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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 27.1909

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Nr. 11
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Baur, Ludwig: Die Ausstellung für christliche Kunst in Düsseldorf 1909, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15942#0125

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110

hochbegabten Fritz Kunz sich anzusehen.
Ich habe zwar das Empfinden, daß in
den Bildern von Denis zu viel gekünstelt
Primitives sich findet: so können wir nun
einmal nicht mehr sein und sehen. Auch
wird es keinem ernstlichen Widerspruch
begegnen können, wenn wir sagen: die
Tendenz zum Primitiven darf nicht so
weit gehen, daß sie die Form zerstört,
daß sie all das geflissentlich außer acht
läßt, was die Art des Sehens in der
Neuzeit bestimmt und was sie an künstle-
rischem Können sich erwarb. Aber als
ein gewisser Rückschlag, als eine Folge
der Uebersättigung an einer raffinierten
Technik hat diese Tendenz zum Primi-
tiven ihr gutes Recht. Nun gibt es ja
verschiedene Arten von Primitivismus.
Der eine ist mehr gekünstelt; um bestimmter
Stimmungen oder Wirkungen willen ge-
fällt er sich in einer gewissen Stilisierung
der Körper, in der Betonung der aller-
einfachsten Formen, sei es bewußt oder
nicht. Ja, zuweilen verfällt er in einen
richtigen Archaismus und erkünstelte Alter-
tümlichkeit, oder auch erkünstelte Derbheit.
Dieser Primitivismus ist deutscherseits
zunächst im Holzschnitt von Sattler be-
sonders gepflegt worden, in Frankreich
von Baltoton, der geradezu in seinen
äußeren Formen die Art der Kinderzeich-
nung imitiert, und deutsche Künstler, wie
Leistikow, Heine, Strathmann, Eckmann,
Ehrler u. a. beeilten sich, es ihm uach-
zutun^).

Eine andere Art ist jene, welche sich
darauf besinnt, in Inhalt und Form nur
das Wesentliche, Vas Einfache ohne
Künsteleien, ohne besondere Komplizie-
rungen darzustellen; auch in Empfindung
und Denkweise wieder zu den großen
Elementarformen zurückzukehren und sie
in ihrer einfachsten, natürlichsten Art
wiederzugeben. Wir könnten unter unseren
Meistern etwa an Schiestl erinnern.

Es ist keine Frage, daß damit ein ge-
sunder Zug sich offenbart. — Nur davor
muß gewarnt werden, daß dieser Primi-
tivismus nicht erheuchelt, gekünstelt, un-
wahr werde, daß er nicht, anstatt zu den
einfachsten Elementen der Natur hinzu-

H^)fVgl. Lange in „Kunst für alle" XIII (1898)

führen, vom Natürlichen wegleite. Die
Grundfrage liegt doch darin: wie weit
können wir heute primitiv empfinden?
IXub die Antwort wird sein: nur insoweit,
als das Primitive nicht gekünstelt, llicht
willkürlich auf irgend einer Etappe der
Kunstentwicklnng gesucht wird, sondern
insofern es den Grundzug des Natürlichen
darsteltt. Diese Klippe wurde unseres
Erachtens von den niodernen religiösen
Primitivisten nicht vermieden.

3. Intel essant gestaltet sich die Aus-
stellung auch deshalb, weil sie einen Ver-
gleich zwischen der katholischen
und protestantischen Kirchenkunst
gestattet. — Hier fällt nun zunächst ins
Allge die imponierende Geschlossenheit
dreier Künstlercharaktere: Gebhardt, Uhde
ilnd Steinhaufen. Sie treten nicht nur
um der Qualitäten ihres künstlerischen
Schaffens willen sehr stark hervor, son-
vern vor allem auch deswegen, weil jedem
derselben ein eigenes Kabinett zugewiesen
ist, in welchem jeweils eine reiche und
glückliche Auswahl gute, große und
eindrucksvolle Werke vereinigt. — Das
ist ein äußerer Vorteil, wie er den katho-
lischen Künstlern, d. h. den Malern, nicht
in gleicher Weise zu Gebote stand — ab-
gesehen von den Kreuzwegstalionen von
Sensfert rmd dem Kabinett der Beu-
roner. Unter den vorhandenen vermögen
die Bilder von Fugel, Feuerstein, Kunz
in ihrer Gesaintheit und Vereinigung am
meisten Eindruck zu machen. Die übrigen
sind viel zu vereinzelt und verzettelt, als
daß sie den gleichen imponierenden Ge-
samleindruck machen könnten, und auch
die genannten leiden darunter, daß sie
sich mehrfach ruit der Ausstellung von
bloßen Skizzen begnügten. — Kommt
dann noch auf seiten der Kritiker die Ge-
neigtheit dazu, die genanliten protestan-
tischen Künstler über den Schellenkönig
zu loben und auf katholischer Seite ent-
weder die faktischen Leistungen derjenigen
Künstler, die sich ehrlich und bestimmt
auf den Boden des katholischen Dogmas
zu stellen entschlossen sind, nicht in ihrem
Vollwert anzuerkennen, oder direkt her-
nnterzunörgelu, so geschieht unseren katho-
lischen Meistern direktes Unrecht. Sie
müssen dadurch entmutigt werden!

Noch eine andere Beobachtung drängt
 
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