Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 31.1913

DOI Heft:
Nr. 11
DOI Artikel:
Brinzinger, Adolf: Die große Orgel in Weingarten von Joseph Gabler und ihr Ausbau durch Friedrich Weigle
DOI Artikel:
Nusser, Ludwig: Die Arbeiten eines Pfarrers zur Vorbereitung eines Kirchenbaues, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16253#0116

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
103

licher Disposition, andere wünschten die
alte Orgel in ihrer Eigenart und be-
stehenden Gestalt zu belassen und zu er-
halten. Weigle hat beide Anschauungen
berücksichtigt. Die 66 Register des alten
Werks, Spieltisch und Gehäuse sind bei-
behalten und wurden gereinigt, repariert
und nachintoniert. Die Orgel erhielt ein
neues Magazingebläs,einen elektrischen Ge-
bläseantrieb (Elektroventilator) und sechs
eingebaute Stoßbälge. Zehn Pedalregister
mit je 20 Tönen erhielten je sieben weitere
Pseifen samt pneumatischer Windführung
mit 27 Tönen. Ferner wurde die Orgel,
welche trotz ihren 66 Registern in der
weiträumigen Kirche zu schwach klang,
da sämtliche Register nur sechs Millimeter
Winddruck hatten, auch sehr viel Helle
gemischte Stimmen und verhältnismäßig
wenige kräftige Grnndstimmen vorhanden
waren, bedeutend verstärkt durch Ein-
bau von sieben Seraphonregisteru mit
Hochdruckregister und Schwellwerk. Diese
Seraphon sind als Feruwerk zusammeu-
gebaut und elektropneumatisch mit dem
Hauptwerk verbunden. Es sind sieben
Seraphou: Horuprinzipal, Fugara, Vio-
line, Flöte, Gedeckt, Gamba und Tuba
mirabilis. Sie geben jetzt der Orgel eine
der Kirche entsprechende Kraft und Stärke
und neue stauueuerregeude herrliche Klang-
kombinationeu. — Diese sämtlichen sieben
Register sind in einen sogenannten Echo-
kasten eingeschlossen, der Jalousien hat,
die mittels eiries Blasebalgs geöffnet oder
geschlossen werden können. Altes und
neues Werk können je für sich oder zu-
sammen gespielt werden. Das Fernwerk
ist elektropneumatisch mit dem Spieltisch
verbunden. Weigles vorzügliche Reno-
vation findet allgemeines Lob. Seine
Firma hat seit 1845 über 450 Orgeln
geliefert. Seine neuen Erfindungen und
Patente sind: rein pneumatische Membran-
lade, elektropneumatisches System, Sera-
phon, Labialzungenstimmen, Hochdruck-
register und pneumatischer Selbstspiel-
apparat „Orgauistou". Gablers Weich-
heit i)t jetzt durch Weigle mit Kraft ver-
bunden worden, so daß die Weingarter
Orgel jetzt zu den bedeutendsten Meister-
werkeu unserer Zeit gezählt werden darf.
Sie besitzt jetzt 70 klingende Register,
5 Koppelungen und 7041 Pfeifen.

Die Arbeiten eines -Pfarrers zur
Vorbereitung eines Airebenbaues.

Von Pfarrer Nuffer, Waldstetten.

1. Ein Kirchenbau bereitet einem Pfarrer
viele Sorge, viele Arbeit, und vor allem,
wenn er seine Pflicht voll und ganz er-
füllen will, auch eine große Verantwor-
tung. Dies alles rnag einen Seelsorger
abschrecken, einen längst nötigen Neubau in
Angriff zu nehmen. Wenn er aber bedenken
würde, daß all dies in kurzer Zeit vor-
übergeht, während die edleu Freuden, die
ein Kirchenbau gleichfalls iu großer Menge
mit sich bringt, bleiben, würde er wohl
das Kreuz seines armseligen Kirchleins
nicht länger tragen.

Der Zweck dieser Zeilen besteht nun
nicht etwa darin, dem Pfarrer einen Archi-
tekten zu ersetzen, im Gegenteil werden
wir nur zu bald erkennen, mit welcher
Vorsicht der Pfarrer mit seinem Kirchen-
stiftungsrat an die Wahl des Architekten
herantreten muß, und wie er namentlich
gegenüber dem Bestreben mancher lokaler
Baumeister der profanen Technik, auch im
Kirchenbau ihr Können zu zeigen, mit der
größten Vorsicht vorgehen muß. Was
ilUs zu dieser Arbeit die Feder iu die
Hand drückte, war einzig und allein der
Wunsch, den Pfarrer auf seine bezüglichen
Pflichten und Arbeiten aufmerksam zu
machen und demselben vielleicht manche
Arbeit etwas zu erleichtern. Der Ver-
fasser legt in diese Arbeit die Erfahrungen
nieder, welche er sich bei mehreren Kircheu-
bauteu sanlmelu konnte. Die Liebe zur
Zierde des Hauses Gottes ist letzter Zweck
der Arbeit.

2. Es hieße sich wohl leichte Arbeit
machen, wollte der Pfarrer zum An-
fang des Kircheubaues einen Kircheu-
baumeister kommen lassen, um denselben
mit der Fertigung einfacher Skizzen für
einen etwaigen Neubau zu beauftragen.
Denn, wer kennt die Gegend, wer die
lokalen Bedürfnisse und Wünsche der
Kirchengemeinde besser als der Pfarrer
und sein Kirchenstistungsrat. In diesen
Kreisen haben die ersten Vorarbeiten zu
geschehen. Je detaillierter die Wünsche
der Kircheugemeinde sind, wenn sie mit
einem Architekten in Verbindung tritt,
umsoweniger Gefahr ist vorhanden, daß
 
Annotationen