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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 29.1911

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Nr. 8
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Naegele, Anton: Die letzten Helfensteiner und das alte Ave-Mariakirchlein im "Täle", [3]: Beiträge zur Kunst- und Kirchengeschichte des oberen Filstals aus dem vatikanischen Archiv
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https://doi.org/10.11588/diglit.16251#0086

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77

rauftet, zerfallen und fast nusgeplündert,
zerstört, aber selbst in seinem Versal! sei
es noch von sehr vielen besucht raorden.
Es scheinen demnach die nicht näher ur-
kundlich belegten allgemeinen Berichte
älterer und neuerer Chronisten über den
Niedergang der Wallfahrt infolge der
Reformation nicht ganz zutreffend zu sein
und einer Korrektur durch den authen-
tischen Bericht eine» Zeitgenossen, Augen-
zeugen und Patronatsherrn, zn bedürfen,
zumal da eine im folgenden ebenfalls
urkundlich bezeugte baldige Restauration
des Kirchleins und seine Ausstattung mit
neuen kirchlichen Privilegien die selbst in
jenen stürmischen Zeiten anhaltende Fre-
quenz verstärkt haben raird.

Zum letzten Baustein für die Geschichte
des allen Ave-Maria-Kirchleins führt
uns der Hauptinhalt des Schriftstücks,
das vor drei Jahrhunderten von Wiesen-
steig seinen Weg nach Rom genommen
und jetzt raieder neue, dankbar ansge-
nommene Kunde ans längst vergangenen
Tagen ins Täle zurückbringt. Es ver-
uielöet einmal nicht nur für die Schick-
sale des kleinen Heiligtums nächtige, son-
dern auch für die ganze Zukunft des
Helsensteiner Ländchens entscheidende Be-
gebenheiten, die mir teilraeife ans andern
Quellen bekannt, durch diese römische
Urkunde ans dem Vatikanischen Archiv,
zraei andere im fürstlich sürstenbergischen
Archiv gefundene Helseusteiner Dokumente
und drei soeben teils ans Autographen,
teils ans Quellen sammlnngen publi-
zierte Monmnenta Wisensteigensia
Canisii in Brannsbergers Canisii
Epistolae et Acta V (1565—1567)
rvesentliche Erraeiternng oder Bestätigung
erfahren.

Neues Leben sollte ans den Ruinen
erblühen, vor allem für das verödete
Kirchlein auf der einsamen Waldeshöhe.
Durch die im Jahre 1567 erfolgte Rück-
kehr des Landesherrn zur angestammten
Religion, und dank der Treue seiner Söhne
gegenüber den Weisungen des Vaters und
deren pietätvolle Fürsorge sür das ans den
Trümmern raieder neuerstandene Heiligtum
der Muttergottes brachen bessere Zeiten
für Ave Marin bei Dcggingen herein.
Der Sohn Rudolf berichtet dem Papst
Klemens VIII. drei Jahrzehnte später dar-

über, drei Jahre vor feinem Tode sei
Graf Ulrich IV. durch des Allerhöchsten
Gnadenhilfe aus dem Labyrinth der
Lutherischen Jrrtümer raieder zur Erkennt-
nis der Wahrheit gekommen. Daß das
Werkzeug dieser Gnadenhilfe vor allem
Petrus Canisins geraesen ist, hebt der alte
Berichterstatter nicht hervor, obraohl er es
raohl ebenso missen mußte wie die neuesten
Darsteller dieser Periode: Dipper, Rieß,
Braunsberger. Der Vater, der einst Mit-
glied d es S ch m a l k a l d i s ch e u Bundes
(1546) gegen den Schntzherrn des Katholi-
zismus, Kaiser Karl V., geraesen und
nach einer Urkunde des sürstenbergischen
Archivs Donaneschingen, datiert Brüssel,
2. Januar 1549, mit seinem Bruder
Sebastian vom Kaiser begnadigt raorden
raar ansGrnnd nntertänigerEntschuldigung,
anderer Fürbitte und etlicher Artikels,
starb am 17. Januar 1570. Drei Jahre
vorher entsagte er der Neuerung, beraogen
teils durch Zureden seiner strenggläubigen
Gemahlin Katharina v. Montfort uiib seines
Schraagers Konrad v. Bemmelbera, teils
durch eigene gefährliche Erkrankung, raie
den Tod seines energischen, der Re-
sormation zngetanen Bruders Sebastian
(16. Mai 1564), teils durch die Erfah-
rungen unter den Anhängern des lauteren
Evangeliums beraogen.

Interessante Ergänzung zu diesem kurzen
Konversionsbericht ans dem vatik. Archiv
bildet das von B a um an n, dem jetzigen
Reichsarchivdirektor in München, ans dem
sürstenbergischen Archiv publizierte Nota-
rs a t s i u st r um e nt über des Grafen Ulrich
Rückkehr zur katholischen Kirche^). Das-
selbe hat im Beisein von Zeugen3) am
24. April 1567 „anff Donerstag, zraischen
vier nnnd sünff nhrn nngevarlichen nach-
mittagszeit zu Wisenstaig nnnd daselbst im
schloß . . . ans bevelch des raolgebornen
Herrn, Herrn Ulrichen, gravens zu Helssen-
stein, freyherrns zn Gnndelfingen . . . in
der cantzlcy, so mit zraaien fenstern gegen
den Hofs nnnd mit dem dritten senster
gegen dem korkhasten gelegen, auch in den

*) Regest bei Baumann, Beiträge, a. a. O.
S. 114.

ä Ebenda S. 115—119.

3) Georg von Rinderbach, fürstlich augs-
burgischcr Hofrat, und Benerand Gabler, der
Arznei Doktor.
 
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