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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 28.1910

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Nr. 5
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Naegele, Anton: Hans Christoph von Hornstein und sein Denkmal in Grüningen, [2]: Beitrag zu "Württembergs Epitaphien"
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https://doi.org/10.11588/diglit.16250#0059

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viereckige Deckplatte. Nur auf der linken
Seite des Giebelstücks ist ein rechteckig
gegliederter Abakus als oberster Aufsatz,
vielleicht für ein Figürcheu bestimmt, er-
halten. Die Pilaster liub deu äußeren
Naud der 13 cm tiefen Nischeuwaud trennt
eine ziemlich tiefe Hohlkehle. Au beit
äußersten Rand des linken Pfeilers ist
ein echtes Barockornameut augesügt, das
über den Rand des Monuments imö des
Chorbogens noch herausragt, eine schmale,
öfters gebrochene, geschweifte Volute,
die von einen! Engelköpfchen mit Flügeln
und Gemandstreifen belebt ist. Wenn auch
keine Fülle originaler Nenfchöpfnngen zu
konstatieren ist, so dürfen wir immerhin
die ornamentalen Motive des Künstlers
der Beachtung empfehlen.

Das ist der nicht unansehnliche, archi-
tektonische Nahmen für das in reicherem
Detail prangende Standbild des edlen
Ritters Hans Christoph von Hornstein.
Die ganze Figur wie die charakteristischen
Einzelheiten derselben scheinen für Por-
trätähnlichkeit zu sprechen. Die Relief-
platte, die 13 cm lief in die Nische ein-
gelassen ist und 52 cm in der Breite
mißt, läßt die Gestalt des Ritters in
fast voller Rüstung als Nnndfignr genügend
hervortreten. Die Statue i|t 1 m 12 cm
hoch, füllt also die karnn über 1 m 2ü cm
bis zur Bogenhöhe messende Nische reich-
lich ans. Die von ihr sreigelassenen

kleinen Ranmflächen sind überhaupt in
bewunderungswürdiger Symmetrie mit
den Abzeichen der Rilterwürde ausgefüllt.
Der ganz err face abgebildete Ritter
steht mit beiden Fristen auf einem polster-
artigen Wulst, nach Art des Fnßkissens
gebildet, aus dein die Ritter anderer Epi-
taphien zu knien pflegen. Das Haupt
ist entblößt, es Irägl fein ausgearbertet ge-
kräuseltes Haar. Das länglich schmale Ge-
sicht umrahmt Schnurrbart, Backenbart
und länglicher Kinnbart, ganz nach Art
der Porträtfignren des ausgehenden 16.
und beginnenden 17. Jahrhunderts. Der
Kopf, dessen Züge Diplomatenfrenndlichkeit
charakterisieren, mißt vom Scheitel bis zur
Bartspitze etwa 20 cm. Der Hals trägt
eine genau ausgearbeitete Halskrause mit
feinskulpierten Randöfsnungen. Die Brust
deckt ein ziemlich reich mit dreifachem
Streifenband dekorierter P a n z er, dessen

untere, breit ausgeschnittene Flügel noch
die beiden Oberschenkel decken.

lieber dein Panzer geht von der rechten
Schulter zur linken Seite eine Schärpe,
deren reiche Fallen ans der Hinterwand
der Nische in breite Flügel auseinander-
sallen und ihren Hintergrund reliefartig
zieren, lieber die linke Schulter schlingt
sich eine doppelte Kette, arr der in der
rechten Hüflengegend ein Medaillon
hängt. Dieses Oval in Talergröße trägt
das als Flachrelief trefflich ausgearbeitele
Brnstbildnis eines Mannes, dessen Züge
ans Rudolf II. schließen lassen, den kaiser-
lichen Herrn, dessen treuer Diener Hans
Christoph von Hornstein bis zu seinem
Lebensende war. Von denr schmalen
Leibgurt gehen Riemen ans, deren Schnallen
j aufs feinste ausgearbeitet sind; der eine
hält den Degen, dessen freischwebender
einfach verzierter Knaus die linke Hand
berührt und dessen Schneide und Spitze
aus der Platte heranswächst, von der
linken zur rechten Seite schräg abwärts
gehalten. Aus der entgegengesetzten Seite,
dem Schwerlknauf gegenüber, ragt ein
anderes, kleineres Waffenstück (?) an der
Hinterwand hervor. Die Arme sind eben-
falls gewappnet mit zierlich dekorierten
„Ellenbogenkacheln".

Die Hände sind unbedeckt; die linke
stützt sich ans den Schwertgriff, die rechte
trägt eine Rolle, vielleicht einen Marschall-
stab; von ihr sind nur noch zwer Finger
erhalten. Auch die Rüstung an den
Kniescheiben ist mit Voluten verziert.
Der Abschluß des Panzers an der Lenden-
gegend ist in der älteren, realistisch de-
taillierten Art ansgeführt. Von den
beiden Füßen, die mit Streifornamenten
drapiert sind, fehlt der rechte Vordersnß.

Die rechte Ecke am Fuß der Nische
füllt der fast ff- m hohe Helm aus;
das Visier ist weit geöffnet; Riemen und
Schnallen und Ornamentstreisen sind aufs
genaueste in Stern wiedergegeben; Helnr-
bnsch und Helmzier haben sich trefflich er-
halten. Die linke untere Ecke füllen zwei
kreuzweis überernandergelegte Handschuhe,
langgestülpt, mit Bordüren, Schnüren und
Randornamenten reich verziert, in einer
Länge von über 20 cm. Die ganze Rüstung
scheint nach Zeit und Amt des ritterlichen
Diplomaten hauptsächlich als Prunkstück
 
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