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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 31.1913

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Nr. 1
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Die Grabdenkmäler der Herren von Speth aus drei Jahrhunderten in der Pfarrkirche zu Zwiefaltendorf, [6]
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Beßler, Josef: Die Kanzeln Toskanas aus dem 12. und 13. Jahrhundert, [8]: kunstgeschichtliche Studie
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https://doi.org/10.11588/diglit.16253#0015

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10

geistvolle Inspiration, die uns aus dieser
Gegenüberstellung hervorzuleuchten scheint?
jene herrliche Antithese, welche die Pas-
sionspräfation in die Worte kleidet:

„Qui mortem nostram moriendo
destruxit —

Das ist das Leitmotiv, welches das
Grabdenkmal auf der Epistelseite mit
dein Bild des Gekreuzigten darstellen will.
„Et vitam resurgendo reparavit —",

So scheint es als Wechselgesang aus
der bilderreicheu Sprache des Monuments
von Hans Eitel Speth mit dem Bild des
Auferstandenen ans der Evangelienseite
uns jubelnd entgegenznhallen. Es ver-
wirklicht so in sinnreichster Symmetrie
jenes Monumentenpaares Bild und Wort,
die künstlerische Einheit, welche die beiden
so spät entdeckten Künstlerzeichen des Hans
Schaber von Ulm urkundlich repräsen-
tieren. (Fortsetzung folgt.)

Die Ranzeln Toskanas aus dem
\2. und \5. Jahrhundert.

Kunstgefchichtliche Studie von I. Beßter.

(Fortsetzung.)

Die Kanzel in St. Andrea zu Pistoia
steht ans sechs äußeren und einer mittleren
Säule. Die mittlere höhere Säule steht
aus breiter Basis, welche ihrerseits aus
einevt Adler, einem geflügelten Löwen uub
einem Adler, dessen hinterer Teil aus
einent Löwen besteht, ruht. Die Säule
gegen den Chor hin trägt ein Alaun
seufzend unter der schweren Last; vielleicht
ist es der Künstler selbst. Zwei andere
Säulen stehetl auf einent Löweit und einer
Löwin. Beide haben Tiere niedergeschlagen,
einen Hasen unb ein Pferd, und die Löwin
säugt ihr Junges. Die Kapitäle zeigen
nur das Akanthusblatt, keine Singvögel
wie tut Dom zu Siena. Ueber ihnen
stehen oder sitzen die Figuren der Sibyllen,
vielleicht die schönsten Gestalten der ganzeil
Kanzel. Namentlich der Gesichtsausdruck
ist so seelenvoll lind wunderbar. Beson-
ders hervorznheben ist jene Sibylle, welche
dem über ihr schwebenden Engel zuhört.
Sie erinnert unwillkürlich an den Jsaias
des Michel chngelo in der Sixtinischen Ka-
pelle. Wir dürfen wohl mit Burkhardt
sagen, daß sich Michel Angelo in diesen
lebensvollen Gestalten für feine Werke

begeisterte. Die Säulen sind verbunden
durch dreiteilige Spitzbogen. Jii den
Zwickeln liegen Könige und Propheten
(David und Salomo), die zunleist einander
entgegenschauen. Welch sinnvolle Idee
ist also hier ansgedrückt: die Sibyllen,
die gotterleuchteten Vertreterinnen des
Heidentunis, die Propheten, die von Gott
infpirierteri Männer des Jiidentunls sind
hier nebeneinniider dargestellt als Herolde
dessen, der in feinem Leben, Leiden und
seiner Verherrlichung auf den Reliefs der
Kanzel dargestellt ist und dessen leben*
spendendes Wort von der Kanzel ver-
küiidet wird! Schön schildert Schmarsom
(p. 148) an angegebenem Orte die
Gestalten der Sibyllen und Propheten.
„Nicht breit gelagert entfalten sich patri-
archalische Propheten, sondern wie in
sich hineingefchlungen kauern sie, nur iroch
mimetische Symbole des Gedankens.

! Nicht hochragend ergeben sich stolze Si-
byllen als persönliche Verkünderinnen der
Wahrheit, souderil erbebend empfaiigen
sie die Kunde, ziiternderl Leibes horchen
sie, wie angedonnert, der inneren Stiurme,
oder wülden sich wie ein schwankes Rohr
unter dem Sturm der Begeisterung."

k. Relief: Geburt Christi. —

Leider ist dieses Relief etwas überfüllt
und leidet durch die lebhaft gestalteten
Nebenhandlungen an haruronischer ein-
heitlicher Wirkung. In der linken Ecke:
Verkündigung Mariä, in der rechten Ecke:
wohl Verkürrdigung an die Hirten. Unter
der Hauptszene: Geburt Christi, sehen
wir die Badeszene dargestellt. Links
davon in der Ecke der uris wohlbekannte
schlafende oder irr sich versunkene Joseph.
Trotz der Ueberfüllung gibt sich doch so-
wohl in der Darstellung der Figureir als
auch der ganzen Handlung eure hohe
Dramatik kund. Maria, die Gottesge-
bärerin, ist ähnlich wie an der Kanzel tu
S. Giovanni auf einem Triklinium hin-
gelagert und zeigt etwas Matronenhaftes.
Der Stall ist durch eine Art von Felsen-
grotte angedeutel; an ihr steigen die
Hirten ernpor, zu denen der Engel spricht.
Die drei obligaten Schafe fehlen auch hier
nicht.

2. Relief: Anbetung der Weifen.
— Dieses Relief zerfällt in drei Teile:
1. Haupthandlung: Anbetung der Weisen.
 
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