnrg nach Köln zog
und dort seinen Bildern einen bis dahin
ungewohnten realistischen, kräftigen Aus-
druck zu geben vermochte.

Was sodann den religiösen Ausdruck
seiner Bilder betrifft, so ist eine gewisse
J Befangenheit und Steifheit der Figuren
nicht zu leugnen. Die Heiligen diesseits
der Alpen haben eben im 15. Jahrhun-
dert noch wenig von Fiesoles Geist und
Ausdruck, und so wissen uns auch die Ge-
stalten des Konrad Witz nicht gerade viel
zu sagen, und es ist auch zuzugeben, daß
die starke Betonung der Gewandung, der
Oertlichkeit und Umgebung die heiligen
Gestalten etwas nebensächlich erscheinen
läßt, so daß Schmarsow von unserem
i Meister sagt: „Die Figuren werden ihm
fast zu Kleiderstöcken." (A. a. O. S. 20.)
Weit besser als der Ausdruck der über-
sinnlichen Welt gelingt Witz die Dar-
stellung des Natürlichen und Weltlichen.
Der Meister zeigt eine wahre Begeiste-
rung und Freude in der Darstellung alles
dessen, was er im täglichen Leben beob-
achtet, und mit einer fast wissenschaftlichen
Genauigkeit sucht er alles Beobachtete und
Geschaute malerisch wiederzugeben. Zu weit
geht jedoch Schwarsow mit der Behaup-
tung, der kirchliche Vorgang sei fast nur
noch Vorwand und die ideale Aufgabe sei
 
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