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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 30.1912

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Nr. 1
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Rohr, Ignaz: Eine Hohenstaufenkirche auf elsässischem Boden, [1]
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Fischer, J.: Erziehung und religiöse Kunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16252#0008

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abwechselnd als Steinbruch für Festungs-,
Kirchen- und Wirtschaftsbanten. Und doch
standen im Jahre 1838 noch der Chor,
das Querschiff und die südliche, nach dem
Krenzgang zu gelegene Seile. Und heute
noch ragen die beiden Türme, der eine
bis ins erste, der andere bis ins ziveite
Geschoß trotzig in die Lüfte, und das sie
trennende Gewölbe über dein Paradies
barst nicht unter beut Anprall der Stürme
von oben und dein zerstörenden Einfluß
der Feuchtigkeit von unten — aus beut
Erdreich und dem Feuerherd des Wasch-
kessels in der Zeit, da es als Waschküche
diente. In jeueut Jahre gehörten die
Ruinen den Handelsleuten Salomon Wert-
heimer aus Ottrott ititb Hembacher aus
Reinhardsmünster. Sie verkauften den
Wagen voll Steiiie 51t 5 — 6 Franken.
Erst tut Jahre 1841 hörte die planmäßige
Ausnützung als Steinbruch auf, und seit
dem Jahre 1897 ist das Bistum Straß-
bnrg der Eigentümer des Geländes und
dürfte neuen Freveln für immer vor-
beitgen. Jhnt zusamuten mit der Elsaß-
Lothringischen Landesregierung gelattg es,
die Ruinen wieder der Soitne, beut Kunst-
sinn und der Wissenschaft zugänglich 31t
machen. Mit einem Kostenaufwand von
5000 Franken wurden sie unter der kun-
digen Oberleitung des vormaligett Konser-
vators der geschichtlicheit Denkmäler int
Elsaß, F. Wolf, ausgegrabett, zugänglich
gemacht, gegen weiteren Zerfall gesichert,
und von Wolf besitzen wir aucl; eine sorg-
fältig gearbeitete, reich illnstriette Mono-
graphie über Geschichte, Urkunden, Legen-
den und Bauten von Niederntünster
(Slraßburg, Beust 1904)?) Schon int
Jahre 1844 war mit frauzösischent Gelds
(500 Franken) eine Ausgrabung begon-
nen worden, hatte aber mir den Erfolg,
daß die Krypta einstürzte. Die Ruine
wuchs bis auf die als Waschküche dienende
Westfront zu, und so blieb es, bis das
Bistum Slraßburg sich der Trümmer an-
nahm.

Die Lage der Kirche ist eine sehr an-
mutige. Nach Nordeu schweift das Auge
hinüber zur Rheinebene, dem ihm vor-
gelagerten Hügelland und dem Schwarz-

0 Diesem Werk und der dort genannten
Literatur sind die bau- und eine Reihe kunst-
geschichtlicher Daten des Aussatzes entnommen.

wald' im Osten, Süden und Westen
steigt die Berglehne amphitheatralisch an.
Von oben grüßt St. Odilien, von vorne
Ct. Jakob und Trnttenhattsen, von links
St. Nikolaus, und zu Füßen murmelt
ein Bächlein und gab ehedem der Spiegel
der Klosterweiher das Bild seiner Bauten
wieder. Denkt man sich alles das, ums
jetzt in Trümmern liegt oder völlig ver-
schwunden ist, hinzu, so ersteht eine Idylle,
die wenige ihresgleichen hat.

(Fortsetzung folgt.)

Erziehung iiu^ religiöse Kauft.

Aon Pfarrverw. I. Fischer, Frommeuhauseu.

1. Das Ziel.

Alan hört heute viel von einem Fiasko
der „Kunsterziehung" reden. Mit welchem
Recht? Die Anttvort ivird kurz und
bündig lauten müssen: das Ziel ist anf-
gegeben, der Zweck ist erreicht. Das hoch-
fliegende Ziel barg übrigens eine geschickte
Kriegslist. Dadurch, daß eine ästhetische
Erziehung der Kinder, also eine Revo-
lntioniernng der Käufer, in Aussicht ge-
stellt tvnrde, war am leichtesten eine Er-
ziehung der Produktion und des Ange-
bots zu erreichen. Die Urheber der Be-
ivegnng können also die barbarische Worl-
bildnng samt der Propaganda, die unter
der Firma „Kunsterziehung" betrieben
wurde, getrost ihtem Schicksal überlassen.
Die Pflüger von ehemals, die den ge-
tvachsenen Boden mit unbarmherzigem
Pflug herumrisseu und nichts Grünes an
der Oberfläche duldeten, sind die Schnitter
von heute mtb halten reiche Ernte „vom
goldenen Ueberflnß". Ten Markt haben
sie erobert, das ist die Hauptsache. Das
Schaufenster wirkt in ästhetischer Hinsicht
erzieherischer als die Schule.

Auch ans dem Gebiete des religiösen
Kunstverlags beginnen sich künstlerische
Tendenzen dnrchzusetzen und stellen den
Erzieher, zumal den Katecheten, vor eine
neue Aufgabe. Welches Ziel hat er sich
bei Verwertung des zugänglichen Materials
zu stellen? Das nächste Ziel ist natürlich
die religiöse Belehrung und Erbauung.
Darf aber darüber hinaus noch ein wei-
teres, ä st h e t i s ch e s Ziel verfolgt werden?
Und tvelches? Die Antwort legen die
Zeitverhältnisse nahe.
 
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