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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 30.1912

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Nr. 10
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Die Grabdenkmäler der Herren von Speth aus drei Jahrhunderten in der Pfarrkirche zu Zwiefaltendorf, [3]
DOI Artikel:
Escherich, Mela: Zur Geschichte der Paramentik
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https://doi.org/10.11588/diglit.16252#0111

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102

Daun folgt unmittelbar baruittev nach
einem Archiirav mit Zahuleiste und Eier-
stab eine weniger ausladende voluten-
abgeschlossene Jnschrifttafel mit 12 Zeilen
in deutscher Sprache; die beiden dar-
gestellten Toten sprechen zum viator:
„Nach Gotls Willen uns alles kam,
gesegnet sep des Herren mim:

Inn dem Elend ward unser trost
Sprachen: Er lebt der uns erlöst:

Anff den Wir in der not vertraut,
Wnrdt uns wider mit dieser haut,

Umb geben das Wir anß Erden,

Vom tob wider Erweckt werden
Inn dem Fleisch werden Wir Gott sehn,
Ist gewißlich war vnnd wnrdt geschehn
Wer wolt sich fürchten vor dem tobt
Christus Ihm sein gwalt gnonrmen hat."

In derselben Breite schließt sich der
Hanptteil des imposanten Werks, die
pilasternmrahmte N i s ch e, an. Reiches
jonisches Kapital schmückt die Wappen-
rahmen; je vier Wappenschilde zu beiden
Seiten mit Ueberschriften der Geschlechter,
in der Mitte durch einen von Kartuschen
eingefaßten nichtheraldischen Frauenkopf
geschieden. Links stehen die Wappen von
oben nach unten: Speth, Slain, Gissa
(— Guß, Balken mit drei Sternen),
Berg; rechts Neipperg, Massoeh, Heim-
statt, Ried (— Nüdt von Kollerlberg.
Pferdekopf).

Die Zwickel des Bogenselds füllen zu
beiden Seiten Pflanzenornamente aus.

Bon den Anßenwerken gehen wir zum
Mittelpunkt, dem ikonographischenCimelion.

(Fortsetzung folgt.)

Aur Geschichte der j)aramentik1).

Von Mela Escherich.

Wie Schlosser in seinem Geleits wort zu seinem
sorgsäliig redigierten Tafelwerk, eine höchst ver-
dienstvolle Publikation, richtig sagt, handelt es
sich bei dem bnrgundischen Paramentenschatz um
ein Werk, das bisher „mehr zitiert und gelobt",
als sachlich behandelt wurde. Der Grund hieflir
lag wohl darin, daß eben kein genügendes Ab-
bildungsmaterial zu Studienzwecken vorlag.

Die bnrgundischen Paramente umfassen eine

*) Der burgund ische Para m enten -
schätz des Ordens vom goldenen
Vließe. Im Auftrag des k. k. Oberstkämmerer-
anites herausgegeben von Julius v. Schlos-
ser. 2 Tafeln in Farbendruck, 3 Doppeltafeln
und 26 einfache Tafeln in Lichtdruck. Jmper.
Folio in eleg. Mappe. Preis 60 Kr. (50 Mk.).
Verlag Anton Schrott u. Co., Wien, 1912.

sogenannte „chapelle entiere“, worunter man
im altfranzösischen Sprachgebrauch die Ausstattung
für die mis3a solemnis verstand: die Altar-
behänge und die Priestergewänder. Ihr Ursprung
ist in Dunkel gehüllt. Sie stammen dem Stile
nach aus der Zeit Philipps des Guten von
Burgund. Ihre Provenienz beutet, hinsichtlich
einer Reihe von Lokalheiligen, die sich unter den
Dargestellten befinden, arif Brüssel. In dem
ältesten Inventar des von Philipp dem Guten
gestifteten Vliesordens, 1477, werden sie als dem
Orden gehörig aufgeführt. Die jeweiligen Ordens-
schatzmeister verwahrten sie. In zahlreichen Inven-
turen von 1517—1759 sind sie regelmäßig
genannt. In den Wirren des Revolutionsjahres
1797 wurden sie — das Großmeisteramt des
Vliesordens lag seit 1477 dem Hause Habsburg
ob — in die kaiserliche Schatzkammer nach Wien
gebracht; von da wunderten sie 1875 in die
Ambraser Sammlung und 1889 in das neue
kunsthistorische Hofmuseum, wo sie in jüngster
Zeit in der neu eingerichteten Renaissanceabteilung
eine gegen früher günstigere Aufstellung erlangten.
Das Wiener Inventar von 1797 bezeichnet sie
als „Meßkleider, welche bei Errichtung des Trison-
ordens von desselben Stifter Philippo Bono
herbeigeschafft und bei den jedesmaligen Trison-
festen gebraucht worden sind". Man darf diese
Notiz, in Uebereinstimmung mit den früheren
Inventarisierungen, wohl als richtig annehmen;
nur muß die Frage offen bleiben, welches die
ursprüngliche Bestimmung der „chapelle“ war.
Auffallend ist nämlich, daß sich an den einzelnen
Stücken keinerlei Ordensembleme und -signaturen
finden, während alle übrigen Gegenstände aus
dem Ordensschatz solche aufweisen. Bei der Kost-
barkeit der Paramente wird man ja wohl am
nächsten auf den prunkliebenden Burgunderherzog
als Besteller schließen dürfen. Aber es könnte
sein, daß er sie vielleicht ursprünglich nicht für
den Vliesorden bestimmt hatte. Philipp stiftete
beit Orden anläßlich seiner Hochzeit mit Jsabella
von Spanien, am 10. Januar 1430. Betrachten
wir uns nun den Stil der Nadelgemülde, so
sehen wir, daß dieser in den älteren Teilen ein
früheres Datum zuläßt. Die Antependien könnten
anfangs, die Chormäntel Bütte der zivanziger
Jahre entstanden sein, während die Kasula und
die beiden Dalmatiken auf eine spätere Zeit
weisen. Philipp der Gute regierte seit 1419.
Es wäre wohl möglich, daß ein Teil der Para-
mente schon anfangs der zwanziger Jahre bestellt
wurde. Dem widerspricht auch nicht die Auf-
findung einer Rechnung aus den Jahren
1432—34, wonach der Herzog an den Brodauer
Thierry du Charstol aus Paris für zwei Ante-
pendien den hohen Preis von 3750 Lire zahlte.
Diese Antependien könnten sehr gut mit den
! Wiener Stücken identisch sein. Die späte Ab-
lieferung erklärt sich genügend aus der die Arbeit
von Jahren erfordernden Art der Ausführung
dieser Stücke.

Diese Ausführung der Paramente an sich
stellt schon eine einzigartige Leistung dar. Schlosser
zieht sie in Parallele mit der Oelmalerei und
den Wunderwerken der Emailkunst. In der
l Tat steht hier die Ausdruckskraft der Nadel nicht
 
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