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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 28.1910

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Nr. 11
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Schöninger, Artur: Wanderungen durch neue und erneuerte Kirchen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16250#0123

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Drgllil DeS Oiotteiiöiirgcr ^ibjcfflii^unftoereiiifi.

^eransgeaeben und redigiert von Uiliversitäts-Prosesfor Or. L. 23aur in Tübingen.
Eigentum de- Rottenbnrger Diözesan-Rnnftvereins;

Roininissions-Verlag nnd Druck der Aktien-Gesellschaft „Deutsches Volksblatt" in Stuttgart.

Jährlich 12 Nummern. Preis durch die Post halbjährlich M. 2.25 ohne
Jr^r TI Bestellgeld. Durch den Buchhandel soivie direkt voir der Verlagshandlnng TQIO.
s * Ilkt.-Ges. „Deutsches Volks blatt" in Stuttgart pro Jahr M. 4.50. ''

Wanderungen durch neue und ,
erneuerte Kirchen.

Von Stadtpfr. A. S ch o u i n g e r, Ulm-Löfliugen,
Vorstand des Nottenburger Diözesauluustvereins.

Es gab eine Zeit, und sie liegt nicht
weit hinter uns, in welcher man land-
auf, landab die Kirchen restaurierte oder,
wie das Volk manchmal jagt, verrenovierte,
und alles hatte seine Helle Freude daran,
wenn da und dort die zopfigen Altäre ver-
schwanden und nengotische oder romanische
erstanden mit neuen schönfrisierten Heiligen,
wohlanständig gekleidet, anstatt der ganz-
oder halbnackten Engel und der wild-
bewegten, flatternden Gewänder.

Und heute! — Heute märe mau froh,
man hätte die alte Herrlichkeit noch.
Alan würde leichter tun bei der Er-
neuerung mancher Kirche, wenn nicht der
Eifer jener Tage vorgegriffen hätte.
Scharen von Engeln, Mengen von Zieraten,
ganze Galerien von Bildern sind ver,
schwnnden oder verbannt worden und
wenig Preiswürdiges ist an die Stelle
der stattlichen Altaranfbauten getreten,
die vordem die Kirchen geschmückt haben.

Nicht alle hatten ihre Freude daran.
Die Kunstkenner hatten eigene Ansichten,
im Volke aber trauerte mau oft lange
über die verschwundenen Altäre, die
Merke und Stiftungen der Vorfahren,
und heute muß man den kopfschüttelnden
Alteir recht geben und die jungen wieder
zu überzeugen suchen, daß der Geschnrack
sich verändert hat. Wer, wie der Schreiber
dieses, mit der Erneuerung und Ver-
schönerung von Kirchen zu tun hat, muß
manchmal mit wehmütigen und demütigen-

. den Gedanken an solche Arbeit gehen.
Mit wehmütigen deshalb, weil begangene
Fehler kaum mehr gut gemacht. Verlorenes
nnd Verschleudertes nicht mehr beige-
bracht und künstlerischer Charakter nicht so
leicht erreicht werden kann, weil die
Stimmung dahin ist: mit demütigenden,
weil er denken muß: nnrd es dir auch
so ergehen, wie den Knnstberatern vor
30 Jahren und mehr, daß man nach
abermals 20 und 30 Jahren deine Tätig-
keit verurteilt? Oder wirst du wirklich
imstande sein, etwas wahrhaft Besseres
an die Stelle des etwa zu Entfernenden
zu setzen, wirst du etwas Dauerndes,
etwas künstlerisch Hervorragendes Vor-
schlägen können? Ist die Kunst unserer
Tage so weit, daß sie konkurrieren kann
mit der des 17. und 18. Jahrhunderts,
ist nicht alles entlehnt, gestohlen, ein
Sammelsurium, noch unvergoren und
sehr wandelbar und veränderlich?

Darum hat sich der Kunstberater als
ersten und obersten Grundsatz vorgenom-
men, aus den Kirchen nichts entfernen
zu lassen, was irgendwie Anspruch auf
Kunst- oder Altertumswert hat, und mit
allem Nachdruck darauf zu dringen, daß
das Alte, wenn irgend möglich, erhalten
bleibt. Wenn ihm das nicht immer ge-
lingt, so kann er nichts dafür — es
gibt Leute, die gewalttätig und eigen-
sinnig sind und schon vorher die Rei-
nigung von „Schnörkeln" und „altem Ge-
rümpel" vollzogen haben, ehe der Knnst-
berater beigezogen wurde.

Als zweiten Grundsatz sucht der
Berater festzuhalten, daß die Kirchen in
dem Stil erneuert werden, dessen Ge-
 
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