Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 31.1913

DOI Heft:
Nr. 8
DOI Artikel:
Osthoff, H.: Ein unbekanntes Christusbild
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16253#0094

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
8::

hat, und das sich in Nom in der Kirche
S. Silvestro" befindet, darstellen soll, so
mußte doch der darstellende Künstler sie
unter Zugrundelegung der äußeren Form
der Vorlage nach selbständiger Auffassung
geschaffen haben, denn das Original, von
dem noch weiter unten die Rede sein soll,
war ein nicht besonders gut erhaltenes
byzantinisches Gemälde. Es wird jetzt im
Vatikan zu Nom anfbewahrt. Ans einer
vergoldeten Metallplatte, ohne jede De-
koration, die zur Zeitbestinnnnng dienen
könnte, ist nach

orientalischer
Weise der Platz
für den Christns-
kopf heransge-
sebnitten. Obschon
die Züge des
Kopfes noch er-
kennbar sind, ent-
hält die Charak-
teristik der Kopie
manches Nene; der
byzantinische Stil
ist kaum inehr er-
kennbar.

Das in der Kir-
che San Silvestro
seinerzeit aufbe-
wahrte Christns-
bild scheint auch

— bezüglich der
Formenbildnng

— schon demMei-
ster Hermann
von M ü 11 ft e r
umdasJahrt375
als Vorbild zu
seinem Christns-
kopf im großen Bildnis unseres Erl
Westfenster des

Metzer Domes gedient gu haben. Fer-
ner weist der Holzschnitt des Christns-
kopfes von Albr. Dürer die unserem Bilde
ähnlichen Formen ans. Dürer dürfte des-
halb das Bild ebenfalls gekannt und liach
seiner Anffassnng durch Holzschnitt ver-
vielfältigt haben.

Um das Original des Bildes hat sich '
ein vollständiger Sagenkreis gebiloet. Der
Abgar zu Edessa, Beherrscher von Syrien,
soll wegen seines schweren Leidens (Aus-
satz) einen Boten mit einem Brief an

Christus gesandt haben, in dem er den
Heiland bat, zu ihm gu kommen und ihn
zil heilen. Nach Moses von ChoreNe
(armenischer Historiker, 5. Jahrhundert)
antwortete im Aufträge Christi der Apostel
Thomas: „Selig, bist du, Abgar, daß du
an mich glallbst, ohne mich gesehell zu
haben, denn es steht von mir geschrieben:
„Die mich sehen, iverden nicht an blich
glauben, damit jene, die nicht sehen ilnd
doch glauben, das ewige Leben erlangen.
Was deinen Wunsch betrifft, daß ich gu
dir komme, so muß
ich hier (im Jn-
denlaude) alles
ei füllen, lvozil ich
gesandt bin, und
hierauf zu dem
znrückkehren, der
mich geschickt hat.
Sobald dies aber
geschehen, will ich
eineil meiner
Schiller zu dir
schicken, damit er
dich heile unb dir
und den Deinigen
das Leben mit-
teile." Der Bi-
schof Eusebius von
Cäsaren hat den
angeblichen Brief-
wechsel ins Grie-
chische übersetzt
und in seine Kir-
chengeschichte
(Buch I, Kap. 13)
ausgenommen.
Christus solidem
Bolen Abgars
ösers Jesu Christi. auch sein Por-
trät, abgedrückt
in ein Schweißlllch, lilitgegebell haben. Zur
Zeit des Moses von Chorene soll es tioch
in Edessa aufbewahrt worden sein. Ans
jener Zeit (390—440) stanlint ailch die
Legende von der Aufbewahrung des Bil-
des Christi in Edessa, die ohne eine Grund-
lage wohl nicht entstandeil sein würde.
Müildliche Ueberlieferilng darf dabei als
Beweisgrund nicht ohne weiteres aus-
geschieden werden, da bessere Beweise ilicht
vorliegen. Wenn man nach bem Zeug-
nisse eines hl. Angustinns im 4. Jahr-
 
Annotationen