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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 28.1910

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Nr. 10
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Rohr, Ignaz: Der Hochalter von Winzeln
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Baur, Ludwig: Die Fugelschen Fresken in der kath. Stadtpfarrkirche zu Ravensburg, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16250#0110

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92

Firma Zeller u. Geiselhnrdl hat tüchtiges
Können bewiesen und mäßige Preise berech-
net. Möge immer ein glückliches Geschlecht
sich um daS neue Heiligtum scharen.

Die ^ugelschen Fresken in der kalb.
Stadtpfarrkirche zu Ravensburg.

Bespr. von Prof. Dr. 2. 33 nur, Tübingen.

(Schluß.) .

4. D a s vierte Bild: Andreas
bei der wunderbaren B r o t v e r -
mehr nn g. Die Szene ist entnommen:
Joh. 6,8 f.

Unter einer schattigen Eiche sehen wir
Jesu s sitzen. Eben führt Andreas zum
Herrn einen Knaben mit Fisch und Brot
in einem Korbe. Hinter Jesus sehen wir
Petrus und andere Jünger — einem
derselben hat der Maler eine liegende
Stellung gegeben.

Am Fuße der Anhöhe hat sich das
zahlreich versammelte Volk dem Befehle
des Herrn zufolge im Grase gelagert:
lauter echt orientalische Typen.

Von der Ferne aber grüßt ein ließ-
blauer See herüber, der von scharf em-
porstrebenden Felsen umschlossen ist. Vom
See her schauen hinter ben Felsen hei vor
die letzten Anslänser der Stadt. Die
ganze Szene ist von goldenen und bläu-
lichen Tinten überhaucht.

Es ist dieser Vorgang für den geistigen
Ausbau des Glanbenslebens des Apostels
zweifellos von oer allergrößten Tragweite
geworden. Jesu wunderbare Tat mußte
Andreas zur Erkenntnis seiner göttlichen
Macht emporheben und zu jenem Glauben
an Jesus als Gottessohn, der Fundament
und Fels für den Apostel selbst und für
die apostolische Kirche iverden sollte. Dar-
in liegt zweifellos der geistige und für
den vorliegenden Zweck eigentlich wert-
volle Gehalt der Szene, das Unvergäng-
liche, das in jenen konkreten geschichtlichen
Einzelvorgang eingehüllt ist. — Wie weit
es dem Maler gelungen ist, dieser Kern-
idee gerecht zu weiden, möge die bei-
liegende Knnstbeilage zeigen.

5. Das fünfte Bild: Andreas
b e i Ie sns im An g esieh t e des Te m-
pels. Die Szene, die hier dargestellt
ist, schließt große Ideen, weite Ausblicke

in die Zukunft in sich und läßt sich auch
als ein Markstein in dem Lebensgang
des hl. Andreas kräftig verwerten: Die
Erkenntnis des Untergangs des Salo-
monischen Teinpels und mit ihm der
Synagoge, des Judentums, und der Aus-
blick ans das Heraufsteigen eines neuen
Tempels, der Religion und Kirche Jesu
Christi und großer, weltumspannender
Zuknnftsaufgaben für das Apostolat und die
theologischen Kerngedanken dieser Szene.
Gerade hier hätte n. E. noch eine theo-
logische Vertiefung eintreten können; die
völlige Rückenstellnng der Figuren läßt
eine solche nicht recht zu. Offenbar
hatte der Künstler die Absicht, zu zeigen,
wie die Aufmerksamkeit vollständig von
dem Anblicke des prächtigen Tempels ab-
sorbiert ist: „Herr, sieh, ivelch ein Bau
und welche Steine." (Mark. 13,1.) Aber der
Hanptnachdruck und eben das für des hei-
ligen Apostels Zukunft so recht Bedeutungs-
volle liegt erst in der Antwort Jesu und
in den neuen Perspektiven, die sich darin
für das geistige Auge der Apostel auf-
lun und ihrem Apostelamt neue, ungeahnt
weite Bestimmungen und Ziele verleihen.
Jesus befindet sich mit vier Aposteln ans
einer Anhöhe, die durch ein mit Bäumen
bepflanztes Tal vom Tempelberg getrennt
ist. Andreas ist in wahrer Verzückung
über die Schönheit des großartigen Tem-
pels und streckt, dem Anblick unwillkürlich
entgegenschreitend, seine Hände dem Tem-
pel entgegen. — Auch der zu äußerst
stehende Apostel (im grünen Gewände)
wendet sich in Wirkung dieses Ausrufs
des hl. Andreas bem Tempel zu. —
Schon hat Jesus die Antwort bereit:
mit überlegener Ruhe entwindet er sich
dem momentanen Gefühlseindruck. Ihm
steht die Zukunft vor der Seele: „Und
doch wird kein Stein auf dem andern
bleiben." (Mark. 13,2.)

Das Wort klingt wie ein Echo weiter
in den Figuren des Petrus und Jo-
h an n es. Petrus zeigt sich überrascht: sein
Gestus scheint die zweifelnde Frage anszn-
drücken: „Wie? sollte das möglich sein."
Johannes legt nachdenklich den Finger
an die Nase unb sucht sich die Trag-
weite der Worte Jesu klar zu machen.

Die eine Szene ist somit vom Künstler
in zwei Zeitmomenle anseinanderge-
 
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