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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 31.1913

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Pfeffer, Albert: Die frühromanische Holzdecke von Balingen, [1]
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3 —

Fußwaschung. Verrat des Judas und Gefangennahme. Petrus und Malchns.
Balinger Holzdecke: Bruchstück aus dem Passionszyklus.

Kirchenbesucher der verherrlichte Welt-
erlöser entgegen, umgeben von symbolischen
Zeichen und historischen Gestalten ft. Sollte
wirklich der nildentlich erhaltene Engel
das Evangelistenzeichen darstellen, hätten
wir die Darstelltlng der Majestas Domini,
umgeben voll den vier Evangelistenzeichen,
ein der frühromanischen Kunst des Nor-
dens geläufiger Typus, tvie er in der
Stiftskirche von Gernrode, in Schwarz-
rheindorf, Soest, Lügde, Klein, Combnrg
usw. dargestellt ist.

Wertvoller und besser erhalten ist das
zweite etwas kleinere Deckenfragment. Es
stellt eine Reihe von Figuren dar, die
bis zur Brust bezw. bis zunl Kopf er-
halten sind.

Sie stehen auf
einem schma-
len roieilwelg-
grnndierten
Bodenstreifen
auf denl sie sich
bewegen, und
zwar aus-
schließlich in
die Breite,
nicht in die
Tiefe. Auf-
fallend ist für die frühe Zeit das
feste und sichere Stehen der handelnden
Personen, ebensodas lebhafteTemperament,
mit dem sie sich bewegen. Inhaltlich
stellt das Deckenstück drei Szenen aus
der Passion Christi dar, die Fuß-
wasch ung, .Verrat des Judas und
Heilung des Knechtes des Hohen-
priesters. Christus und die Apostel tragen
die tätige von der Antike übernommene
Jdealkleidung, Albe imb umgeworfenen

1) Künstle K. und^Beyerle K., Die Pfarrkirche
St. Peter und Paul in Reichenau-Niederzell,
Freiburg (1901), 29.

Mantel; die beiden Soldaten bei der
Gefangennahnle und der Knecht die kurze
Zeittracht, die kurze, kaum bis an die
Knie reichende Tunika; letzterer auch den
auf der Schulter geknüpften Mantel. Die
einzelnen Szenen stehen ohne jegliche
Trennung nebeneinander und greifen in-
einander, sie sind auf das Mindestmaß
von Figuren beschränkt.

Bei der F n ß w a s ch u n g kniet Christus
anl Boden, umgürtet mit einem weißen
Linnentuch, und wascht mit beiden Händen
dem Apostel Petrus die Füße. Der
stehende Apostel hat einen Fuß in eilt
rundes Wassergefäß gestellt.

Der Judaskuß und die G e f a n g e n -
tl a h m e sind
in eine Szene
znsannnenge-
zogen. In
rascher Bewe-
gung istJudas
ans den ruhig
dastehenden
Heiland znge-
gangen, ihm
den verräte-
rischenKußauf
die Lippen zu
drücken. Schon kommen zwei Soldaten —
an einem ist die Schwertscheide noch sicht-
bar — in der kurzen Tunika und mit
den dünnen hohen Beinen, die wir von
Burgfelden her wohl kennen, in eiligenl
Laufe herangestürmt zur Gefangennahme.

Das dritte Bild stellt wahrscheinlich
die Szene dar, wie Petrus auf den Knecht
des Hohenpriesters losschlägt. Der Knecht
in kurzer Tunika und dem auf der rechten
Schulter zusammengehesteten Mantel kniet
am Boden imb hält ein Licht in der Hand.
Hinter ihnl steht Petrus; die obere Hälfte
der Gestalt ist nicht erhalten. Möglicher-

Ornament von der Balinger Holzdecke: Einfassung des Passionszyklus.
 
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