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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 28.1910

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Nr. 8
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Baur, Ludwig: Die Fugelschen Fresken in der kath. Stadtpfarrkirche zu Ravensburg , [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16250#0088

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das Kreuz, das sie in Händen trägt, in
heiliger Liebe betrachtend.

Als die Vertreterinnen des Frauen- uitb
Witwenstandes sind ausgemählt Elisa-
beth von Thüringen, ebenfalls als Ter-
tiarierin des hl. Franziskus gekleidet. Das
Nosenwunder ist angedentet.

Den Abschluß macht Mutter A n n a —
als ehrwürdige alte Frau ist sie dar-
gestellt im graublauen Gewand. Auch sie
betrachtet nachdenklich in einem Buch, das
sie in Händen hat.

Damit ist die lange Reihe der Heiligen
erschöpft, welche als die Vertreter der
triumphierenden Kirche und als Vorbilder
der streitenden und betenden Kirche von
den Oberwänden des Mittelschiffs zu den
Mitgliedern der streitenden Kirche herab-
grüßen und sie ermuntern: „lmitmtores
mei estote, sicut et ego Christi.“

Damit werden wir von selbst zu dem
ideelleil Abschluß dieser Darstellungen
geführt: zu dem in der Mosaiktechnik
nach Fugels Entwürfen von oer Tiroler
Glasmulereianstalt Neubauer u. Fehle
in Innsbruck ausgeführten Salvator
im Triumphbogen: ein Weik, das die
Kraft und Größe altchristlicher Dar-
stellnngen atmet und der ganzen Bilder-
reihe des Schiffes ideell und künstlerisch
einen großartigen und erhebenden Schluß
verleiht. Der Salvator ist dargestellt im
weißen Kleide, in der Mandorla mit
lveit ausgebreiteten Armen, als wollte er
alle einladen, die da vlühselig und be-
laden hier im Gebete ihre Seele aus-
gießen, beschwert von Erdennot und Seelen-
leid. Ans ihn weist Maria (im tief-
blauen Gewände) die zagenden Seelen er-
nlunternd hin und — nur das Deesisbild
ganz im altchristlichen bezw. byzantinischen
Sinn zu vollenden — ihm zur Linken steht
Johanlies der Täufer, mit Stab
und Agnus Dei, der größte aller vonl
Weibe Geborenen, der zu Ulis seinen Weck-
ruf spricht: „Ecce Agnus Dei“, „Hier
ist euer Heiland, euer Erlöser. Kommet
zu ihm".

Etwas störend bleibt es immerhin, daß
der Chorbogen in das Bild einschneidet.
Aber eine andere Lösung, als sie der
Maler hier gab, wäre nicht wohl mög-
lich gewesen: jedenfalls wäre es durch
den Chorbogen unmöglich gewesen, etwa

einen thronenden Christus anzubringen.
Die Szene hätte unbedingt gedrückt, un-
schön erscheinen müssen.

Störend wirkte dann auch der an sich
sehr würdige und schöne hängende Krnzi-
fixns im Chorbogen. Soviel uns be-
kannt ist, wurde er seither entfernt und
in einem Nebenschiff aufgehängt. Es hätte
sich vielleicht noch ein Ausweg finden
lassen, um diesen schönen Kruzifixns im
Mittelschiff zu erhalten, indem man von
der einen zur andern Wandung des Chor-
bogens etiva in Drittelhöhe einen leichten
Querbalken gezogen und darauf nach den
bekannten und beliebten gotischen Vor-
gängen eine Kreuzigungsgruppe angebracht
hätte — natürlich in den richtigen Ver-
hältnissen.

Wie sich ans dem Gesagten leicht er-
sehen läßt, weist die durch Fuget ge-
schaffene Bilderserie am nieisten Anklänge
auf an die bekannte Ausschmückung der
Oberwände in St. Apollinare nnovo in
Ravenna. Sie teilt mit ihnen die Vor-
züge, wie auch eine gewisse Schwäche, die
mit einer solchen Anordnung verbunden
zu feilt pflegt. Sie weist einen hohen
Grad von Monumentalität auf, von hei-
ligem Ernst und Feierlichkeit, wie er dem
Gotteshanse geziemt. Das sind Gestalten,
die wie aus der Ewigkeit zu uns herüber-
grüßen. Und da die einzelnen Figuren
durch die Beigabe ihrer Attribute und
die traditionelle Art der Behandlung, die
ihnen der Maler angedeihen ließ, dem
Volke vertraut und bekannt sind, so regen
sie zum Nachdenken und zum Beten an.
Das Volk versteht sie, blickt zu ihnen
ans wie zu trauten, lieben Bekannten
und freut sich an ihnen mit aller Herzlich-
keit. So soll es sein!

Eine gewisse Schattenseite liegt n. E.
darin, daß bei einer so großen Serie,
welche bandartig durch die Oberwände
sich hinzieht unter ganz gleichmäßiger
Verteilung der Figuren, die alle isoliert
und ohne miteinander in nähere Be-
ziehungen gesetzt zu sein, dargestellt sind,
eine gewisse Monotonie nicht ganz zu ver-
meiden ist. Man empfindet diese freilich
nicht, solange man etiva hinten in der
Kirche stehend den Gesamteindruck ans sich
wirken läßt, geht man aber daran, Figur
um Figur zu betrachten, so wird sich das
 
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